Schutz vor falscher Anlageberatung:Viel versprochen, wenig passiert

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Anleger sollen besser gegen falsche Beratung geschützt werden. Das hatte sich die Bundesregierung vorgenommen - und eine Reihe von Maßnahmen angekündigt. Anlegerschützer ziehen nun eine ernüchternde Zwischenbilanz: bislang habe sich wenig verbessert. Vor allem der Plan, Finanzberater künftig gegen Honorar zu beschäftigen statt auf Provisionsbasis, sei nicht vorangekommen.

Daniela Kuhr

Anlegerschutz hätte ein großes Thema für Schwarz-Gelb werden können. Die Koalition hatte versprochen, aus der Finanzkrise Konsequenzen zu ziehen und Verbraucher besser vor Falschberatungen zu wappnen. Doch fragt man Anlegerschützer, fällt die Halbzeitbilanz dieser Regierung ernüchternd aus. "Es wurde viel angekündigt, herausgekommen aber ist bislang nur wenig", sagt Dorothea Mohn, Finanzexpertin beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV). Was sie besonders enttäuscht: "Das Bisschen, das beschlossen wurde, bringt kaum einen höheren Schutz vor Falsch- und Fehlberatung."

Anlegerschützer beklagen zu geringe Fortschritte beim Schutz vor falscher Beratung. (Foto: dpa)

Noch immer würden Banken Kunden ungeeignete Produkte aufschwatzen, noch immer sei es schier unmöglich, das im Nachhinein zu beweisen, und noch immer würden auf undurchsichtigen Wegen Provisionen fließen, stellt auch der Düsseldorfer Anwalt Julius Reiter fest, der geschädigte Kapitalanleger vertritt.

Weder die mittlerweile gesetzlich vorgeschriebenen Beratungsprotokolle noch die Produktinformationsblätter, die knapp die wichtigsten Informationen über ein Produkt auflisten sollen, hätten daran etwas geändert. Seine Hoffnung ruht nun auf den von Schwarz-Gelb angekündigten Regeln zur Honorarberatung.

Die Koalition hatte in Aussicht gestellt, das Berufsbild eines Finanzberaters zu schaffen, der nicht mehr von Provisionen der Produkthersteller lebt, sondern ausschließlich von Honoraren der Anleger. Damit sollte die Gefahr reduziert werden, dass Kunden nicht das für sie am besten geeignete Produkt erhalten, sondern das, für das der Berater die meiste Provision kassiert. "Die Idee, die Honorarberatung regeln zu wollen, ist richtig", sagt auch Mohn, "nur leider habe ich entgegen der Ankündigungen nicht das Gefühl, dass hier etwas vorankommt."

Bislang gebe es lediglich Eckpunkte von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU). Aus dem eigentlich zuständigen Finanzministerium läge jedoch noch kein Gesetzesvorschlag vor. Aigners Eckpunkte wiesen immerhin "in die richtige Richtung", meint Mohn. Wichtig sei, "dass der Kunde künftig schon beim Betreten der Tür wissen muss, welche Dienstleistung er erhält: ob er nun gegen Honorar oder gegen Provision beraten wird".

Misch-Systeme, bei denen beides parallel möglich wäre, lehnt die Verbraucherschützerin ab. "Es kann nicht sein, dass Berater und Kunde das erst im Lauf des Gesprächs entscheiden. Dann bestünde deutlich die Gefahr, dass die Beratung jeweils zu der Kondition erfolgt, bei der für den Berater im konkreten Fall mehr herausspringt."

Dass aber Honorarberater nicht allein auf die Beratung beschränkt werden sollen, sondern auch Produkte vermitteln dürfen, unterstützt Mohn. Allerdings müsse unmissverständlich sichergestellt werden, dass der Honorarberater im Fall der Produktvermittlung eventuelle Provisionen oder sonstige Vorteile vollständig an den Kunden herausgebe.

"Die bessere Alternative wäre natürlich die, dass alle Produkte künftig auch zu Nettokonditionen, sprich provisionsfrei, angeboten werden", sagt Mohn. "Doch so, wie es aussieht, läuft die Regierung ohnehin Gefahr, von Brüssel schon wieder überholt zu werden." Die EU-Kommission hat bereits angekündigt, Provisionen bei unabhängigen Finanzberatern ganz verbieten zu wollen.

Anwalt Reiter sieht in der Honorarberatung sogar den "entscheidenden Baustein" für besseren Anlegerschutz. "Alles andere, was auf den Weg gebracht wurde, hat in der Praxis enttäuscht." Die Beratungsprotokolle seien umständlich und würden von Banken so ausgefüllt, dass sie nicht dem Anleger als Beweis für schlechte Beratung dienen, sondern den Banken als Beweis für richtige Beratung. Die Produktinformationsblätter seien nicht standardisiert und würden den Anlegern keine Vergleiche ermöglichen. "Es ist höchste Zeit, dass die Regierung mit halbherzigen Gesetzesinitiativen aufhört und endlich die wirklich effizienten Maßnahmen vorantreibt", sagt Reiter.

© SZ vom 04.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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