Mietmarkt:Schwein haben

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In Deutschland leben circa 30 Millionen Haustiere. Vermieter und Nachbarn sind davon nicht immer begeistert. Was Mietern erlaubt ist - und wo die Tierliebe ihre Grenzen hat.

Von Berrit Gräber

Die einen lieben ihre süße Miezekatze, ihren Mops, ein Meerschweinchen. Andere sind ganz vernarrt in ihre Dogge, in Wellensittiche, Fische, Leguane, in ein Hausschwein. Ob mit Hund, Hamster oder Königsnatter: Etwa 40 Prozent aller Haushalte in Deutschland haben ein Haustier. Solange sie ihre Lieblinge in den eigenen vier Wänden halten, hat kaum jemand ein Wörtchen mitzureden. Im Mietverhältnis sieht das anders aus, wie Stefan Bentrop betont, Jurist beim Deutschen Mieterbund in Berlin. Mit genervten Nachbarn und dem Vermieter gibt es häufig tierisch Zoff um die Frage: Wann ist Haustierhaltung eigentlich verboten?

Was ein Kleintier ist, lässt sich in manchen Fällen nicht so leicht beantworten

Grundsätzlich können Mieter darauf bauen, dass Kleintiere immer erlaubt sind - ganz gleich, was im Mietvertrag steht. Grundlage dafür sind höchstrichterliche Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH). Als Kleintiere zählen beispielsweise Goldhamster, Schildkröten, Meerschweinchen, Zierfische, Zwergkaninchen, Mäuse, Wellensittiche und harmlose Echsen. Sie gehen in der Regel nicht im Treppenhaus spazieren und lärmen nicht. "Man geht davon aus, dass diese Tiere weder Schäden in der Mietwohnung verursachen noch Mitbewohner im Haus belästigen", sagt Bentrop. Wer seinen Hamster oder den Leguan artgerecht im Käfig hält und daheim nicht frei laufen lässt, braucht nicht extra das Okay des Vermieters einzuholen. Gleiches gilt für ungiftige Schlangen. Wer eine Königsnatter als Haustier toll findet: bitte schön. Der Vermieter muss das hinnehmen.

Gestritten wird immer wieder darüber, wie groß ein Kleintier eigentlich sein darf. Ein Golden Retriever oder eine Siamkatze gehören nicht mehr dazu. Ob winzige Hunde wie Chihuahuas noch als Kleintiere durchgehen, ist bei den Gerichten umstritten. Besitzer sollten sicherheitshalber ihren Vermieter fragen, ob er einverstanden ist. Yorkshire-Terrier sind zwar auch Hunde, aber wie Kleintiere in Mietwohnungen erlaubt - zur Freude ihrer Herrchen, die den Vermieter nicht um Erlaubnis bitten müssen. Die Yorkshires machen sich höchstens durch ein leises Krächzen bemerkbar und belästigen andere Hausbewohner nicht, wie das Amtsgericht Spandau befand (13 C 576/10).

Bei laut krähenden Zwerghähnen oder kreischenden Papageien stößt die Tierliebe dagegen schnell an Grenzen. Sie sind zwar nicht groß, machen aber ordentlich Lärm - und fallen deshalb nicht unter die erlaubten Kleintiere. Vermieter dürfen sie ablehnen. Probleme kann zudem kriegen, wer nicht nur einen Hamster oder eine Maus hält, sondern Dutzende. Oder nicht nur einen Wellensittich daheim hat, sondern Hunderte. Was das "übliche Ausmaß" an Kleintieren in der Wohnung sprengt, ist definitiv verboten.

Viele Mietverträge enthalten Klauseln, wonach Tierhaltung von vornherein untersagt ist. Ein generelles Verbot sei aber unwirksam, wie Bentrop betont. Gleiches gilt, wenn der Vermieter grundsätzlich keine Hunde oder Katzen im Haus haben will. Nach Ansicht des BGH wird ein Mieter unangemessen benachteiligt, wenn ihm pauschal die rote Karte gezeigt wird, was die Hunde- oder Katzenhaltung angeht (BGH VIII ZR 168/12).

