Ölpreis sinkt:Autofahrer und Hausbesitzer im Glück

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Benzin, Diesel und Heizöl sind so günstig wie lange nicht mehr. Die hohe Nachfrage führt zu Lieferengpässen und langen Wartezeiten.

S. Liebrich, M. Thiede und S. Stricker

Die Finanzmarktkrise hat auch ihre positive Seiten. Benzin, Diesel und Heizöl sind für Verbraucher so günstig wie lange nicht mehr. Benzin- und Dieselpreise haben seit ihren Höchstständen im Juli um mehr als 25 Cent je Liter nachgegeben. Ursache dafür ist der scharfe Preisrückgang an den Rohölmärkten. Der erwartete Wirtschaftsabschwung hat die Nachfrage weltweit einbrechen lassen.

Der Benzinpreis sinkt - dafür steigt der Absatz (Foto: Foto: AP)

Kaum wird der aus Öl hergestellte Treibstoff billiger, steigt auch der Absatz. Im September wurden 1,8 Millionen Tonnen Benzin verkauft, also 1,7 Prozent mehr als im Vorjahresmonat, teilte der Mineralölwirtschaftsverband (MWV) am Mittwoch mit. Diesel legte hingegen bislang um 3,8 Prozent zu. Der Markt für Ölprodukte liegt vor allem dank steigender Heizöl-Verkäufe mit 5,8 Prozent im Plus.

Diesel zeitweise ausgegangen

In Bayern ist derzeit die Nachfrage nach Diesel so groß, dass es erste Engpässe an den Zapfsäulen gibt. Sprecher der führenden deutschen Tankstellenbetreiber Aral und Shell bestätigten dies.

An einigen Stationen in München und Umgebung sei Diesel zeitweise ausgegangen, und Nachschub könne nicht immer schnell genug herangeschafft werden. Gründe dafür seien unter anderem Lieferschwierigkeiten einer Raffinerie in Ingolstadt, der hohe Reiseverkehr durch die Herbstferien in einigen Bundesländern und die überraschend hohe Nachfrage nach Heizöl, das in der Raffinerie denselben Produktionsprozess durchläuft.

Viele Hausbesitzer haben in den vergangenen Monaten wegen der hohen Heizölpreise das Nachfüllen der Tanks hinausgezögert. Das wird nun nachgeholt. Seit September kommen Anbieter in ganz Deutschland mit ihren Lieferungen kaum nach. "Die Auftragsbücher sind voll. Wir haben im Moment eine Lieferzeit von vier bis sechs Wochen", sagt Erwin Kuhlen von Knauber Mineralöl in Bonn.

Normalerweise betrage die Lieferzeit zwei bis drei Tage. Die Engpässe haben aber neben dem gesunkenen Ölpreis noch einen anderen Grund. Während der schlechten Wirtschaftslage im letzten Winter mussten viele Händler ihren Betrieb verkleinern. "Viele haben Lieferfahrzeuge verkauft. Die fehlen ihnen jetzt", sagt Kuhlen.

Noch vor kurzem zeigten die Verbraucherpreise für Heizöl noch außergewöhnlich starke Schwankungen, mit Sprüngen von 100 Euro je 100 Liter auf weniger als 80 Euro. Inzwischen habe sich die Lage beruhigt, berichten Händler. Der Treibstoff sei derzeit so günstig, dass ein Haushalt, der 3000 Liter bestellt, im Vergleich zum Jahreshöchststand 650 Euro spare.

Mit Vorhersagen, wie sich der Ölpreis in den kommenden Wochen entwickeln wird, halten sich jedoch die meisten Heizöllieferanten zurück: "Wir sind Händler und keine Spekulanten", sagt Steffen Apelt vom Berliner Ölhändler BHM.

Auch wenn viele zögern, Kaufempfehlungen abzugeben: Anzeichen dafür, dass die Preise schon bald wieder anziehen könnten, sehen die Marktbeobachter derzeit nicht. Im Gegenteil, es deutet einiges daraufhin, dass es weiter abwärts gehen könnte. "Die Rezession scheint inzwischen unvermeidbar, und das bedeutet weniger Energieverbrauch und sinkende Preise", sagt Rainer Wiek vom Energie-Branchendienst EID.

Der Finanzkrise kann er auch etwas Gutes abgewinnen: "Sie hat die Spekulanten vom Markt gefegt, jetzt zählen die fundamentalen Faktoren wieder mehr."Er spielt damit auf die Tatsache an, dass spekulative Investoren in den vergangenen Wochen massiv Geld aus den Rohstoffmärkten abgezogen haben, um Liquiditätsengpässe an anderer Stelle aufzulösen.

Bestellungen genau prüfen

Entscheidend für die weitere Preisentwicklung wird nach Wieks Worten auch sein, wie sich die Opec-Staaten auf ihrer Sondersitzung am 18. November in Wien verhalten werden. Entschließt sich die Gemeinschaft der größten Ölförderländer zu einer Drosselung der Produktion, dürfte sich das tendenziell eher preissteigernd auswirken.

Aber "auch die Opec kann keinen Ölpreis setzen", meint Klaus Picard, Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV). Entscheidend sei die Nachfrage. Der Ölpreis sinke schon seit seinem Höchststand Anfang Juli kontinuierlich, vor allem wegen schwächerer Nachfrage aus den Schwellenländern, besonders China, die bis zu 25 Prozent des täglichen Ölbedarfs bestimmten. Und die Rezessionsangst, meint Picard, werde weiter auf die Nachfrage drücken.

Verbraucherschützer raten Heizölkäufern unterdessen, ihre Bestellungen genau zu prüfen. Es sei notwendig, einen genauen Liefertermin zu vereinbaren. Grundsätzlich sollten Kunden immer ausdrücklich nach dem Endpreis inklusive aller Nebenkosten fragen, sagt Evelyn Keßler von der Verbraucherzentrale in Baden-Württemberg.

Es passiere immer wieder, dass Lieferanten nur den Netto-Preis nennen, oder dass auf der Rechnung beispielsweise eine Gefahrenzulage auftauche, von der vorher nie die Rede gewesen sei. Der Endpreis könne dann unabhängig vom Liefertermin vereinbart werden.

© SZ vom 16.10.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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