Märkte:Das fängt ja gut an

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Der Start ins Börsenjahr verläuft ruppig und rau - doch die Experten sind gar nicht mal so skeptisch.

Harald Freiberger

Die Verlustserie dauerte so lange, dass es schon unheimlich wurde. Sieben Handelstage in Folge, vom 7. bis zum 15. Januar, schloss der Deutsche Aktienindex (Dax) im Minus. Erst am Freitag überlegten es sich die Börsianer anders und kauften endlich wieder Aktien; das Börsenbarometer legte bis 15 Uhr um 2,1 Prozent zu. "Eine so lange Folge von schlechten Börsentagen ist völlig ungewöhnlich", sagt Jens Erhardt, Gründer der Münchner Vermögensverwaltung DJE Kapital. In den vergangenen zehn Jahren kam das erst zweimal vor: im März 2007 und im Januar 2008.

Nach einer Serie von sieben Handelstagen in Folge, an denen der Dax im Minus geschlossen hat, sehen die Börsianer der weiteren Entwicklung skeptisch entgegen. (Foto: Foto: ddp)

Alle negativen Vorhersagen für das Börsenjahr 2009 scheinen sich zu bestätigen. Schließlich ist der Dax schon wieder mit mehr als zehn Prozent im Minus, kaum dass das Jahr begonnen hat. Bange fragen sich die Anleger, ob das wohl so weitergeht. Die Antwort: Es hängt nicht immer auf eine Seite, der Dax wird sich wieder erholen. Die Experten erwarten eine turbulente Zeit mit starken Schwankungen nach oben und unten; mancher sieht den deutschen Aktienmarkt bis Jahresende sogar kräftig steigen.

Erinnerungen an 1932

"Schwankungen von 20 bis 30 Prozent im Börsenindex werden in diesem Jahr Normalität sein", sagt Jens Erhardt voraus. Er vergleicht 2009 mit 1932, als die Große Depression auf dem Höhepunkt war. Damals sei es bis Mitte des Jahres stark nach unten gegangen und dann bis Jahresende wieder um 100 Prozent nach oben. "Der Dax könnte nach starken Schwankungen am Jahresende wieder dort stehen, wo er sich jetzt befindet, oder auch leicht darunter", prophezeit der Vermögensverwalter.

Obwohl er diese Vorhersage wagt, sagt Erhardt: "Ich habe mich in meinem 40-jährigen Berufsleben noch nie so schwer getan mit einer Prognose." Die Lage ist unübersichtlich: Einerseits steckt die Weltwirtschaft in der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, andererseits ist noch nie soviel Staatsgeld zur Ankurbelung der Konjunktur in die Weltwirtschaft gepumpt worden. Einerseits haben professionelle und private Anleger enorm viel Geld flüssig - die Liquiditätsquote beträgt 40 Prozent -, andererseits trauen sich die meisten Investoren noch nicht auf den Aktienmarkt. Die Lage ist ihnen viel zu unsicher in Zeiten, da besonders bei Banken eine Horrornachricht auf die andere folgt. In der vergangenen Woche meldeten Deutsche Bank und Citigroup hohe Milliardenverluste, bei der Postbank drückte die teure Übernahmelösung mit der Deutschen Bank enorm auf den Aktienkurs.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Welche Branchen laufen und um welche Anleger lieber einen Bogen machen sollten.

Trotz dieser Ungewissheit - ganz aussichtlos ist die Lage an der Börse nicht. Gottfried Heller, Gründer der Münchner Depotverwaltung Fiduka, sieht die Aussichten für die Wirtschaft 2009 zwar miserabel, jene für die Börse aber gar nicht so schlecht. Auch er erwartet im Jahresverlauf starke Schwankungen, kann sich aber vorstellen, dass es ab Mitte des Jahres merklich nach oben geht. "Die US-Wirtschaft ist bereits seit Ende 2007 offiziell in der Rezession", sagt er.

Mit einem Klick auf diese Graphik sehen Sie die Verlustserie des Deutschen Aktienindexes in den vergangenen Tagen. (Foto: Graphki: SZ)

Ab Ende 2009 rechnet er mit einer Konjunkturwende, und die Börsen nähmen diese um sechs bis neun Monate vorweg. Deshalb sagt er voraus, dass die Börsen auf Jahressicht um 20 oder gar 30 Prozent steigen könnten. Wichtig ist es dabei zu erwähnen, dass Heller als notorischer Optimist gilt, der allerdings mit seinen Prognosen häufig richtig lag. Schon vor zwei Jahren etwas sagte er voraus, dass auf dem amerikanischen Immobilienmarkt und bei Hedgefonds, eine Zeitbombe tickt.

Baukonzerne und Ausrüster als Gewinner

Welche Branchen könnten an der Börse in Zukunft laufen, um welche sollten Anleger einen weiten Bogen machen? Erhardt sieht die Automobilunternehmen kritisch, sie brauchten trotz Abwrackprämie wohl Jahre, bis sich ihre Absatzzahlen wieder nachhaltig verbesserten. Heller misstraut besonders der Bankenbranche. Einig sind sich beide Experten darin, dass jene Aktien zu den Gewinnern gehören könnten, deren Unternehmen von den staatlichen Konjunkturprogrammen profitieren, also Baukonzerne wie Hochtief und Bilfinger Berger oder deren Ausrüster wie Caterpillar.

Der Fiduka-Gründer macht schon die nächste Blase aus: bei den Staatsanleihen, in die Anleger zuletzt geflüchtet sind. Wenn die Notenbanken bei einer Konjunkturwende die Zinsen erhöhen, werde die Inflation deutlich steigen, dann müssten die Staaten auch weit höhere Zinsen für ihre Anleihen zahlen - und das drücke auf den Kurs. Wer die Anleihe dann vorzeitig verkaufen wolle, müsse hohe Kursverluste hinnehmen. Heller lässt in seinem Depot deshalb derzeit die Finger von Staatsanleihen.

© SZ vom 17./18.01.2009/saf/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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