Libyen:Angst um die Mitarbeiter

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Die Unruhen in Libyen sorgen für Verwerfungen am Ölmarkt: Der Preis für die Nordseesorte Brent liegt mittlerweile auf dem höchsten Stand seit 2008. Mehrere Konzerne fliegen unterdessen ihre Mitarbeiter aus.

Die Unruhen in Libyen lassen die Ölhändler hektisch werden: Der Preis für ein Fass Nordseeöl der Sorte Brent stieg um über zwei Prozent auf 104,60 Dollar und lag damit so hoch wie seit September 2008 nicht mehr. Die Sorte WTI kostete mit 88,27 Dollar ebenfalls 2,4 Prozent mehr als am Freitag.

Öl-Exporte dominieren mit 95 Prozent der Einnahmen die libysche Wirtschaft. (Foto: AP)

BP hatte zuvor angekündigt, dass alle Vorbereitungen auf Testbohrungen für Öl und Gas im Westen Libyens eingestellt werden sollten. Im Osten des Landes hat ein Stammes-Anführer gedroht, die Ölexporte zu behindern, sollte die Regierung weiter Demonstrationen gewaltsam verhindern.

Ein auf längere Sicht steigender Ölpreis könnte sich als größere Gefahr für die Konjunktur erweisen. "Wenn eine echte Ölverknappung käme, würde es einen erheblichen Dämpfer geben", sagte Gernot Nerb, Konjunkturexperte beim Ifo-Institut.

Deutschlands drittwichtigster Erdöllieferant

Unterdessen haben Ölfirmen wie die BASF-Tochter Wintershall, RWE oder die österreichische OMV schon Mitarbeiter nach Hause geholt. "Angesichts der momentanen Entwicklung in Libyen ermöglicht es Wintershall ihren internationalen Mitarbeitern, gemeinsam mit Angehörigen nach Deutschland zu fliegen", erklärte ein Unternehmenssprecher. Davon betroffen seien rund 130 Personen.

Das Büro in Tripolis bleibe vorübergehend unbesetzt, eine kleine Kernmannschaft bleibe jedoch vor Ort. Auch die Produktion der acht Ölfelder, die Wintershall vor Ort mit dem libyschen Partner National Oil Corporation (NOC) betreibt, wird von den Massenprotesten gegen Machthaber Muammar al-Gaddafi beeinträchtigt.

"In Abstimmung mit der libyschen National Oil Corporation werden derzeit Vorbereitungen getroffen, die Ölförderung sicher herunterzufahren", sagte der Sprecher. Ob die Anlagen teilweise oder ganz heruntergefahren würden, sei noch nicht klar.

Drittwichtigster Öl-Lieferant Deutschlands

Libyen ist für Wintershall ein wichtiger Standort, das Unternehmen produziert dort pro Tag bis zu 100.000 Barrel Öl. Auch OMV, RWE und andere Konzerne fliegen ihre Mitarbeiter aus dem Land aus.

Libyen ist Deutschlands drittwichtigster Erdöllieferant. Als Abnehmer für libysches Öl steht die Bundesrepublik mit 12,8 Prozent an zweiter Stelle hinter Italien (40 Prozent). Auch für andere Staaten Europas hat die seit 1969 von Muammar al-Gaddafi beherrschte "Sozialistische Libysch-Arabische Volks-Dschamahirija" (Herrschaft der Massen) zunehmend Bedeutung als Handelspartner gewonnen.

Öl-Exporte dominieren mit 95 Prozent der Einnahmen die libysche Wirtschaft. Die nachgewiesenen Erdölreserven wurden Ende 2009 mit 44,3 Milliarden Barrel (je 159 Liter) angegeben. Deutschland bezog 2009 Importe aus Libyen für 2,8 Milliarden Euro.

Deutsche Exporte - meist Maschinen, Industrieanlagen und Elektrotechnik - betrugen 1,3 Milliarden Euro. Das Verhältnis des Westens zu Libyen war lange durch die Verstrickungen des nordafrikanischen Landes in den internationalen Terrorismus belastet.

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