Makler:Der Sündenbock

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Sie gelten als überteuert und als Profiteure des Immobilienbooms. Verbands­chefin Sun Jensch erklärt das schlechte Image.

Interview von Oliver Herwig

SZ: Frau Jensch, Ihr Verband hat hohe Hürden für Neumitglieder. Warum?

Sun Jensch: Der IVD bemängelt, dass es für die Berufe des Immobilienmaklers und des Hausverwalters keinerlei gesetzliche Mindestanforderungen an Ausbildung und Sachkunde gibt. Die sind aber in Bezug auf Verbraucherschutz, Qualitätsanspruch und Ansehen unserer Branche dringend nötig. Deshalb setzt der IVD als Branchenverband eine umfangreiche Sach- und Fachkundeprüfung der Mitglieder als Aufnahmebedingung voraus. Außerdem benötigen die Mitglieder zwei Pflichtversicherungen, zudem wird eine lebenslange Weiterbildung abverlangt.

Was zeichnet gute Makler aus?

Dass sie eine fachkundige Ausbildung hinter sich haben - dazu fundierte Grundlagen zum Beispiel in Miet- und Gewerberecht sowie im Bürgerlichen Recht, beim Grundstückskaufvertrag, beim Wohn- und Teilbaurecht bis hin zum Erbbaurecht. Dazu kommt der Bauträgervertrag und alles, was mit dem Maklerrecht zu tun hat. Das alles muss ein Immobilienmakler wissen, sonst kann er Käufer und Verkäufer nicht kompetent beraten. Der Makler berät in der Regel ja beide Seiten.

In München wurden vor Kurzem Maklerbüros beschädigt. Sind Makler Sündenböcke für eine verfehlte Wohnungsbaupolitik?

Ja, der Makler wird oft zum Sündenbock gemacht. Was er aber nicht ist. Es gibt einfach zu wenig Wohnraum. Zudem: Makler werden seit fast 15 Jahren attackiert und in eine bestimmte Schmähecke gestellt. Bei Umfragen zur Immobilienbranche wird immer der Makler genannt. Die Branche ist aber vielfältiger. Weil wir Wohnungsmangel haben, wird immer wieder schnell behauptet, der Makler sei schuld daran oder sei der Nutznießer. Unfug, zu kurz gedacht.

Aber Immobilienmakler sind doch Profiteure des Immobilienbooms.

Nein, eher andersherum. Die Immobilie hat wieder eine Bedeutung bekommen. Sie war politisch über Jahrzehnte nicht im Fokus, es sei denn, es ging um Existenzgründerzentren oder Krankenhäuser. Aber die normale Wohnimmobilie hatte überhaupt keine Lobby. Jetzt besitzt sie eine solche Bedeutung, weil wir kaum andere Anlagemöglichkeiten haben. Deshalb kam in den letzten zehn Jahren ein Wahnsinnsrun auf Immobilien zu. Die Branche war überrumpelt und musste liefern. Die Konsequenzen spüren wir noch heute, weil politisch viel zu wenig Fokus auf den Wohnungsbau gelegt worden ist. "Profiteure" ist daher der falsche Ausdruck, die Immobilienbranche wurde einfach stärker nachgefragt.

Warum braucht es für den Wohnungsmarkt überhaupt Immobilienmakler?

Weil sie der Vermittler sind zwischen Verkäufer und Käufer. Oder eben zwischen Vermieter und Mieter. Und das leben sie in der Praxis auch wirklich und ehrlich. Sie beraten zwischen beiden.

Und wie geht das?

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wenn eine ältere Dame ihr Haus verkaufen will oder muss oder ein Kapitalanleger, der in seinem Leben eine einzige Wohnung gekauft hat, sie vermieten will, sind diese Menschen in der Regel unerfahren. Der ausgebildete Makler kommt mit all seiner Kompetenz und seinem Vermittlungsgespür und berät beide Seiten. Das ist nicht zu unterschätzen. Wer seine persönliche, selbstbewohnte Immobilie verkaufen will oder muss, ist oft nicht der beste Verhandler. Das ist der Makler, wenn er die richtige Kompetenz mitbringt.

Kommen wir zu den Kosten. In anderen Ländern gibt es andere Vergütungsmodelle. Bei uns sind es bis zu 7,14 Prozent beim Immobilienkauf, Dänemark kennt nur einen Bruchteil davon. Wie lässt sich diese Differenz rechtfertigen?

Es ist ein Trugschluss zu glauben, die Holländer, Dänen oder Amerikaner, die für zwei Prozent makeln, hätten keine weiteren Nebeneinnahmen. Bei den Provisionen gibt es eine Teilung, beide Seiten zahlen. Dazu kommen Leistungen, die bei uns dazugehören, wie zum Beispiel die Erstbewertung, das Exposé, die Besichtigung, die Übergabe sowie die Vertragsausgestaltung für den Notarvertrag oder die Finanzierungsberatung. Und das alles wird extra honoriert.

Kann man mit einem Makler verhandeln?

Das ist möglich, wir haben ja keine Gebührenordnung in Deutschland, sondern eine sogenannte Ortsüblichkeit. Diese ist in den Bundesländern ganz unterschiedlich ausgestaltet. Nur in Berlin, Brandenburg, Hamburg und in Teilen von Hessen zahlt der Käufer die Provision, wobei auch dort etwas anderes verhandelt werden kann. In anderen Ländern wie Bayern teilen sich Käufer und Verkäufer die Provision in der Regel.

Müssen Makler eigentlich die geborenen Netzwerker sein und dafür in den Golfclub gehen?

Bis vor fünf Jahren waren Netzwerkfähigkeiten wirklich wichtig. Draußen am potenziellen Kunden zu sein war das A und O. Heute kann der Makler im Wesentlichen das Geschäft professionell über digitale Welten aufbauen, zumindest, um zu vermarkende Immobilien in den Vertrieb zu geben.

Und dann?

Dann kommt der menschliche Kontakt hinzu. Der ist wichtig, denn niemand lässt sich komplett übers Internet informieren. Menschen wollen sich beraten lassen.

© SZ vom 31.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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