Luxuswohnungen:Autohaus

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Porsche baut Hochhäuser mit Aufzügen für Pkws. Auch andere Firmen nutzen ihre Marke, um Wohnungen zu vertreiben. Für Käufer sind die Immobilien ein teures Vergnügen.

Von Stefan Mayr

Dass Porsche schnelle Sportwagen baut, weiß jedes Kind. Dass es auch Sonnenbrillen, Uhren und Koffer mit dem Schriftzug der Firma gibt, wissen zumindest autoaffine Männer. Aber Hochhäuser? Das ist relativ neu, obwohl zurzeit in Stuttgart bereits der zweite "Porsche Design Tower" hochgezogen wird. In Miami steht schon einer, mit 60 Etagen und 132 Luxuswohnungen direkt am Strand. Und mit drei (!) Aufzügen, die die reichen Käufer mitsamt ihren Autos bis ins Wohnzimmer hochtransportieren, wo sie ihren Schlitten einparken können. Auf Wunsch auch in einer gläsernen Garage, in Sichtweise zur Einbauküche "Porsche P 3740" für etwa 100 000 Euro.

Klingt extravagant bis verrückt. Ist unter den sehr, sehr reichen Menschen dieser Welt aber ein schon seit Längerem gut eingeführtes Phänomen: Branded Residences. Frei übersetzt heißt das: Wohnen in einer Marke. Oder, wie die Bewohner in Florida ihren Freunden zurufen: Besuch mich im Porsche. Fast jede Wohnung ist mit Pool und einer Outdoorküche auf dem Balkon ausgerüstet. Zum Service gehört ein Fahrzeug-Concierge, der das gute Stück bei Bedarf wäscht und saugt. Das Drive-in-Penthouse im obersten Stockwerk - Verhandlungsbasis 30 Millionen Euro - war zwar bei der Eröffnung des 198-Meter-Turms im Frühling 2017 noch nicht verkauft. Dennoch spricht Jan Becker von einem "sehr großen Erfolg". Der 49-jährige Betriebswirt ist Chef von Porsche Design, einem Tochterunternehmen des Stuttgarter Sportwagenherstellers, und kann sich gut vorstellen, weitere derartige Wolkenkratzer in die Welt zu stellen. "Wir werden diesen Ansatz und dieses Geschäftsfeld weiter verfolgen."

In Miami steht schon ein Porsche-Hochhaus. Nun sollen noch mehr Gebäude entstehen. (Foto: Porsche Design)

Er denkt da vor allem an Asien: "Wir können uns da langfristig sicherlich Projekte vorstellen." Gespräche laufen bereits, sagt er, "wir wollen bei der Auswahl der Partner aber behutsam vorgehen."

Zum Service gehört auch ein Concierge, der das Auto wäscht

Denn wo Porsche draufsteht, soll auch Porsche drin sein, darauf achtet Becker sehr: "Wir legen großen Wert auf einen reduzierten und funktionalen Stil." Das Designkonzept für Innen- und Außenbereiche basiere auf der Porsche-Philosophie, zumindest alle öffentlichen Bereiche müssten der "Designsprache" seines Hauses entsprechen, betont Becker. Dabei zieht der Autobauer die Gebäude nicht selbst hoch - er lässt hochziehen. Porsche Design, das in Ludwigsburg bei Stuttgart sitzt und im Handelsregister unter Porsche Lizenz- und Handelsgesellschaft mbh & Co. KG firmiert, vergibt die Lizenz zum Bauen an Projektentwickler, die auch die Vermarktung übernehmen. Porsche Design kassiert für die Umsätze durch Vermietung oder Verkauf prozentuale Lizenzgebühren, wie Jan Becker verrät. Zahlen nennt er zwar nicht, aber es ist klar, dass sich das nur in den hochpreisigsten Bestlagen dieses Globus rechnet.

Porsche ist nicht der erste Anbieter von Marken-Residenzen. In Surfside, einem Vorörtchen von Miami, spiegelt sich seit 2016 das Fendi Chateau im nahen Atlantik und in zwei Pools, die natürlich den Bewohnern vorbehalten sind. Im Londoner Zentrum erhebt sich der 50-stöckige Versace-Tower. Auch die Hotelketten Four Seasons und Mandarin Oriental haben in der englischen Hauptstadt ähnliche Residenzen eröffnet. Die Preise sind auch hier für die meisten Menschen eher unbezahlbar: Das Ein-Zimmer-Apartment im Versace-Bling-Bling-Türmchen kostet etwa 850 000 Euro. Für die Maisonette in der obersten Etage dürfen es schon 15 Millionen sein.