Das bedeutet jedoch nicht, dass sich Mieter völlig sorglos auch größere Tiere anschaffen können. Denn: Vertragsklauseln, in denen Vermieter sich ihre Zustimmung zu Bello & Co. ausbedingen, sind sehr wohl zulässig. Konkret heißt das: Sie dürfen im Einzelfall abwägen und entscheiden, ob der Mieter etwa mit Hund und Katz einziehen darf - immer abhängig von der Art, der Größe, dem Verhalten und der Anzahl der Tiere. Oder von Zustand und Lage der Wohnung sowie nicht zuletzt von den berechtigten Interessen der Mitbewohner und Nachbarn. "Wer mit Dobermann kommt, dem sollte klar sein, dass er ihn ohne Erlaubnis des Vermieters nicht halten darf, weil es ein potenziell gefährliches Tier ist", erläutert Bentrop.

Die Aggressivität und Gefährlichkeit eines Kampfhundes können gewichtige Gründe sein, die Haltung in einer Wohnung zu verbieten. Gleiches gilt für ständiges Hundegebell, das die Nerven der gesamten Hausgemeinschaft strapaziert. Die rote Karte wird definitiv auch kassieren, wer zu viele Hunde in einer zu kleinen Wohnung hält. Zwei Schäferhunde im Ein-Zimmer-Apartment - diese Konstellation muss kein Vermieter der Welt absegnen. Ist das Nein des Eigentümers gerechtfertigt und wirksam, muss sich der Mieter daran halten und das Tier weggeben. Sonst riskiert er eine Unterlassungsklage, schlimmstenfalls die Kündigung wegen vertragswidrigen Gebrauchs. Grundsätzlich erlaubt ist das Halten eines Blindenhundes.

Aufgepasst: Wer in einem Mehrparteienhaus wohnt, in dem ein Nachbar schon eine Katze hält, sollte nicht automatisch davon ausgehen, dass der Vermieter Haustierhaltung generell erlaubt. Gleichbehandlung darf nur dort verlangt werden, wo auch die gleiche Situation gegeben ist. Ein Beispiel: Herr Maier aus dem Erdgeschoss darf einen Pekinesen in seiner Zwei-Zimmer-Wohnung halten. Will Frau Müller aus dem ersten Stock jetzt einen Rehpinscher in ihrer vergleichbaren Wohnung beherbergen, muss der Vermieter nicht zustimmen. Ablehnen darf er hingegen, wenn sie eine Dogge ins Haus holen will, wie die Stuttgarter Anwaltskanzlei Reichhardt & Schlotz erläutert.

Hat der Vermieter sein Einverständnis gegeben, kann er es nicht einfach widerrufen

Unbedingt genehmigungspflichtig sind exotische Tiere. Wer sich für Gift- oder Würgeschlangen begeistert, Riesenspinnen oder Skorpione in Haus oder Wohnung halten will, kann das nur mit dem ausdrücklichen Okay des Vermieters tun. Wegen Sicherheitsbedenken, möglicher Geruchsbelästigung oder Lärmstörung dürften die meisten jedoch abwinken. Wer auf die Idee kommt, mit einem Schwein die Wohnung zu teilen, braucht sich dagegen keinen großen Kopf zu machen. Ein Schwein geht tatsächlich als Haustier durch, wie das Amtsgericht Berlin-Köpenick entschied (17 C 88/00). Der Vermieter darf es nur dann verbieten, wenn Mitbewohner belästigt werden.

Hat ein Vermieter einmal seine Zustimmung für ein Haustier erteilt, kann er sie nicht einfach widerrufen. Nur bei triftigen Gründen ist das möglich. Zum Beispiel dann, wenn der Pekinese aus der ersten Etage ständig die Mieter anfällt. Oder der Bearded Collie aus dem zweiten Stock sich täglich mehrere Stunden die Seele aus dem Leib bellt, weil er allein zu Hause ist. Anderer Grund: Eine Katze löst allergische Reaktionen bei Mitbewohnern im Haus aus.

Stirbt das geliebte Haustier, das der Vermieter einmal genehmigt hatte, muss der Mieter nicht grundsätzlich noch einmal um Zustimmung bitten, wenn er sich einen Nachfolger zulegen will. Ein neuer Hund in vergleichbarer Größe ist nicht genehmigungspflichtig. Aber: War das Okay auf ein konkretes Tier beschränkt, muss der Mieter erneut um Erlaubnis fragen.

© SZ vom 02.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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