Schrankbetten:Aufgeklappt

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Das Schrankbett war schon fast aus den Wohnungen verschwunden, nun wird es wieder populärer, allerdings in einer modernen Version. Die hat mehr Komfort - und ihren Preis.

Von Joachim Göres

Vor allem in alten amerikanischen Filmen erfreut sich das Schrankbett großer Beliebtheit. In "Dick und Doof" wird Oliver Hardy vom Bettgestell erschlagen. Charlie Chaplin scheitert krachend beim Versuch, ein Schrankbett aufzubauen. Sean Connery alias James Bond verschwindet in "Man lebt nur zweimal" vor seinen Verfolgern in der Schrankwand. In der Realität aber verschwand das ein- und ausklappbare Bett in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend aus den Haushalten. Die Menschen hatten immer mehr Wohnfläche zur Verfügung, Platzsparen war nicht mehr so dringend nötig. Doch das ändert sich gerade wieder. Seit einiger Zeit feiert das auch unter den Namen Wandbett, Klappbett oder Einbaubett bekannte Möbelstück in Deutschland und vielen anderen Ländern ein Comeback.

Darüber freuen sich nicht zuletzt die Hersteller aus Ostwestfalen, eine Hochburg der deutschen Möbelindustrie und auch des Schrankbetts. "Früher war das Schrankbett vor allem als Kinderbett gefragt, als die Wohnungen noch viel kleiner waren. Heute findet es als zusätzliches Bett in Ferienwohnungen und in kleinen Apartments in Großstädten Verwendung, in denen Pendler die Woche über wohnen. Das ist kein Hype, aber die Nachfrage steigt", sagt Torsten von Behren, Vertriebsleiter bei der Friedrich Priess GmbH & Co. KG aus Hille bei Minden.

Wo Wohnraum knapp und teuer ist, steigt die Nachfrage nach platzsparenden Möbeln

Verkaufsschlager bei Priess ist das Querbett - ein klappbares Einzelbett, das quer ausgeklappt wird und dadurch nicht so stark in den Raum hineinragt. Kostenpunkt ab 900 Euro aufwärts. Neben dem 90 Zentimeter breiten Querbett bietet Priess demnächst auch ein 1,20 Meter breites Modell an. Die klassischen Schrankbetten sind vor allem als Doppelbetten mit einer Breite von 1,40 Meter und 1,60 Meter gefragt, neu zum Programm gehört ein 1,80 breites Bett. "Wir sehen auch für die Zukunft ein wachsendes Potenzial für das Schrankbett. Investoren von Studentenwohnheimen interessieren sich genauso dafür wie Menschen, die in einem Tiny House wohnen wollen", sagt von Behren, einer von etwa 150 Beschäftigten in Hille.

"Früher war das Schrankbett als typisches Einrichtungsstück für die Unterbringung von Montagetrupps verpönt. Heute werden diese Betten in einer ganz anderen Qualität hergestellt", sagt Achim Hannott, Sprecher des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie. Diese Qualität sei besonders in den vielen kleinen Wohnungen der Metropolen in Asien und Amerika gefragt - sie wirkten ohne sichtbares Bett einfach großzügiger.

"Der Wohnraum in den Metropolen weltweit ist in den letzten Jahren drastisch teurer geworden, sodass sich immer mehr Menschen nur eine kleine Wohnung leisten können", ergänzt Daniel Böllhoff, Geschäftsführer und Inhaber der Gebr. Nehl Holzindustrie GmbH & Co. KG aus Bünde. Zur wachsenden Nachfrage trage auch die zunehmende Bautätigkeit seit Beginn der Niedrigzinsphase bei. Dabei gebe es regionale Unterschiede: In den Niederlanden, wo die Häuser meist kleiner seien als in Deutschland, habe das Schrankbett Konjunktur. In Osteuropa, wo es in vielen Plattenbauten verbreitet war, habe es dagegen wegen der einst schlechten Qualität keinen guten Ruf.

"Die Anforderungen an die Qualität von Schrankbetten sind höher als an andere Betten. Unsere Matratzen sind Spezialanfertigungen, die wir entwickeln und von Partnern fertigen lassen", sagt Böllhoff, Chef von 150 Mitarbeitern beim nach eigenen Angaben europäischen Schrankbetten-Marktführer. Nach seinen Worten sind vor allem weiße Schrankbetten gefragt, die dezent wirken und wenig auffallen. Er sieht einen Trend zu mehr Komfort - am stärksten gefragt sei bei Doppelbetten eine Breite von 1,40 Meter, doch das größte Wachstum gebe es beim 1,80 Meter breiten Schrankbett. Die teuersten Modelle können bis zu 5000 Euro kosten.

Hoch, quer, mit Tisch: Klappbetten gibt es in vielen Varianten

In die Zukunft schaut Böllhoff wegen der Corona-Krise mit gemischten Gefühlen. Der Möbelhandel habe durch das Öffnungsverbot Einbußen, wichtige Absatzmärkte wie Hotels und Kreuzfahrtschiffe litten ebenfalls unter der Krise. "Eine Produktionspause ist unausweichlich."

Die Werner Polstertechnik GmbH aus Lichtenau bei Paderborn präsentiert sich als Hersteller von Schlafsofas, Polstermöbeln und Relaxsesseln, der auch Schrankbetten des italienischen Herstellers Clei im Angebot hat. Dazu gehören Modelle als Hochklappbett, als Querschrankbett sowie als Schrankbett mit integriertem Sofa, Tisch oder Schreibtisch. Werner preist seine Schrankbetten als stabile und langlebige "Schmuckstücke"an, die im Handumdrehen ohne großen Kraftaufwand hinter ihrer Verkleidung verschwinden. Das hat seinen Preis: bis zu 14 000 Euro. Dafür wird im Vergleich zu einer günstigeren Schlafcouch mehr Schlafqualität unter anderem durch einen individuell abgestimmten Schrankbett-Lattenrost versprochen.

"Wir entwickeln Schrankbetten auch selber und fertigen sie auch zum Teil", sagt Thomas Hamm, Mitarbeiter bei Werner Polstertechnik. Er spricht von einem Trend zu einem immer schmaleren Möbelkorpus, um kleine Flächen optimal auszunutzen. Neu im Programm ist ein Einzelschrankbett, das bei Bedarf mit einem anderen Bett verknüpft werden kann. Werner setzt ausschließlich auf den Direktverkauf und betreibt zwei Showrooms in Berlin und München - in den Millionenstädten ist der Bedarf an platzsparenden Bettmodellen am größten.

© SZ vom 25.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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