Münchner Immobilienmesse:Neu im Angebot

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Mehr Bauprojekte im Umland, mehr Selbstnutzer statt Kapitalanleger: Die Ausstellung in München zeigt, wie sich der Wohnungsmarkt in und um die Stadt gerade verändert. Bei den Preisen ist auch einiges in Bewegung.

Von Andreas Remien

Wohnanlage in München. In den höheren Preissegmenten müssen die Bauträger hier wieder mehr um Kunden werben. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Florian Forster ist zufrieden. Der Geschäftsführer der Agentur Acm veranstaltet an diesem Wochenende die Münchner Immobilien Messe (MIM), auf der vor allem private Bauträger ihre neuesten Wohnprojekte zeigen. Wer als Aussteller noch spontan eine Standfläche in der Kleinen Olympiahalle mieten wollte, hatte keine Chance. "Es gibt keinen Platz mehr", sagt Forster. Das war in den vergangenen Jahren nicht immer so. Das große Interesse der Wohnungsbauunternehmen an der Messe hat viel mit dem aktuellen Zustand des Münchner Immobilienmarktes zu tun. Es wird mehr gebaut, vor allem auch im Umland. Gleichzeitig führen die gestiegenen Preise dazu, dass sich selbst in München Wohnungen nicht mehr von allein verkaufen.

"Die Vermarktungszeiten werden länger", sagt Forster. Zwar ist es noch immer so, dass viele Käufer eine Neubauwohnung "vom Plan weg" kaufen, also zu einem Zeitpunkt, zu dem noch nicht einmal ein Bagger auf das Grundstück gerollt ist. Vor allem aber in den höheren Preissegmenten müssen die Bauträger wieder mehr um Käufer werben.

Erstaunlich ist das nicht. Denn der Münchner Markt hat sich, anders als von manchen Experten vorhergesagt, bisher nicht beruhigt. "Auch im vergangenen Jahr sind die Preise enorm gestiegen", sagt Heike Piasecki. Die Niederlassungsleiterin der Immobilienberatung Bulwiengesa analysiert seit Jahren den Münchner Wohnungsmarkt. In ihren Diagrammen lässt sich gut erkennen, was Münchner Käufer für eine Immobilie bezahlen: Blaue Balken stehen für Eigentumswohnungen, für die Käufer bis zu einer halben Million Euro gezahlt haben. Bis zum Jahr 2015 ist noch viel Blau zu sehen. Danach verschwindet es. Zu sehen sind nur noch die Balken, die für Wohnungen jenseits der Halbe-Million-Marke stehen. "Manche Wohnungsklassen gibt es einfach nicht mehr", sagt Piasecki.

Um den Markt zu entlasten, soll schneller, einfacher und höher gebaut werden

Zu tun hat dies natürlich mit den großen Rahmenbedingungen, allen voran dem niedrigen Zinsniveau. Das billige Geld macht den Wohnungskauf vergleichsweise günstig, außerdem sind andere Anlagen wie Bundesanleihen vergleichsweise unattraktiv. Es sind aber auch viele spezifische Münchner Variablen, die den Markt stark anheizen: Die Arbeitslosigkeit ist niedrig, die Kaufkraft groß, die Wirtschaft breit aufgestellt, der Freizeitwert hoch. In der Stadt gibt es viele potenzielle Käufer, die eine eigene Immobilie besitzen wollen und genug Eigenkapital auf dem Konto haben - oft mit einem Zuschuss von den Eltern. "Viele Erwerber in München sind nicht Kapitalanleger, sondern Selbstnutzer", betont Artur Riedl, Vertriebsleiter bei der Bayerischen Hausbau. Auch andere Bauträger berichten, dass immer mehr Käufer eine Wohnung kaufen, um selbst darin zu wohnen.

"Wir bauen Wohnungen für die Mitte der Gesellschaft", sagt Alexander Hofmann, Vorstandssprecher der Baywobau und Vizepräsident des Verbandes der Freien Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW Bayern). Das wird für die Bauträger allerdings immer schwieriger, weil Bauland extrem teuer ist. Wer heute ein Grundstück kauft, muss eine Wohnung später für circa 10 000 Euro pro Quadratmeter anbieten - in sehr guten Lagen noch deutlich mehr. Nicht nur für potenzielle Käufer, sondern auch für die Wohnungsbauunternehmen ist diese Entwicklung unerfreulich: Die Anzahl an Interessenten sinkt, das Risiko steigt.

"Um Druck aus dem Markt zu nehmen, muss vor allem mehr und schneller gebaut werden", fordert Hofmann. Ein großes Problem seien nach wie vor zu lange Genehmigungsverfahren. Oft vergehen mehrere Jahre, ehe eine Baugenehmigung vorliegt. Trotz der Versprechen der Stadt "haben sich die Verfahren bisher nicht beschleunigt", moniert Hofmann. Das Hauptproblem sei die große Anzahl der beteiligten Referate. "Wenn sich nur eines sperrt, passiert erst mal nichts", sagt Hofmann. Der BFW-Vizepräsident fordert daher, dass in Zukunft das Planungsreferat "den Hut aufhaben soll", also etwa entscheiden darf, wenn ein anderes Referat lange Zeit untätig bleibt.

Kritik üben die Bauträger auch an der geltenden Stellplatzsatzung, die den Bau von Parkplätzen vorschreibt. "Viele junge Leute haben heute ohnehin kein eigenes Auto mehr", sagt Hofmann. Muss beispielsweise eine zweite Tiefgaragenebene gebaut werden, kann dies ein Bauprojekt enorm verteuern. Der Baywobau-Chef fordert daher, die Anzahl der erforderlichen Parkplätze nicht pro Wohnung, sondern nach der Quadratmeteranzahl des Bauvorhabens zu berechnen. Wer also auf einer Fläche mehr kleinere statt großer Wohnungen baut, müsste dann nicht automatisch mehr Stellplätze anbieten.

"Wir brauchen außerdem eine Novellierung der Bauordnung", fordert Hofmann. Vor allem die Abstandsflächen müssten reduziert werden. Der von der Bundesregierung neu eingeführte Gebietstypus "urbanes Gebiet" erlaubt zwar Projektentwicklern, dichter zu bauen und Gewerbe und Wohnen einfacher in einem Gebäude zusammenzubringen. In der Praxis spielt das urbane Gebiet aber bisher nur eine kleine Rolle. Das liegt nach Auffassung der Unternehmen vor allem an den Lärmvorschriften. "Sie sind zu streng", sagt Hofmann, außerdem seien die Messverfahren nicht sinnvoll.

Weil die Grundstückspreise in München hoch und freie Flächen rar sind, zieht es immer mehr Bauträger ins Umland. "Auch auf der Messe werden viele Wohnungsprojekte aus der Metropolregion vorgestellt", sagt MIM-Veranstalter Forster. Während der typische Münchner Zugereiste eher männlich und zwischen 20 und 40 Jahre alt sei, "ziehen vor allem Familien raus", berichtet Analystin Piasecki.

© SZ vom 30.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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