Klimaschutz:Neues Gesetz, alte Standards

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Die geplanten Gebäudeenergieregeln könnten im Sommer 2019 in Kraft treten. Für die Umwelt bringen sie jedoch kaum Verbesserungen, monieren Kritiker. Bleibt die Frage, was die EU dazu sagt.

Von Ralph Diermann

Seit fast zwei Jahren ringt die große Koalition nun schon um ein neues Gesetz, das die EU-Vorgaben für Energieeffizienz und Klimaschutz im Immobiliensektor in nationales Recht gießt. Jetzt ist sie fast am Ziel: Das Wirtschafts- und das Bauministerium haben einen Referentenentwurf für ein Gebäudeenergiegesetz (GEG) vorgelegt, welches das derzeit geltende Paket aus Energieeinspargesetz (EnEG) und -verordnung (EnEV) sowie Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) ersetzen soll. Eine schnelle Verabschiedung im Kabinett vorausgesetzt, könnte das Gesetz im Sommer 2019 in Kraft treten.

Die wichtigste Nachricht für alle Bauherren: Die energetischen Anforderungen an Neubauten bleiben nahezu unverändert. Selbst Neubauten von Kommunen, Ländern und Bund müssen weiterhin nur den alten Standard erfüllen - obwohl noch im Koalitionsvertrag auf die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand verwiesen wurde. Auch bei den Primärenergiefaktoren soll alles weitgehend beim Alten bleiben. Sie haben großen Einfluss darauf, wie die unterschiedlichen Energieträger bei der energetischen Gesamtbilanzierung abschneiden.

Ob die Regierung mit ihrem Gesetzesentwurf den europäischen Vorgaben gerecht wird, ist offen. Die EU verlangt, dass in Zukunft ausschließlich Niedrigstenergiehäuser errichtet werden - allerdings ohne den Begriff genau zu definieren. Klimaschützer argumentieren, dass auch der künftig geltende Standard nicht der EU-Richtlinie entspreche, weil der zulässige Energiebedarf viel zu hoch sei.

Die Immobilienbranche ist zufrieden, Klimaschützer üben scharfe Kritik

Im Detail enthält das neue Gesetz einige kleinere Änderungen, die Bauherren mehr Spielraum beim Erfüllen der Auflagen verschaffen. So soll es bei der energetischen Bilanzierung einen Vorteil geben, wenn die Wärme aus einem Blockheizkraftwerk stammt, das mit Biogas betrieben wird. Auch der Einsatz von Strom aus lokal installierten Fotovoltaikanlagen in einer Wärmepumpe wird belohnt, vor allem in Kombination mit einem Batteriespeicher. Zudem sieht der GEG-Entwurf eine bis Ende 2023 befristete Innovationsklausel für Wohn- sowie für Wirtschaftsgebäude vor, die zulässt, dass Bauherren die energetischen Vorgaben auf Antrag auch auf Basis einer CO2-Rechnung erfüllen können. Konkret bedeutet das: Nicht wie üblich der Primärenergiebedarf eines Gebäudes, sondern der Treibhausgas-Ausstoß ist dann zentrale Zielgröße der Effizienzmaßnahmen - ein neuer Bilanzierungsansatz, der nun in der Praxis erprobt werden soll. Für alle Gebäude wird es zur Pflicht, im Energieausweis neben dem Energiebedarf auch die CO2-Emissionen zu nennen. Zudem soll der Quartiersansatz gestärkt werden, unter anderem, indem eine gebäudeübergreifende Bilanzierung erlaubt wird.

Der Spitzenverband der Immobilienwirtschaft ZIA zeigt sich zufrieden. "Die Zusammenlegung von EnEV, EnEG und EEWärmeG schafft eine deutliche Erleichterung und Entbürokratisierung für die Immobilienwirtschaft", erklärt ZIA-Präsident Andreas Mattner. Dass die Anforderungen nicht verschärft werden, sieht er als wichtigen Erfolg für die Branche. Julia Verlinden, energiepolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, übt dagegen scharfe Kritik. "Den EU-Vorgaben für energieeffiziente Gebäude wird dieser Entwurf nicht annähernd gerecht", sagt sie. "Damit ignorieren Altmaier, Seehofer und Co. nicht nur die fortschreitende Klimakrise, sondern auch den Stand der Technik. Schon heute werden im Neubau häufig viel sparsamere und energieeffizientere Gebäude errichtet."

© SZ vom 30.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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