Tourismus:Oma packt die Koffer

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Sie haben sowohl die Zeit als auch das passende Budget: Zwei ältere Urlauber an einem Strand in Spanien. (Foto: Pablo Blazquez Dominguez/Getty Images)
  • Die Deutschen geben immer mehr Geld für Reisen aus. Im Durchschnitt sind es 1071 Euro für zwölf Tage Urlaub im Jahr.
  • Ganz vorne dabei ist die Generation 65 plus. Senioren sind die Gewinnbringer für die Tourismusbranche.
  • Unterwegs vermissen die meisten Deutschen vor allem eins: ihr eigenes Bett.

Von Angelika Slavik, Hamburg

So eine Reise ist oft mit Entbehrungen verbunden. Nimmt man das Auto, steht man im Stau. Nimmt man das Flugzeug, muss man um die Armlehne kämpfen. Ist man endlich angekommen, versteht man das Ticket-System für die U-Bahn nicht und weiß nicht, wie viel Trinkgeld der Kellner erwartet.

Die Deutschen aber lassen sich von solchen Schwierigkeiten nicht aufhalten: Sie geben immer mehr Geld für Reisen aus. Ganz vorne mit dabei ist die Zielgruppe der Menschen, die älter sind als 65 Jahre, sie sind die neuen Lieblinge der Tourismusindustrie: Viele von ihnen packen mehrmals im Jahr die Koffer - und verfügen dabei auch noch über ein stabiles Budget. Das ist das Ergebnis der Tourismusanalyse der "Stiftung für Zukunftsfragen", die am Mittwoch in Hamburg vorgestellt wurde.

Durchschnittlich haben die Bundesbürger im vergangenen Jahr 1071 Euro pro Person ausgegeben und dafür 12,1 Tage Urlaub fernab von zu Hause gemacht. Das entspricht einem Urlaubsbudget von 89 Euro pro Tag und Person, inklusive Anreise, Unterkunft, Verpflegung und dem Einkauf von, je nach Geschmack, Eiffelturm-Schneekugeln, I-love-New-York-Tassen oder T-Shirts mit "Malle! Malle!"-Aufdrucken. 2014 investierten die Deutschen im Schnitt damit neun Euro mehr pro Tag als noch im Jahr zuvor.

Bayern ist besonders teuer

Allerdings ließ sich bei der Wahl des Reiseziels einiges sparen: Wer seinen Urlaub in Deutschland verbrachte, kam mit 75 Euro pro Tag und Person besonders günstig davon, was vorrangig an den geringeren Reisekosten liegen dürfte. Innerhalb Europas war Kroatien eine besonders budgetfreundliche Wahl: Hier kamen deutsche Urlauber mit 77 Euro pro Tag zurecht, wogegen etwa in Spanien, dem beliebtesten Auslandsreiseziel, 97 Euro pro Urlaubstag veranschlagt werden mussten.

Auch bei Reisen nach Italien (92 Euro), Griechenland (90 Euro), Österreich und die Türkei (je 89 Euro) waren die Ausgaben überdurchschnittlich hoch - im Mittel betrugen die Kosten für Aufenthalte im europäischen Ausland 86 Euro pro Tag und Person. Fernreisen waren mit 116 Euro deutlich teurer, für Trips in die USA oder nach Kanada musste man sogar 131 Euro pro Reisetag investieren. Im Inland ist Bayern besonders teuer: Mit 85 Euro pro Tag liegen die Kosten hier zehn Euro über dem Durchschnitt und sogar zwölf beziehungsweise elf Euro über jenen für Aufenthalte an Ost- oder Nordsee.

Besonders reisefreudig sind traditionell junge Menschen im Alter von 18 bis 24 Jahren und kinderlose Paare zwischen 25 und 49. Die bekommen allerdings zunehmend Konkurrenz von der älteren Generation: In der Zielgruppe der Menschen, die älter sind als 65 Jahre, war 2014 jeder zweite mindestens fünf Tage unterwegs. In der Gruppe der 50- bis 64-Jährigen waren es sogar 62 Prozent. "Immer mehr Anbieter entwickeln Angebote speziell für diese Zielgruppe", sagt Studienautor Ulrich Reinhardt. "Ohne sie kann man im Tourismus heute nicht mehr erfolgreich sein." Dazu kommt: Der Studie zufolge steigt die Reiselust bei den Älteren kontinuierlich, vor zehn Jahren lag sie mit 44 Prozent noch unter dem generationsübergreifenden Durchschnitt. "Es wird nicht mehr lange dauern, bis die Rentner auch die kinderlosen Paare überholt haben", sagt Reinhardt.

Jeder Zweite vermisst im Urlaub das eigene Bett

Für 2015 haben immerhin 44 Prozent der Befragten zumindest gedanklich schon die Koffer gepackt, sie planen mindestens eine größere Reise von fünf Tagen oder mehr. Weitere 37 Prozent sind noch unsicher, ob Zeit und Budget für einen größeren Urlaub ausreichen werden, sie verzichten auf alle Frühbucher-Boni und entscheiden erst im Laufe des Jahres. Knapp ein Fünftel bleibt zu Hause - bei wem das an knappen Ressourcen liegt und wer es zu Hause einfach am schönsten findet, erfasst die Statistik aber nicht.

Von jenen Reise-Fans, die bereits die Angebote sortieren, plant knapp jeder zehnte eine Fernreise, ein Viertel hat sich bereits auf ein innerdeutsches Reiseziel festgelegt. Hiervon können vor allem die Ferienorte an Nord- und Ostsee profitieren, die im vergangenen Jahr mehr Menschen für ihren Haupturlaub locken konnten als die Urlaubsziele in Bayern und Baden-Württemberg. Ein Drittel will ins europäische Ausland, eine Tendenz, die durch den niedrigen Euro-Kurs noch verstärkt werden dürfte.

Doch bei aller Vorfreude: Ungetrübt ist die Ferienzeit für die Deutschen nicht. Befragt, was sie im Urlaub vermissten, nannte knapp die Hälfte der Studienteilnehmer das eigene Bett. 16 Prozent gaben an, sich während des Urlaubs nach ihrem Haustier zu sehnen - das sind beachtliche fünf Prozent mehr als jene, die angaben, während der Ferien Sehnsucht nach der Familie zu haben.

© SZ vom 05.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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