Trump, Brexit, Wahlen in Europa:Diffuses Unbehagen

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Politische Unsicherheiten bedrohen die Immobilienmärkte. Doch die Branche vertraut darauf, dass Anleger auch in Zukunft Bürotürme, Shoppingcenter oder Hotels kaufen.

Von Andreas Remien

Anfang der kommenden Woche wird sich, wie in jedem Jahr, wieder die Immobilienbranche auf der Messe Mipim (14. bis 17. März) in Cannes einfinden. Wie in jedem Jahr wird es auch wieder Beobachter geben, die vom Sonnenschein an der Côte d'Azur auf den Zustand der Branche schließen: gutes Wetter, gute Stimmung. So war es schließlich auch in den vergangenen sieben, acht Jahren. Die Niedrigzinsen haben die Immobilie zu einem begehrten Anlageobjekt gemacht. Wer einen Büroturm oder ein Hotel baute oder im Bestand hatte, konnte sich sicher sein, dafür einen Käufer zu finden. Das Wissen, dass jeder Zyklus einmal zu Ende geht, sorgte allenfalls für ein diffuses Unbehagen. Das ist jetzt anders. Plötzlich sind die Risiken konkret: die unberechenbare Trump-Regierung, die bevorstehenden Wahlen in Europa, der Brexit und - wahrscheinlich - steigende Zinsen.

Bisher reagieren Investoren, Entwickler und Berater recht gelassen auf die neue Lage. "Das Geschäft läuft ganz normal", sagt Achim Degen von Colliers International. An den zentralen Rahmenbedingungen hat sich schließlich auch noch wenig verändert: Die Zinsen sind niedrig, und es gibt sehr viel Geld im Markt. Zum einen von Privatleuten, die zum Beispiel über Immobilienfonds in Gewerbeobjekte investieren. Ob Deka, Union Investment oder die Fondsgesellschaften von Deutscher Bank und Commerzbank: Sie haben von Anlegern viel Geld eingesammelt, das investiert werden muss. Auch Versicherungen oder Pensionskassen müssen investieren. Geldanlagen wie Bundesanleihen werfen aber nur eine geringe oder sogar eine negative Rendite ab. "Zur Immobilie gibt es nach wie vor kaum Alternativen", sagt Degen.

Die Immobilienberater gehen davon aus, dass weiterhin kräftig eingekauft wird - auch und vor allem in Deutschland. Zwar lässt sich mit Büros, Hotels, Shoppingcentern oder Logistikimmobilien immer schwieriger Geld verdienen. Aber Anleger erhoffen sich von Investitionen in deutsche Gewerbeimmobilien zumindest eine vergleichsweise hohe Sicherheit. "Deutschland gilt immer noch als sicherer Hafen", betont Iris Schöberl von BMO Real Estate Partners Deutschland. Die gestiegenen Preise für Gewerbeimmobilien lassen Investoren zwei Strategien: Entweder sie kaufen dennoch ein und begnügen sich mit niedrigeren Renditen. Oder sie gehen höhere Risiken ein, indem sie sich zum Beispiel an Projekten beteiligen, die erst in Planung sind. Oder sie kaufen Gebäude in Randlagen oder Büros, die nicht vollständig vermietet sind.

Makler berichten, dass sie auch doppelt so viele Objekte verkaufen könnten

Im vergangenen Jahr zeigte der Markt für deutsche Gewerbeimmobilien allerdings erste Bremsspuren: Anleger haben 2016 das erste Mal seit sieben Jahren weniger Geld für Gewerbeimmobilien ausgegeben als im Jahr zuvor. Zwischen 2009 und 2015 war das Transaktionsvolumen kontinuierlich gestiegen, von circa zehn Milliarden auf gut 55 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr haben Anleger für etwa 53 Milliarden Euro Büros, Hotels oder Handelsimmobilien gekauft.

Bei der Interpretation dieser Mini-Bremse gibt es zwei unterschiedliche Einschätzungen. Die einen halten es für möglich, dass der Markt so langsam an seinem Höhepunkt angelangt ist. "Die Zahlen sind ein Indiz dafür, dass Investoren nicht mehr bereit sind, jeden Preis zu zahlen", sagt Thomas Beyerle, Research-Leiter bei Catella. Andere sehen vor allem im zu kleinen Angebot den limitierenden Faktor. Gäbe es mehr Objekte, könnte man auch "doppelt so viel verkaufen", ist Degen überzeugt. "Doch das Angebot an stabilen und ertragreichen Immobilien schrumpft immer mehr", berichtet Julian Schnurrer von der Unicredit-Tochter Wealthcap. "Wer investiert hat, will oft halten, da er wenige Alternativen sieht", sagt Schnurrer. Hinzu kommt, dass nicht übermäßig viele neue Gewerbeimmobilien geplant sind - viele Kommunen setzen eher auf den Wohnungsbau.

Für die Investoren hat das auch einen Vorteil: Weil Büroflächen knapp werden, steigen die Mieten. "Wir setzen auf Lagen außerhalb der City-Bereiche mit guter Infrastruktur und Potenzial", sagt Schnurrer. Die Strategie sei, von den anziehenden Mieten zu profitieren. "Damit steigern wir den Wert der Immobilie", sagt Schnurrer. Für Vermieter sei die Entwicklung der Büromieten positiv, sagt auch Niclas Karoff, Vorstandsmitglied der TLG Immobilien AG. Der zunehmende Mangel an verfügbaren Flächen in Städten wie Berlin habe aber auch negative Effekte. "Bezahlbare Büroflächen sind ein wichtiger Standortfaktor", sagt Karoff. Sie seien für eine Stadt wichtig, um gerade für junge Unternehmen attraktiv zu sein.

In den vergangenen Jahren hat der deutsche Immobilienmarkt unter den Krisen nicht gelitten. Im Gegenteil: Je unsicherer die Weltlage, desto begehrter waren Objekte im vergleichsweise stabilen Deutschland. Funktioniert hat das allerdings nur, weil die Wirtschaft kaum betroffen war. Einschränkungen im Welthandel könnten das ändern. Der Protektionismus, betont ein Projektentwickler, sei derzeit das Damoklesschwert. Der größte Hebel, der das Investmentklima grundlegend verändern könnte, bewegt sich allerdings wohl kaum: "Mit einem spürbaren Zinsanstieg ist 2017 in Deutschland nicht zu rechnen", schreibt die Helaba in ihrem aktuellen Immobilienreport. An der relativen Attraktivität der Immobilie ändere sich daher zunächst wenig. Auf der Mipim in Cannes wird die Branche aber genau auf Amerika schauen. Nicht nur auf die Zinsentwicklung, sondern auch auf die Entscheidungen der US-Regierung. Ob Wetter in Südfrankreich oder Stimmung in der Branche: Prognosen sind derzeit besonders schwierig.

© SZ vom 10.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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