Kommentar:Einfach ungerecht

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Es mag manche gute Gründe dafür geben, dass Investoren keine Grunderwerbsteuer zahlen müssen. Doch Share Deals sind seit einigen Jahren vor allem eines: Ein legaler Steuertrick. Es ist daher wichtig und richtig, die gängige Praxis zu beenden.

Von Andreas Remien

Ja, es gibt auch gute Gründe, Anleger von der Grunderwerbsteuer zu befreien. Doch der sogenannte Share Deal ist seit einigen Jahren vor allem eines: ein ganz legaler Steuertrick. Eigentümer tarnen ihre Immobilie als Unternehmen, damit beim Verkauf keine Grunderwerbsteuer anfällt. Das Geld fehlt am Ende der Staatskasse, also der Allgemeinheit. Auch deshalb ist es richtig, dass die Bundesregierung die geltenden Regelungen ändern will. Sie muss das behutsam tun, um im verfassungsrechtlichen Rahmen zu bleiben. Der Vorschlag der Finanzministerkonferenz vom vergangenen Jahr ist daher ein erster, richtiger Schritt.

Viele Vertreter der Immobilienwirtschaft sehen das anders, doch ihre Argumente sind dünn. Warum es dem Standort Deutschland schaden sollte, wenn etwas weniger mit Bürotürmen und Wohnungen spekuliert werden sollte, bleibt jedenfalls das Geheimnis der Branchenverbände. Und fast schon dreist ist es, wenn sich ausgerechnet renditeorientierte Anleger als Anwälte der Mieter gerieren. Gäbe es keine Share Deals mehr, so die Logik, müssten Investoren mehr zahlen und die Mehrkosten auf die Miete umwälzen. Das verkennt, dass viele solcher Deals in Zukunft wahrscheinlich gar nicht mehr zustande kommen würden - zumindest nicht zu den extrem hohen Preisen, die derzeit (noch) bezahlt werden. Kommt es nicht zu einem Verkauf, ist das für Mieter ohnehin in der Regel die bessere Nachricht. Dann gibt es nämlich keinen neuen Eigentümer, der die Kosten für sein teures Investment irgendwie wieder reinholen muss.

Für Mieter ist es ohnehin oft die bessere Nachricht, wenn die Immobilie nicht verkauft wird

Werden Share Deals erschwert oder verhindert, dann werden das allenfalls jene Marktteilnehmer spüren, denen es ohnehin derzeit blendend geht. Mancher Verkäufer wird seinen Wunschpreis nicht mehr erzielen können, mancher Investor etwas mehr zahlen, mancher Gewerbemakler auf eine Provision verzichten müssen, mancher Berater weniger beraten dürfen. Unattraktiver wird das Geschäft vor allem für jene, die Immobilien "schnell drehen", also kaufen, um sie nach kurzer Zeit mit Gewinn wieder zu verkaufen. Kaum Auswirkungen hätte die Verschärfung der Regelung dagegen für Käufer, die langfristig denken - für sie spielt ein etwas höherer Einkaufspreis nur eine untergeordnete Rolle.

Auf der anderen Seite steht mit der Gerechtigkeit ein Wert, der viel bedeutender ist als ein Renditeversprechen oder Details im Steuerrecht. Es ist der Gesellschaft schwer vermittelbar, dass eine Familie für den Kauf einer Wohnung Grunderwerbsteuer zahlen muss, während sich der Investor mit dem Share Deal an der Verpflichtung vorbeitrickst. Das ist ungerecht. Noch dazu in einem überdrehten Markt, in dem die Immobilienbranche Jahr für Jahr neue Rekordumsätze meldet, der ganz normale Käufer oder Mieter aber nicht mehr weiß, wie er sich sein Zuhause leisten kann. Manche Bundesländer sollten daher auch die Grunderwerbsteuer (wieder) absenken. Bis zu 6,5 Prozent sind einfach zu viel - sowohl für den privaten Käufer als auch den Anleger. Wäre die Steuer niedriger, würden auch weniger Investoren zum Share Deal greifen.

© SZ vom 01.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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