Kampf um den Kakaomarkt:Mister Schokofinger

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Niemand kennt den Kakaomarkt so gut wie der Händler Anthony Ward. Deswegen gelingen ihm immer wieder Manipulationen - doch selbst Rivalen schätzen ihn.

Silvia Liebrich

Seinen Spitznamen Schokofinger trägt er sicher nicht zu Unrecht. Anthony Ward kennt sich aus am Kakaomarkt - und er weiß, wie man ihn manipuliert. So gesehen hat er einiges gemeinsam mit Auric Goldfinger, dem James-Bond-Gegenspieler, der im gleichnamigen 007-Film mit finsteren Spekulationsgeschäften die Weltherrschaft an sich reißen will. Für Ward muss es allerdings nicht gleich die ganze Welt sein. Ihm reicht es, von Zeit zu Zeit den Kakaohandel unter seine Kontrolle zu bringen, um Millionengewinne abzuschöpfen.

Niemand kennt den Kakaomarkt besser als Anthony Ward. Selbst seine Rivalen halten ihm allerdings zugute, dass sein Erfolg auf harter Arbeit und Erfahrung beruht. (Foto: AP)

So geschehen zuletzt im Juli, als er an der Londoner Börse Liffe unbemerkt 241.000 Tonnen des Rohstoffs aufkaufte und nahezu den gesamten europäischen Markt leer fegte. Er hatte seine Kontrakte nicht wie sonst üblich vor der Fälligkeit weiterverkauft, sondern sich die Ware direkt gesichert. Damit erzeugte er einen künstlichen Engpass, der den Kakaopreis in London vorübergehend auf den höchsten Stand seit 33 Jahren trieb.

Dies war bereits der dritte Coup des 50-jährigen Briten. 1996 hatte er zum ersten Mal am Kakaomarkt abgeräumt, als er für seinen damaligen Arbeitgeber, die Investmentbank Salomon Smith Barney, 300.000 Tonnen Bohnen kaufte. Seinen zweiten Treffer landete er auf eigene Rechnung, nachdem er 1998 das Agrarhandelshaus Armajaro und einen gleichnamigen Hedgefonds gegründet hatte. Vier Jahre danach sicherte er sich erneut unbemerkt 150.000 Tonnen Kakao und trieb den Preis in die Höhe.

Kleine Märkte sind anfällig für Manipulationen

Das Beispiel zeigt, wie leicht es ist, die Gesetze von Angebot und Nachfrage auszuhebeln. "Kleinere Rohstoffmärkte wie der Markt für Kakao sind deutlich anfälliger für Marktmanipulationen als beispielsweise die Märkte für Rohöl, Kupfer oder Weizen und Mais", sagt Torsten Dennin, Rohstoffexperte der Altira Group. "Aufgrund der Marktgröße kann hier mit verhältnismäßig wenig Geld ein signifikanter Anteil des Marktes kontrolliert werden."Den Schaden tragen andere Händler, die teuer einkaufen müssen, um Verpflichtungen gegenüber ihren Abnehmer nachzukommen.

Doch selbst seine Rivalen halten Ward zugute, dass sein Erfolg auf harter Arbeit und Erfahrung beruht. "Niemand kennt den Kakaomarkt besser als er", sagt einer von ihnen. Tatsächlich überlässt Ward, der seit 1979 im Geschäft ist, kaum etwas dem Zufall. So schickt er eigene Prospektoren in die Ernteregionen und unterhält dort Wetterstationen, um möglichst präzise Ernteprognosen zu erstellen. Verstehen kann Ward die Aufregung um seine Person nicht. Alles was er gemacht habe, sei Kakao zu kaufen, auf eine "möglichst effiziente und risikoarme Art und Weise", beteuert er.

© SZ vom 02.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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