Regelungen für Glücksspiel:Jeder gegen jeden

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Mit härteren Auflagen gegen die Spielsucht: Bund und Länder, das Staatslotto, Automatenbetreiber und private Sportwetten-Anbieter streiten um Regeln für das Glücksspiel - und um Milliardenerlöse.

Klaus Ott

Eigentlich hat Angela Merkel mehr als genug zu tun. Die Bundeskanzlerin soll die Atomkraftwerke abschalten, sie soll den Euro retten, und sonst noch ein paar Dinge von nationaler oder gar globaler Bedeutung erledigen. Nun soll sie auch noch dafür sorgen, dass die Menschen in Deutschland nicht der Spielsucht anheim fallen. Der Deutsche Lotto- und Totoblock hat die Kanzlerin angeschrieben. Genauer gesagt, der Ethik-Beirat der staatlichen Lottogesellschaften, die den Bundesländern gehören.

Haupt-Streitpunkt eins sind die mehr als 200000 Automaten in Spielhallen und Kneipen, für die der Bund zuständig ist. Die Länder verlangen härtere Auflagen als vom Bund geplant, der die maximal zulässigen Gewinne und Verluste pro Stunde reduzieren will. (Foto: dapd)

Aus den Ex-Ministern Rudolf Seiters (CDU) und Renate Schmidt (SPD) sowie Bayerns Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) setzt sich der Beirat zusammen. Sie beklagen sich, dass die von der Regierung geplanten Auflagen für die mehr als 10000 privat betriebenen Spielhallen in Deutschland "völlig unzureichend" seien. Wenn sich nichts bessere, seien "negative soziale Folgen" absehbar, die den Staat teuer kämen. Schließlich sei die Suchtgefahr bei den Spielautomaten am höchsten.

Der Streit um Kontrolle der Glücksspielbranche, und um die mehreren Milliarden Euro, die in diesem Markt zu verdienen sind, hat also nun auch die Kanzlerin erreicht. Die Staatsbetriebe fürchten um ihr Lotto- und Toto-Monopol, die privaten Spielhallen um ihre Existenz, und kommerzielle Sportwetten-Anbieter aus halb Europa um ihre erhoffte Zulassung in der Bundesrepublik. Jeder gegen jeden, lautet das Motto, auch in der Politik. Kommende Woche wollen die Ministerpräsidenten der 16 Länder das Glücksspiel neu regeln. Doch die Länder sind sich weder untereinander noch mit dem Bund einig.

Haupt-Streitpunkt eins sind die mehr als 200000 Automaten in Spielhallen und Kneipen, für die der Bund zuständig ist. Die Länder verlangen zur Bekämpfung der Spielsucht härtere Auflagen als vom Bund geplant, der die maximal zulässigen Gewinne und Verluste pro Stunde reduzieren will. Ein Automatenspiel, fordern die Länder, soll mindestens 15 bis 20 statt fünf Sekunden dauern.

Das könnte vielen Leuten das Zocken verleiden. Greife der Bund bei den privaten Spielhallen nicht durch, dann werde die EU das staatliche Lotto- und Toto-Monopol kippen, glauben viele Länder. Das Monopol wird mit dem Schutz der Bürger vor der Spielsucht begründet. Werde die Suchtgefahr aber nicht überall bekämpft, also auch bei den Automaten, dann sei das keine Rechtfertigung für ein Lotterie-Monopol, sagt die EU. Die Spielhallen-Betreiber entgegnen, den Ländern ginge es gar nur um deren lukratives Lotterie-Monopol und nicht um den Schutz der Bürger.

Haupt-Streitfall zwei: die Sportwetten. Das staatliche Toto-Monopol steht längst nur noch auf dem Papier. 97 Prozent der Wetteinsätze in Deutschland erfolgten über das Internet bei ausländischen Anbieter, sagt die Regierung in Schleswig-Holstein. Für die staatliche Sportwette Oddset bleibt ein kläglicher Rest. Die Länder wollen nun, regional begrenzt, einige private Anbieter zulassen.

Das gehe an der Sache vorbei, sagt die CDU/FDP-Koalition in Kiel. Mindestens zehn bis zwölf bundesweit gültige Lizenzen müssten her. Sonst werde es nicht gelingen, private Wett-Gesellschaften nach Deutschland zu holen, sie hier zu kontrollieren und Abgaben von ihnen zu kassieren. Spielen die anderen Länder nicht mit, dann will Schleswig-Holstein im Alleingang in größerem Umfang kommerzielle Wett-Anbieter zulassen. Das könne dann auch das Ende des Lotto-Monopols sein, befürchten andere Länder.

© SZ vom 02.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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