Schatzsucher:Das Rätsel der goldenen Buddha-Statue

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Ein Schlosser entdeckt japanisches Raubgold auf den Philippinen - später verschwindet der Schatz in den dunklen Kanälen des Marcos-Regimes.

Silvia Liebrich

Im Sommer 1970 sieht sich Roger Roxas am Ziel seiner Träume. Nach wochenlangem Graben stößt der philippinische Schlosser auf ein unterirdisches Labyrinth, in dem er jenen Schatz vermutet, den japanische Truppen hier vor Ende des Zweiten Weltkrieges versteckt haben.

Schatzsucher: Das japanische Raubgold. Vergrößern Sie die Grafik mit einem Klick aufs Bild.

Das japanische Raubgold. Vergrößern Sie die Grafik mit einem Klick aufs Bild.

(Foto: Grafik: SZ)

Der Schatz ist Teil einer wertvollen Beute, die aus dem Raubzug Japans durch zwölf asiatische Länder stammt. Obwohl sich Roxas bemüht, wenig Aufsehen zu erregen, bleiben die Aktivitäten auf dem Krankenhausgelände von Baguio, einer Stadt im Nordosten der Hauptinsel Luzón, nicht unbemerkt. Diskret verfolgt auch die Geheimpolizei von Diktator Ferdinand Marcos das seltsame Treiben. Roxas schöpft zunächst keinen Verdacht.

Seine erste Erkundung der Gänge verläuft enttäuschend. Alles, was er und seine Helfer finden, sind ein paar alte Gewehre und Munition. Dann stoßen sie auf ein menschliches Skelett in einer zerschlissenen japanischen Soldatenuniform. Nun ist ihnen klar: Sie sind auf der richtigen Spur. Es dauert noch einmal ein paar Tage, bis sie eine im Boden eingelassenen Betonplatte öffnen können. Der Durchbruch in den Raum darunter gibt zunächst den Blick auf eine goldene Buddha-Statue frei, mindestens einen Meter hoch und eine Tonne schwer. Daneben sind Dutzende von Holzkisten bis an die Decke gestapelt. Als Roxas eine von ihnen öffnet, findet er darin 24 massive Goldbarren. Daraus schließt er, dass auch die anderen Kisten damit voll sein müssen, wie er knapp 30 Jahre später in einem Prozess zu Protokoll gibt. Doch woher stammen diese Schätze?

Rückblende: Im Sommer 1945 geht die Schlacht im Pazifik in ihre entscheidende Phase. Die von Amerika angeführten Alliierten-Truppen treiben die japanischen Kräfte in die Enge. Noch aber sind sich die Befehlshaber des Inselstaates sicher, dass sie die annektierten Philippinen halten können. In der Nähe von Baguio kommen in einer Juni-Nacht hochstehende japanische Militärs, Prinz Chichibu, der Bruder von Kaiser Hirohito, Bergbauingenieure und Angestellte an einem höchst ungewöhnlichen Ort zusammen. Es wird gefeiert, in einem eben erst fertiggestellten unterirdischen Tunnelsystem, inmitten von Unmengen an Gold, Edelsteinen und Kunstschätzen. Der Schnaps fließt in Strömen.

Wirklichkeit und Legende

Als Prinz Chichibu und seine engsten Vertrauten den Stollen um Mitternacht verlassen, schöpft keiner der Anwesenden Verdacht. Kurz darauf erschüttert eine Serie von Explosionen das Gelände. Das letzte von 175 geheimen Verstecken, die in den vorhergehenden Monaten weit verstreut über die Philippinen angelegt wurden, ist damit verschlossen. Der Eingang zum Labyrinth liegt begraben unter einem Berg von Schutt, ebenso wie die letzten unliebsamen Zeugen einer Geheimoperation, die vom Kaiserhaus und einer kleine Führungselite gesteuert wird. Sie planen, die Schätze nach Kriegsende in aller Ruhe wieder zu bergen, wenn sich die Lage beruhigt hat.

Ob sich das beschriebene Ereignis in den letzten Kriegstagen wirklich so zugetragen hat, was davon Wirklichkeit, was Legende ist, lässt sich heute kaum überprüfen. Doch es gibt Zeugen, die der Sprengung in Baguio entkommen, darunter ein philippinischer Junge, der Prinz Chichibu als Laufbursche diente. Er schildert die Vorkommnisse später den amerikanischen Enthüllungsjournalisten und Buchautoren Peggy und Sterling Seagrave, die das Geschehen mit Hilfe von Aussagen vieler Zeitzeugen und historischen Dokumenten rekonstruierten.

Tatsache ist jedoch, dass der Raubzug Japans stattgefunden hat. Die systematische Plünderung, bei der das Vermögen von Banken, Unternehmen, Privathaushalten, religiöser Stätten, ja sogar der Unterwelt beschlagnahmt wurde, begann Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Angriff auf China und Korea. Welche Reichtümer dabei entwendet wurden, lässt sich kaum abschätzen, weil der größte Teil bis heute als verschollen gilt. Es dürfte sich aber um ein kaum vorstellbares Vermögen handeln, angesammelt in den beraubten Ländern im Laufe von Jahrhunderten.

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