Sparkassen profitieren von der Krise:Sparer zahlen Milliarden ein

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Suche nach Sicherheit: Die deutschen Sparkassen verzeichnen ein Einlagen-Plus von mehr als einer Milliarde Euro.

Harald Freiberger, Thomas Öchsner und Sandra Stricker

Die internationale Finanzkrise beschert den Sparkassen und Genossenschaftsbanken in Deutschland einen Kundenansturm. Seit Ende September dürften die Spareinlagen der Institute um mehrere Milliarden Euro gestiegen sein. Das ergab eine Umfrage der Süddeutschen Zeitung.

Die deutschen Sparkassen profitieren von der weltweiten Finanzmarktkrise. (Foto: Foto: ddp)

Das Geschäftsmodell von Sparkassen und Genossenschaftsbanken, Einlagen von Kunden in der Region anzunehmen und dann dort wieder an private Häuserbauer und mittelständische Unternehmen auszureichen, scheint bei den deutschen Sparern wieder an Ansehen zu gewinnen. Bundesweit melden diese Institute, dass Kunden Erspartes von Privatbanken, Autobanken oder Direktbanken abziehen und zu ihnen umschichten. Eine Sprecherin des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) sagte, "vor einiger Zeit konnte man ja als Kreditinstitut nicht international genug sein, und modern war nur derjenige, der wirklich an internationalen Finanzplätzen aktiv war". Nun finde "offensichtlich ein Bewusstseinswandel" statt.

Allein die bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken verzeichneten seit 1. Oktober einen Geldzufluss von 1,8 Milliarden Euro netto, also nach Abzug der Abflüsse. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage bei etwa einem Drittel der 318 Genossenschaftsbanken in Bayern hervor, die der SZ vorliegt. Unter den Anlegern, die Geld umschichten, sind auch viele vermögende Kunden. Manfred Geyer, Chef der Ansbacher Raiffeisen-Volksbank, sagte, die Summen bewegten sich zwischen 50.000 und 300.000 Euro. "Es ist schon eine Tatsache, dass wir in gewisser Weise Krisengewinner sind."

Auch andere genossenschaftliche Institute berichteten von einem Kundenansturm. Eine Sprecherin der Nassauischen Sparkasse in Wiesbaden sprach von "signifikanten Zuwächsen, besonders in den vergangenen zwei Wochen. Und sie steigen von Tag zu Tag." Auch die Frankfurter und die Berliner Volksbank, die zu den größten deutschen Genossenschaftsbanken gehören, meldeten Zuwächse bei den Einlagen. In Bayern transferierten die Kunden am Montag allein 500 Millionen Euro zu den Genossenschaftsbanken, so der Genossenschaftsverband Bayern. Der Montag war der Tag, nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Garantie für alle Einlagen der Banken abgegeben hatte.

Anfragen aus dem Ausland

Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei den Sparkassen ab. Allein die Hamburger Sparkasse, die größte Sparkasse Deutschlands, verzeichnete seit 15. September Zuwächse in Höhe von 500 Millionen Euro. Die Stadtsparkasse Köln-Bonn berichtete von Kundenzugängen aus dem Ausland, auch von außerhalb Europas. Die Kunden erkundigten sich dabei explizit nach den Sicherheiten einer Sparkasse und überwiesen dann höhere Millionenbeträge. Die Münchner Stadtsparkasse verbuchte seit 1. Oktober Zuflüsse an Termingeld in Höhe von 170 Millionen Euro. "Wir können uns vor Verlagerungen von Einlagen zu uns kaum retten", sagte Harald Strötgen, Vorstandschef des Instituts. Insgesamt dürften die Einlagen bei den vier von der SZ befragten Sparkassen um mehr als eine Milliarde Euro gestiegen sein. Auch alternative Banken gewannen Kunden hinzu. Die Nürnberger Umweltbank meldete ein Kundenplus von 15 Prozent in diesem Jahr. Das Institut finanziert vor allem ökologische Projekte.

Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben in Deutschland bei den Spareinlagen einen Marktanteil von etwa 75 Prozent. Sie haben jeweils eigene Einlagensicherungssysteme. Diese sind darauf ausgelegt, dass sich die Institute gegenseitig unterstützen. Anders ist das System bei den Privatbanken, zu denen etwa die Deutsche Bank, Postbank oder Citibank zählt. Hier springt zunächst die gesetzliche Sicherung ein, der alle privaten Banken in Deutschland angehören müssen. Als zweite Stufe gibt es die freiwillige Sicherung. Die Banken zahlen in einen Fonds ein, der für die Einlagen der Sparer im Falle einer Bankenpleite haftet. Anleger, die jetzt Geld von den Privatbanken abziehen, haben offenbar Zweifel, ob der Fonds bei einer Pleitewelle mehrerer Institute genug Mittel hat.

© SZ vom 11.10.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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