Steuern:Was das Wohnen teurer macht

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Miete und Nebenkosten verschlingen in Städten einen Großteil des Gehalts. Dazu trägt auch die Grundsteuer bei. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)

Die deutschen Gemeinden profitieren von höheren Einnahmen - auch bei der Grundsteuer. Das belastet Hauseigentümer ebenso wie die Mieter. Es gibt wieder Streit darüber, wer zahlen muss.

Von Marianne Körber

Den deutschen Kommunen geht es so gut wie lange nicht mehr. Von 2015 bis 2017 stiegen die Steuereinnahmen der Gemeinden um 13 Prozent, der Finanzierungsüberschuss lag im vergangenen Jahr mit zehn Milliarden Euro so hoch wie nie zuvor, berichtet die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young). Grund für die positive Entwicklung ist zum einen die gute Konjunktur, zum anderen wurden aber auch die Steuern kräftig erhöht - zum Beispiel die Grundsteuer.

In den vergangenen fünf Jahren haben 60 Prozent der deutschen Kommunen die Grundsteuer mindestens einmal heraufgesetzt, die Einnahmen aus der Grundsteuer stiegen um 17 Prozent, stellt EY in einer aktuellen Analyse zur Entwicklung der Grundsteuer-B- und Gewerbesteuerhebesätze fest ( https://www.ey.com/de/de/home). Dabei registrierten die Experten allerdings regional erhebliche Unterschiede: So stieg der durchschnittliche Grundsteuerhebesatz, der von den Kommunen frei festgelegt werden kann, in Hessen in den vergangenen fünf Jahren um 51 Prozent, in Nordrhein-Westfalen und dem Saarland noch um etwa ein Viertel. Weitgehend von Steuererhöhungen verschont wurden hingegen die Bürger in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen, wo die jeweiligen Durchschnittssätze um weniger als fünf Prozent stiegen. Und während jede saarländische Kommune mindestens einmal die Grundsteuer heraufsetzte und in Hessen 97 Prozent der Gemeinden eine Erhöhung vornahmen, blieben in Baden-Württemberg und Bayern bei mehr als zwei Dritteln der Gemeinden die Hebesätze stabil, so EY.

Am stärksten zur Kasse gebeten werden Eigentümer wie auch Mieter - die Grundsteuer darf auf die Miete umgelegt werden - derzeit in Nordrhein-Westfalen. Dort liegt der durchschnittliche Grundsteuerhebesatz bei 534, ein Anstieg um 16 Punkte im Vergleich zu 2016. Am wenigsten verlangen die Kommunen in Schleswig-Holstein (324), Bayern (346) und Baden-Württemberg (352).

Die Großstadt mit der höchsten Grundsteuer ist Duisburg mit einem Hebesatz von 855 Prozent. Noch höhere Hebesätze weisen laut EY sieben weitere nordrhein-westfälische Kommunen auf sowie das rheinland-pfälzische Dierfeld und das hessische Nauheim, das mit 960 Prozent an der Spitze aller deutschen Kommunen liegt. Aber es gibt auch dreizehn deutsche Kommunen, in denen die Bürger gar keine Grundsteuer zahlen müssen - sieben in Rheinland-Pfalz, fünf in Schleswig-Holstein und eine in Baden-Württemberg. Die Grundsteuer B, die auf bebaute und bebaubare Grundstücke erhoben wird, brachte den deutschen Kommunen 2017 knapp 14 Milliarden Euro ein, 13 Prozent der gesamten Steuereinnahmen. EY schildert den Vorteil dieser Finanzquelle: Im Vergleich zur Gewerbesteuer unterliege sie keinen konjunkturellen Schwankungen. Was heißt, dieses Geld kommt immer herein, egal, ob es der Wirtschaft und den Menschen gut geht oder nicht. "Während die Kommunen daran arbeiten, ihre Finanzen in Ordnung zu bringen, ist Wohnen und Wirtschaften in Deutschland in den vergangenen Jahren immer teurer geworden", beobachtet Bernhard Lorentz, Partner bei EY und Leiter des Bereichs Government & Public Sector für Deutschland, die Schweiz und Österreich.

Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVG) vom April muss die Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer bis Ende 2019 überarbeitet und bis Ende 2024 umgesetzt werden. Auf die Immobilienwirtschaft kommt damit ein großer Aufwand zu, auf Hauseigentümer und Mieter höhere Kosten, befürchten Experten - auch wenn von politischer Seite immer wieder die "Aufkommensneutralität" beschworen wird. Mieterverbände kämpfen daher dafür, die Umlage dieser Nebenkosten abzuschaffen. So ist beispielsweise der Berliner Mieterverein der Ansicht, dass die Grundsteuer eine Eigentumssteuer sei, die bei den Betriebskosten nichts zu suchen habe, wie Vereinsgeschäftsführer Reiner Wild nach dem BVG-Urteil betonte.

In Ost und West wird die Steuer nach unterschiedlichen Grundlagen berechnet - in Berlin zum Teil je nach Straßenseite. Durchschnittlich fallen in der Bundeshauptstadt für ein Ein- oder Zweifamilienhaus knapp 52 Euro im Monat (West) beziehungsweise etwa 24 Euro (Ost) Grundsteuer an. Bei Eigentumswohnungen sind es um die 25 Euro (West) beziehungsweise 19 Euro (Ost.)Berlin hat aufgrund dieser Zweiteilung ein besonders großes Interesse an einer gerechten Reform.

"Die Grundsteuer ist keine verkappte Vermögensteuer"

Die Forderung nach einer Abschaffung des Umlageprinzips wird von Eigentümerverbänden zurückgewiesen. Kai Warnecke, Verbandspräsident von Haus & Grund Deutschland, betonte im Juli: "Die Grundsteuer ist eine Steuer der Wohnungsnutzer und keine verkappte Vermögensteuer". Die Grundsteuer werde von den Kommunen vor allem erhoben, um Kitas, Schulen und andere Infrastrukturleistungen zu finanzieren. Das komme allen in der Kommune lebenden Menschen zugute. Die Sozialdemokraten müssten sich endlich von der Vorstellung verabschieden, dass Vermieter vor Finanzkraft strotzende Großkonzerne seien, so Warnecke in einer Verbandsmitteilung. Er verwies auf aktuelle Studien und Umfragen, nachdem private Einzelvermieter knapp zwei Drittel aller Mietwohnungen in Deutschland stellten. 7,5 Prozent verdienten mit der Vermietung kein Geld, drei Viertel maximal 10 000 Euro im Jahr.

© SZ vom 24.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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