Kurfürstendamm:Berlin baut um

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Am Kudamm-Karree entstehen neue Gebäude, ein altes Hochhaus wird saniert. In den Gebäuden sollen später 3500 Menschen arbeiten. Visualisierung: Cells Group (Foto: Cells Group)

Der Ku'damm ist eine der prominentesten Adressen Deutschlands. Wie sich der Boulevard verändert.

Von Lars Klaaßen

Ein "verstecktes" Hochhaus, das mit seinen 102 Metern von den umliegenden Straßen aus nicht zu sehen ist: Mit dieser baulichen Kuriosität des alten West-Berlins wird es bald vorbei sein. Am einst prominenten und zuletzt in die Jahre gekommenen Kudamm-Karree sind auf einer der größten Baustellen Berlins derzeit die Bagger im Einsatz. Der verschachtelte Gebäudekomplex aus den Siebzigerjahren wird zu großen Teilen abgerissen. Private Investoren errichten an der Stelle Neubauten, das Hochhaus wird saniert. Es ist nicht das einzige Projekt in einer der prominentesten Straßen Deutschlands. Nach dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich die vornehme Wohnstraße immer mehr zum bürgerlichen Boulevard. An vielen Stellen bekommt die Straße nun abermals einen neuen Charakter.

In dem neuen Quartier entsteht ein Parkhaus für tausend Fahrräder

Am Kudamm-Karree sollen etwa 98 000 Quadratmeter Gewerbefläche neu entstehen. Die Investoren haben dem Vorhaben den Namen "Fürst" gegeben. Am Kurfürstendamm wird die bisherige Blockrandbebauung aufgebrochen, der 102-Meter-Turm wird also künftig zu sehen sein - dann mit neuer Fassade und Dachkrone. "Aus dem versteckten und verwinkelten Kudamm-Karree wird ein öffentlicher Raum", heißt es dazu beim Projektentwickler Cells Group. Die Arbeiten für den ersten Bauabschnitt in der Uhlandstraße laufen seit Februar 2018 und sollen im vierten Quartal 2019 abgeschlossen sein. Für den zweiten Bauabschnitt ist die Fertigstellung für Ende 2022 vorgesehen. Neben Büros wird es auch Flächen für Geschäfte, Restaurants, ein Hotel und andere Betriebe geben. Die Dimensionen sind außergewöhnlich. "Insgesamt werden in den Gebäuden etwa 3500 Menschen arbeiten können", sagt Norman Schaaf, einer der Geschäftsführer der Cells Group.

Zu den neuen Nutzern zählt unter anderem der Coworking-Anbieter rent24. Manche vorherigen Mieter bleiben. So wird das Museum "Story of Berlin" in den alten Bunkerräumen aus der Nachkriegszeit auch weiterhin über 800 Jahre Berliner Stadtgeschichte informieren, aber mit einem modernisierten Ausstellungskonzept. Das Parkhaus an der Uhlandstraße schließlich wird nicht nur Platz für 800 Pkw bieten, sondern auch bis zu 1000 Fahrräder unterbringen - und damit eines der größten Fahrradparkhäuser Berlins sein. Das Architekturbüro Kleihues + Kleihues hat das "Fürst" entworfen.

Die Um- und Neubauten sind nur eines von vielen Projekten der vergangenen Jahre am Ku'damm. Der Startschuss für die Neugestaltung fiel schon 1997, mit dem Baubeginn des Neuen Kranzler-Ecks mit dem berühmten Café Kranzler. Von 1998 bis 2001 folgten dann der Abriss und Neubau des Kudamm-Ecks. Danach blieb es am Kurfürstendamm erst mal lange ruhig. Erst in den vergangenen Jahren ging es rund um die Gedächtniskirche in die nächste große Runde: Das gesamte denkmalgeschützte Ensemble rund um das Bikini-Haus wurde 2014 neu gestaltet, es folgten mit dem Zoofenster und dem Upper West zwei Hochhäuser, beide knapp 120 Meter hoch.

2015 schließlich wurde das Leineweber-Haus abgerissen, vor allem bekannt durch das dortige Beate-Uhse-Erotikmuseum. Im vergangenen Jahr eröffnete an dieser Stelle das "Zoom", ein Gebäudekomplex inklusive Einkaufszentrum, Büros und gastronomischen Betrieben. Bald schon soll zudem ein neues Bürogebäude das Huthmacher-Haus gegenüber vom Bahnhof Zoo ersetzen.

Manche Hinterhöfe werden mit neuen Wohnhäusern bebaut

Vor allem Unternehmen finden die Lage wieder schick. Die City West werde seit einigen Jahren zunehmend als Spitzenadresse auf dem Berliner Büroimmobilienmarkt wahrgenommen, sagt Marcus Buder, Leiter des Geschäftsbereichs Gewerbliche Immobilienfinanzierung bei der Berliner Sparkasse. "Die Renaissance der City West als Handels- und Geschäftszentrum ist bereits in vollem Gange, und die Aussichten für die weitere Entwicklung sind gut."

Mit Büros und Geschäften ist es rund um den Kurfürstendamm aber nicht getan. "Das Quartier ist als Wohngegend sehr gefragt", sagt Sebastian Fischer, Vorstand der Primus Immobilien AG. Als Projektentwickler und Bauträger hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren eine Reihe von Wohnhäusern in der City West errichtet. "Die bunte Mischung aus Büro, Shopping, kulturellen wie gastronomischen Angeboten und Wohnen macht die Gegend um den Ku'damm so interessant, das komplette Angebot einer Stadt ist auf kurzen Wegen miteinander verbunden."

Wo Prada & Co. residieren, zieht es auch Leute mit Geld hin. Aber für neue Wohnhäuser gibt es kaum Platz. Immobilien aus den Nachkriegsjahrzehnten werden abgerissen. Die Neubauten werden teilweise größer, die Grundstücke nachverdichtet. Wo genügend Platz im Hof ist, entsteht dann ein "Atelierhaus". "Die Zeiten, in denen Wohnungen im Hinterhof als eher unattraktiv angesehen wurden, sind längst vorbei", betont Fischer.

Wie schon in früheren Epochen geht der Trend heute in Richtung Luxus: Teure Materialien, hohe Räume, smarte Haustechnik und Pkw-Aufzüge in der Tiefgarage sind Teil des Programms. Namen wie "105 Park Residences", "Haus Saxonia", "Faisan 63" und "Stadthaus Hugo" sollen unterstreichen, dass es eher etwas schicker (und teurer) wird.

© SZ vom 11.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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