Mit dem Sportwagen in die Wohnung: Das Gebäude in Miami hat drei Autoaufzüge. (Foto: Porsche Design)

Nach Angaben des US-amerikanischen Immobilienkonzerns JLL gibt es weltweit mehr als 400 Markenresidenzen mit etwa 55 000 Wohnungen. Bevorzugt befinden sich diese Projekte in der Nähe von Touristenattraktionen oder in wichtigen Drehkreuz-Metropolen. Die meisten derartigen Häuser - etwa ein Drittel - stehen in den USA, wo dieses Konzept auch einst von Hotelkonzernen eingeführt wurde. Vier Fünftel des Marktes werden von Hotelgruppen kontrolliert. Weltmarktführer in dem Nischenmarkt für Ultrareiche ist die Hotelkette Marriott - mit knapp 100 solcher Immobilien im Bestand und weiteren 70 in der Planung. Einige dieser Residenzen werden unter dem Label des italienischen Luxusjuweliers Bulgari vermarktet. Die Hotelkette Vier Jahreszeiten folgt auf Rang zwei mit etwa 30 Angeboten. Porsche Design sieht in seinem flott-glitzernden Ausflug ins Immobiliengeschäft nicht nur eine schnöde Geldquelle, wie Jan Becker betont. Vielmehr soll sich das Engagement auch auf die Marke Porsche auswirken: "Mit Immobilien können wir die Marke in andere Bereiche transportieren." Einerseits seien solche Gebäude "relativ prominent", andererseits böten sie "eine Reihe von Möglichkeiten, um unsere Design-Philosophie einem größeren Publikumskreis zugänglich zu machen."

So glänzt der Porsche Design Tower Miami nicht nur durch seine Auto-Aufzüge, sondern dominiert mit seiner dunklen 200-Meter-Fassade auch von Weitem Strandansicht und Skyline.

Der Porsche Tower in der Heimatstadt Stuttgart wird mit 90 Meter Höhe und 23 Etagen nicht nur viel kleiner als sein großer Bruder werden, sondern auch innen weniger protzig daherkommen. Kein Autoaufzug, kein Millionen-Drive-in-Penthouse. Baden-Württemberg ist eben nicht Florida, und die Heilbronner Straße ist nicht Sunny Isles Beach.

Auch in Stuttgart will Porsche ein Hochhaus bauen lassen. Mit 90 Metern Höhe wird das Gebäude aber deutlich kleiner als der Tower in Miami. (Foto: Porsche Design/Moka-studio)

Im Stuttgarter Turm werden in den unteren neun Geschossen Büroräume eingerichtet. Die oberen Etagen bezieht die Hotelkette Radisson Blu. Zu Füßen des äußerlich nicht minder schicken Towers wird 2022 die neue Porsche-Niederlassung Stuttgart eröffnen, die sich derzeit noch auf dem Werksgelände im nahen Stadtteil Zuffenhausen befindet. 2023 sollen dann die Büros und Hotelzimmer bezugsfertig sein. Der Bau sei im Zeitplan, betont Jan Becker. Wegen der Corona-Pandemie musste der Spatenstich zwar ausfallen, doch der Erdaushub geht ohne Verzögerung voran.

Auch andere Firmen bauen sogenannte "branded residences"

Große Verspätung hat dagegen der geplante Porsche Design Tower in Frankfurt/Main. Nach der ursprünglichen Planung sollte der Wohnturm im Europaviertel schon 2018 bezugsfertig sein. Die Baugenehmigung liegt vor, 80 Meter Höhe, 250 Wohneinheiten, 230 Parkplätze inklusive Automatikgarage mit Autofahrstuhl. Dennoch ist zurzeit sogar fraglich, ob er überhaupt jemals gebaut werden wird. Denn der bisherige Partner von Porsche hat sich entschieden, das Projekt weiterzuverkaufen. Ohne bislang einen Käufer gefunden zu haben. Und jetzt? "Selbstverständlich würden wir uns freuen, wenn der Porsche Design Tower Frankfurt in Zusammenarbeit mit einem neuen Projektentwickler umgesetzt wird", sagt Jan Becker. Er bleibt optimistisch, obwohl bereits vor der Corona-Krise über ein Überangebot an Luxusimmobilien in Frankfurt geraunt wurde. Die Pandemie macht eine Realisierung nicht gerade wahrscheinlicher.

In München plant die Hotelkette Mandarin Oriental eine ähnliche Marken-Residenz. Auch hier ist offen, ob das Coronavirus die Realisierung verzögert. Ursprünglich war vorgesehen, dass bereits 2021 zwischen Hofbräuhaus und Kammerspielen die ersten sechs von 19 exklusiven Penthäusern der Marke "Residences at Mandarin Oriental" eröffnen. Diese sollen als Eigentumswohnungen verkauft werden. Zudem sind 51 weitere Gästezimmer und etwa 800 Quadratmeter Einzelhandel sowie ein Restaurant mit Bar, ein Spa- und Fitnessbereich mit Swimmingpool und Tiefgaragenplätze geplant. Das Grundstück befindet sich in Nachbarschaft zum bereits geöffneten Fünf-Sterne-Hotel Mandarin Oriental und soll mit diesem durch einen unterirdischen Tunnel verbunden werden - auf dass die Bewohner die Angebote des Hotels (Restaurant, Pool etc.) nutzen können. Derzeit steht auf dem Areal an der Hildegardstraße noch das sogenannte Fina-Parkhaus. Es darf erst abgerissen werden, wenn der Münchner Projektentwickler Wöhr + Bauer in der Umgebung anderweitig Parkplätze geschaffen hat. Danach kann der Bau beginnen - und die Vermarktung unter all jenen, die keine Geldsorgen haben.

© SZ vom 11.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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