Pfusch am Bau:Schief und schlampig

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Viele Neubauten haben Mängel. In den ersten fünf Jahren nach Fertigstellung müssen Handwerker Schäden beheben. Was Hausbesitzer dabei beachten müssen.

Von Jochen Bettzieche

Endlich sind die Handwerker weg, die ersten Bewohner können einziehen - und stehen im Vorratskeller im Dunkeln. So oft sie den Schalter auch betätigen, das Licht geht nicht an. Außerdem wackeln im Bad schon nach wenigen Wochen zwei Fliesen. Ganz klar: In solchen Fällen haben Immobilienbesitzer Anspruch auf Nachbesserung im Rahmen der Gewährleistung. Die ist bei vielen Handwerkern unbeliebt, sie kostet Zeit und bringt kein Geld. Aber wer schlampig arbeitet, kommt nicht ungeschoren davon. Zumindest nicht in den ersten fünf Jahren nach Abnahme der Arbeiten. Denn so lange läuft in der Regel die Frist für Gewährleistungsansprüche. Erst danach sind sie verjährt. Hat also der Elektriker beispielsweise ein Kabel nicht gezogen oder falsch verschaltet, muss er den Fehler ohne Kosten für den Eigentümer der Immobilie beheben. Der muss seine Ansprüche bei seinem Vertragspartner für den Bau aber richtig geltend machen.

Wichtig ist eine Form, mit der die Rüge dokumentiert wird. Das kann per Fax, Mail oder per Briefpost sein. Verträge nach Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) sehen einen Text mit eigenhändiger Unterschrift und damit zwingend den Postweg vor, wenn die VOB/B durch den eigenen Architekten dem Bauunternehmer gestellt wurde, erläutert Holger Freitag, Vertrauensanwalt beim Verband Privater Bauherren (VPB) in Berlin. "Wer sichergehen will, zeigt einem Zeugen das Schreiben, steckt es vor seinen Augen in das Kuvert und verschickt es per Einwurf-Einschreiben", sagt der Experte.

Günstig bauen, den Kredit schnell abzahlen: Damit das klappt, müssen bei der Finanzierung einige Dinge beachtet werden. (Foto: Bernd Leitner/imago stock&people)

Das Anschreiben sollte den Fehler möglichst gut beschreiben und dem Handwerksbetrieb eine Frist setzen, bis wann er nachbessern soll. Diese Frist soll laut Gesetzgeber angemessen sein. Konkreter wird er nicht. Bei Kleinigkeiten können das ein paar Tage bis maximal zwei Wochen sein, bei komplexeren Arbeiten auch mehr. VPB-Anwalt Freitag empfiehlt, nicht zu streng zu sein: "Wenn es nur um drei oder vier Tage mehr geht, kann man als Eigentümer auch flexibel sein, solange der Unternehmer kooperativ ist."

Bei Schwarzarbeit gibt es keinen Anspruch auf Gewährleistung. Nur das Risiko, erwischt zu werden

Denn die betroffenen Betriebe reagieren unterschiedlich. Gerade regionale Anbieter haben unter Umständen einen Ruf zu verlieren. "In der Regel macht der Bauunternehmer einen Termin aus und schaut, ob er verantwortlich ist", berichtet Freitag. Reagiert er jedoch nicht, kann der Immobilienbesitzer vor Gericht ziehen. "Dort hat er die Möglichkeit, einen Kostenvorschuss einzuklagen", sagt Freitag. Das Geld muss er aber zwingend dafür verwenden, ein anderes Unternehmen zu bezahlen, das den Mangel beseitigt. "Der ursprüngliche Auftragnehmer verliert sein Nachbesserungsrecht, wenn er den Fehler nicht behebt", erklärt der Jurist.

Auf jeden Fall sollten Betroffene einen Anwalt einschalten, wenn sie gar keine Rückmeldung des Handwerkers erhalten. Denn der könne Maßnahmen ergreifen, damit die Frist für die Verjährung nicht mehr weiterläuft, erläutert Freitag: "Auch ein Gerichtsverfahren hemmt diese Begrenzung."

In der Praxis ist nicht immer klar, welches Gewerk den Mangel verursacht hat. In diesem Fall genügt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wenn der Laie die Symptome beschreibt und sich an ein mögliches Gewerk als Verursacher wendet. Das kann allerdings auch teuer werden. Freitag kennt einen Fall, bei dem der Bauherr seinem Installateur einen Mangel angezeigt hat. Dieser hat daraufhin das komplette Bad ausgebaut - und festgestellt, dass ein anderes Gewerk der Verursacher war. "Dieses hat dann zwar den Fehler behoben, die Kosten, das Bad wieder einzubauen, musste aber der Eigentümer tragen", berichtet Freitag. Ist der Mangel beseitigt, läuft die Frist von Neuem. Allerdings nur für die Nachbesserung, nicht für das ganze Gewerk des Verursachers.

Oft übersteigt es die fachliche Kompetenz des Immobilienbesitzers, einen Fehler zu entdecken. Vor allem, wenn er nicht sichtbar ist, der Handwerker ihn beispielsweise kurzerhand unter Putz versteckt hat. Freitag rät daher, ein halbes Jahr vor Ablauf der Verjährungsfrist mit einem Sachverständigen durch das Gebäude zu gehen und es auf etwaige Mängel zu untersuchen: "Dann ist noch genügend Zeit zu reagieren, falls der Verursacher sich tot stellt oder den Betriebssitz verlegt hat." Nicht ganz klar ist manchmal, ab wann die Frist läuft. Offiziell gilt: fünf Jahre ab Abnahme des Gewerks. Diese sollte daher schriftlich erfolgen, mit Datum und Unterschrift des Bauherren.

Bei schlüsselfertigen Häusern ist der Bauträger der richtige Ansprechpartner im Fall von Mängeln. "Wer aber individuell mit einem Architekten geplant und einen Bauleiter beauftragt hatte, kann sich auch an die wenden", sagt der Experte, macht aber eine Einschränkung. Das neue Bauvertragsrecht sieht vor, dass Immobilienbesitzer zwingend erst das Bauunternehmen ansprechen. Relevant ist das vor allem, wenn der Handwerksbetrieb insolvent ist. "Dann bleibt immer noch die Bauleitung, die den Mangel hätte erkennen müssen", erklärt Freitag.

Nicht bei allen Schäden besteht ein Anspruch auf Gewährleistung. Immobilienbesitzer sollten prüfen, ob sie nicht selbst der Verursacher des Schadens sind, beispielsweise, wenn die Waschmaschine ausgelaufen ist. Und Vorsicht: Steuerhinterzieher haben keinen Anspruch auf Gewährleistung. Immer wieder kommt es vor, dass Immobilienbesitzer wegen eines Mangels gegen den Handwerker vor Gericht ziehen - obwohl sie diesen schwarz beschäftigt haben. Das wird meist für beide Seiten teuer, denn die Folge ist ein Steuerstrafverfahren. Das Bayerische Landesamt für Steuern verweist auf Paragraf 116 der Abgabenordnung. Der regelt den Austausch von Informationen zwischen Gerichten und Finanzbehörden. Unter anderem steht dort: "Gerichte (...) haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die auf eine Steuerstraftat schließen lassen, dem Bundeszentralamt für Steuern oder, soweit bekannt, den für das Steuerstrafverfahren zuständigen Finanzbehörden mitzuteilen."

© SZ vom 18.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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