Promis und ihre Versicherungen:Der 27 Millionen-Dollar-Po

Lesezeit: 3 min

Das milliardenschwere Versicherungsgeschäft mit der Prominenz brummt: Jennifer Lopez hat ihren Po mit 27 Millionen Dollar versichert. Was man unter Promis für Po und Beine so zahlt.

Alexander Mühlauer und Alexander Hagelüken

Die Rolling Stones kamen wegen ihres Konzertfilms "Shine A Light" zur Berlinale und kaputt ging: Nichts. Diesmal. Vor 32 Jahren hatten wütende Stones-Fans die Holzbänke der Waldbühne zertrümmert, weil ihre Helden keine Lust hatten, länger als 20 Minuten zu spielen. Eine Versicherung kam für den Schaden auf. Inzwischen sind die Stones kein Thema für die Sparte Sachschaden, aber dafür umso mehr eines für die Sparte Personenschaden. Vor allem einer lässt den Puls der Versicherungsangestellten schneller schlagen: Keith Richards, dessen Gesicht sein exzessives Leben so expressiv erzählt wie mutmaßlich kein anderes Gesicht der Welt irgendein anderes Leben. Richards hat aber nicht sein Gesichtsmassiv, sondern - für viel Geld - seine Gitarristenfinger versichert.

Der Allerwerteste von JLo ist mit 27 Millionen Dollar versichert. (Foto: Foto: AP)

Jetzt zittert die Versicherungsgesellschaft Lloyd's, denn die Legende lebt gefährlich. Vor einigen Jahren stürzte der 64-Jährige wohl unter dem Einfluss ausgewählter Rauschmittel von der Leiter seiner Bibliothek, was schon deshalb erstaunte, weil man ihn bisher kaum als Bücherwurm einsortiert hatte. Vergangenen Sommer fiel er von einer Kokospalme auf den Fidschi-Inseln viereinhalb Meter in die Tiefe. Bei Lloyd's, dem weltgrößten Prominenten-Versicherer, atmeten sie erst auf, als klar war, dass er eine Gehirnerschütterung erlitten hatte, aber die Gliedmaßen unversehrt waren. 1990 kam Lloyd's nicht so einfach davon. Richards brach sich den Mittelfinger, drei bereits ausverkaufte Konzerte mussten abgesagt werden. Schaden: 1,5 Millionen Dollar. Lloyd's zahlte.

Das Versichern von Körperteilen ist ein verschwiegenes Geschäft. Künstler schützen sich dagegen, dass ihre wertvollsten Arbeitsinstrumente ausfallen. Reden wollen sie darüber nicht. Ebenso wenig die Versicherung. Klar ist: Es ist ein lukratives Geschäft, weil die Prämien hoch und Zahlungsverpflichtungen wie im Fall von Richards Mittelfinger selten sind.

Lloyd's, die weltweit größte Versicherungsbörse, hat ihren Sitz in London. Draußen an der Lime Street, Hausnummer 1, steht ein Mann im roten Mantel mit goldenen Knöpfen und begrüßt die Kunden. Drinnen surren Rolltreppen, auf denen Menschen in Anzug und Kostüm auf und ab fahren, unterm Arm Versicherungsverträge. Die Engländer versichern alles, was teuer und ausfallgefährdet ist. Wie die Stimme von Marlene Dietrich - und ihre Beine, die sie sich auch gleich noch versichern ließ, weil sie sie als ihr Markenzeichen sah. Die Zeiten ändern sich: Die Schauspielerin und Sängerin Jennifer Lopez hält nicht ihre Beine, sondern ihren Po für ihr Markenzeichen - und ließ ihn laut der britischen Zeitung Guardian gegen mögliche Unfälle, über deren genaues Zustandekommen zu spekulieren unstatthaft wäre, mit 27 Millionen Dollar versichern.

Dass Körperteile bares Geld wert sind, wusste schon Betty Grable, Supermodel und in den vierziger Jahren höchstbezahlte Schauspielerin der Welt. Ihr Studio Twentieth Century Fox versicherte die Beine des Filmstars für eine Million Dollar. So wurde Grable, im Zweiten Weltkrieg Spind-Pin-Up Zigtausender US-Soldaten, zum Girl with the Million Dollar Legs, zum Mädchen mit den Millionen-Beinen.

Mathematiker berechnen Versicherungsprämien für Promis

Im Atrium des Lloyd's-Gebäudes steht ein Schreibtisch nach dem anderen. An jedem sitzt ein sogenannter Underwriter. Hat ein Versicherungsmakler einen Vorschlag für eine Police, muss er einen Underwriter finden, der die Versicherung deckt und das Risiko zeichnet. Die Underwriter sind in 72 Syndikaten zusammengeschlossen, die miteinander konkurrieren. Es ist dieses System, das Lloyd's erlaubt, Risiken einzugehen, die andere Versicherungen abschrecken. Grundsätzlich sind alle Körperteile versicherbar. Solange die Prämie stimmt.

Wie viel Prominente für ihre Versicherung zahlen müssen, darum kümmern sich Mathematiker. Sie schätzen den zu erwartenden Umsatz und berechnen Ausfallrisiken sowie Prämien. Besonders schwierig ist es bei Hip-Hop-Musikern. Als in den neunziger Jahren der Streit amerikanischer Ost- und Westküsten-Rapper mit den Todesfällen von Tupac und The Notorious B.I.G. eskalierte, stiegen die Prämien steil an.

Mit skurrilen Versicherungswünschen hat Lloyd's kein Problem. Ein Schauspieler ließ einmal über seinen Agenten anfragen, ob die Londoner seine Brusthaare versichern könnten. Machen wir, hieß es. Vor einem möglichen Schadensersatz müsse er allerdings vor einen Ausschuss von Haarspezialisten. Als dies öffentlich wurde, verzichtete der Schauspieler auf das Angebot. Wer es war, darüber gibt Lloyd's keine Auskunft. Die Branche ist so diskret, wie es Prominente schätzen. Die britische Presse hält daran fest, dass es sich um Sean Connery handelt. Würde ja auch passen. Als James Bond wird Connery in "Man lebt nur zweimal" von einem (brusthaarlosen) Kämpfer gefragt, wieso er so viel Erfolg bei Frauen habe. Bond bzw. Connery antwortet mit Blick auf seine Brusthaarpracht: "Ein altes japanisches Sprichwort sagt: Kein Vogel baut sein Nest in einem kahlen Baum."

© SZ vom 11.02.08/ang - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: