Indexmiete:Deckel drauf und gut?

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Graffito an einer Hausfassade in Berlin-Kreuzberg. (Foto: Jens Kalaene/dpa)

Die Indexmiete, die mit den Lebenshaltungskosten steigt, soll nach SPD-Plänen die Preisexplosion stoppen. Doch das Modell hat auch Nachteile.

Von Berrit Gräber

Was hilft gegen die ständig steigenden Mieten in Ballungsräumen? Nach den neuen Plänen der SPD soll die Indexmiete das Problem richten. Angedacht ist, in angespannten Wohnungsmärkten für fünf Jahre alle Mietsteigerungen auf maximal die Höhe der Inflationsrate zu deckeln. Sie liegt derzeit bei knapp zwei Prozent. Bisher darf die Miete in betroffenen Großstädten innerhalb von drei Jahren um bis zu 15 Prozent erhöht werden. Aber was bedeutet eigentlich "Indexmiete"? "Aktuell kommt es immer auf die Ausgangsmiete an, wie sich der Index auswirkt", sagt Ulrich Ropertz, Sprecher des Deutschen Mieterbunds. Aber was haben die Eierpreise und der Ölpreis eigentlich mit der Miete zu tun? Ein Überblick.

Wer in Großstädten wie München oder Frankfurt gerade eine Wohnung sucht, kennt sie längst, die Indexmiete. Kaum mehr eine Neuvermietung in gefragten Regionen, bei der der Vermieter nicht einen Mietvertrag präsentiert, der an den amtlichen Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes gekoppelt ist. Weil der Wohnraum knapp ist und die Bewerberschar groß, fragen Wohnungssuchende häufig nicht lang nach und unterschreiben - meist ohne genau zu wissen, was das für sie heißt. Die Materie ist komplex. Es gibt Vor- und Nachteile. Früher waren Indexverträge nur bei Gewerbeimmobilien erlaubt. Seit der Mietrechtsreform im Jahr 2001 können alle Vermieter sie nutzen. "Wir empfehlen Indexverträge, das ist für alle eine klare Sache und verhindert erfahrungsgemäß Streit", betont Rudolf Stürzer, Vorsitzender der Eigentümergemeinschaft Haus & Grund München.

Mieter sollten wissen: Die Indexmiete orientiert sich an der Entwicklung der Verbraucherpreise. In die Berechnung des Index fließen neben den durchschnittlichen Preisen für Lebensmittel, Kleidung, Friseur und Versicherungen auch die Energiepreise ein. Posten wie Sprit und Strom spielen bei den Lebenshaltungskosten eine starke Rolle. Hohe Wohnnebenkosten schlagen für Mieter mit Indexvertrag somit doppelt zu Buche. Die Teuerungswellen bei Benzin, Gas, Heizöl und Strom beeinflussen auch ihre Grundmiete. In den vergangenen Jahren, in denen die Energiepreise von einer Rekordmarke zur nächsten jagten, war eine indexierte Miete nicht immer die beste Wahl.

Grundsätzlich gilt: So, wie sich die Verbraucherpreise entwickeln, kann der Vermieter Jahr für Jahr die Miete anpassen - ohne Zustimmung des Mieters. Geht die Inflation nach oben, wird auch die Wohnung teurer. Zieht sie nach unten, würde die Miete billiger. Letzteres klingt gut, dürfte aber kaum passieren: In den vergangenen 20 Jahren ging es mit den Lebenshaltungskosten nur nach oben. Konkret heißt das für betroffene Mieter: Mit einem Indexmietvertrag kann regelmäßig ein wenig Erhöhung draufkommen, bestenfalls macht das um die 1,5 bis zwei Prozent im Jahr aus - wenn der Vermieter die Inflationsrate tatsächlich jährlich weiterreicht. Der Vorteil für betroffene Mieter: Erhöhungen sind bei Indexverträgen wenigstens transparent und an eine offizielle Statistik gebunden. Dazu kommt: Modernisiert der Vermieter die Fenster oder die Heizung auf freiwilliger Basis, darf er die Kosten nicht umlegen. Vor allem in weniger gefragten Wohnlagen Deutschlands kann die Indexmiete aber zum Preisbeschleuniger werden, und zwar überall da, wo die Vergleichsmieten nicht so schnell nach oben gehen.

Wer dagegen einen klassischen Mietvertrag hat, ist in Sachen Mieterhöhung von der ortsüblichen Vergleichsmiete abhängig. Und davon, ob der Vermieter fair ist oder den erlaubten Rahmen bei Mieterhöhungen tatsächlich regelmäßig voll ausschöpft. Allerdings galoppieren in begehrten Städten wie Berlin, Hamburg oder München die normalen Mieten meist deutlich stärker davon als die Inflation. Während die Verbraucherpreise momentan eher schleichend steigen, etwa um 6 Prozent in drei Jahren, dürfen die Mieten um 15 Prozent klettern. So viel lässt die 2013 in München wie Berlin eingeführte Kappungsgrenze innerhalb von drei Jahren zu. In anderen Städten sind gar Mieterhöhungen um bis zu 20 Prozent in diesem Zeitraum erlaubt. Nur: Warum sollten Vermieter in Ballungsräumen trotzdem den Indexmietvertrag bevorzugen? Ganz einfach: Weil die Mieten in heiß begehrten Regionen ohnehin schon sehr teuer sind.

Vermieter müssen sich an der ortsüblichen Vergleichsmiete orientieren, wollen sie mehr Geld von ihren Mietern. Das ist noch dazu ein aufwendiges, streitanfälliges Verfahren.

Bei Neuvermietung auf hohem Niveau kann der Vermieter den Mietspiegel aber letztlich ausdribbeln. Wählt er den Indexvertrag, kann er sich ganz legal von einer Deckelung abkoppeln, auch mal gleich 30, 40 Prozent mehr als üblich verlangen - und darf Jahr für Jahr im Takt mit der Inflationsrate weiter erhöhen. "Die teure Ausgangsmiete wird so quasi zementiert", erklärt Ropertz. Oder anders gesagt: Die Indexmiete kann einen Mietspiegel aushebeln. Eine Preisbremse bei Neuvermietung gibt es bislang nicht.

Würden die Bestandsmieten auf fünf Jahre per Index gedeckelt, wie die SPD-Pläne es vorsehen, sei das eine Strafe für alle fairen Vermieter, die seit Langem nicht erhöht haben, gibt Stürzer zu bedenken. Nach Auffassung des Eigentümerverbandes Haus & Grund Deutschland hat ein Mietenstopp in einer freien Gesellschaft keinen Platz. Wie viele Bürger jetzt schon einen Indexmietvertrag haben, kann niemand genau beziffern. Allein in München seien etwa 60 Prozent der neuen Mietverträge inzwischen indexiert, betont Stürzer. "Das ist auf dem Vormarsch."

© SZ vom 21.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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