Immobilienverwalter:Fauler Kompromiss

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Wandmalerei in Düsseldorf. Hausverwalter betreuen Immobilien in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht und sind oft für viel Geld zuständig. Dafür ist großes Wissen nötig, nachweisen müssen sie dieses aber nicht. (Foto: imago/imagebroker)

Ab August gelten neue Berufs­zulassungsregeln. Verwalter müssen sich künftig fortbilden, Sachkunde brauchen sie aber weiterhin nicht nachzuweisen. Dafür hagelt es Kritik.

Von Simone Gröneweg

Fragt man die Menschen hierzulande, wie sie ihr Erspartes am liebsten anlegen würden, rangiert die Immobilie in der Regel weit oben. Das belegen Umfragen immer wieder. Aus finanziellen Gründen bleibt das freistehende Haus für die meisten ein Wunschtraum. Das gilt insbesondere für Ballungsregionen, wo ein ausgesprochener Platz- und Immobilienmangel herrscht. Viele Käufer landen darum in einem Mehrfamilienhaus mit verschiedenen Eigentümern. Das Management rund um die gemeinsame Immobilie übernehmen in der Regel gewerbliche Immobilienverwalter. "Dabei handelt es sich um eine anspruchsvolle Aufgabe", betont Sandra Lenzenhuber, Geschäftsführerin des BVI Bundesfachverbandes der Immobilienverwalter e.V.. Trotzdem verlange der Gesetzgeber bei diesen Tätigkeiten weder einen Sachkundenachweis noch eine entsprechende Ausbildung. Ab dem ersten August dieses Jahres benötigen die Verwalter für ihre Tätigkeit aber eine gewerberechtliche Erlaubnis.

Bisher brauchten sie nur die Aufnahme ihrer Tätigkeit anzuzeigen, ab kommender Woche müssen sie ihre Zuverlässigkeit, geordnete Vermögensverhältnisse sowie den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung nachweisen. Wer bereits als Wohnimmobilienverwalter aktiv ist, muss eine solche Erlaubnis bis zum 1. März 2019 beantragen. Die neuen Regeln gelten sowohl für Mietverwalter als auch für Verwalter sogenannter Wohnungseigentümer-Gemeinschaften (WEGs).

Es geht um die Betreuung von hohen Vermögen. Und um die Gefahr von Milliardenschäden

Verwalterverbände und Verbraucherschutzverbände hatten einen Sachkundenachweis für die Verwalter gefordert. Vergeblich. "Wir setzen auf den mündigen Verbraucher", lautete die Begründung einzelner Politiker im vergangenen Jahr, als sie diese Bemühungen im Bundestag abschmetterten. Und so rangen sich die Politiker nach zähen Diskussionen lediglich zu einer Fortbildungspflicht durch. Die liegt allerdings nur bei 20 Stunden in drei Jahren, das sind also nicht mal sieben Stunden pro Jahr.

Durch den Bundesrat ging im Frühjahr dieses Jahres noch eine zusätzlich abgeschwächte Version. Ursprünglich sollte kontrolliert werden, ob die Verwalter Fortbildungen auch tatsächlich absolvieren. Nun müssen die Verwalter lediglich auf Nachfrage von Kunden und Behörden über ihre Qualifikationen und Weiterbildungen der vergangenen drei Jahre informieren (siehe Interview rechts). Zudem kann die Weiterbildung in Form von Präsenzseminaren, als begleitetes Selbststudium oder als betriebsinterne Maßnahmen absolviert werden. Dafür hagelt es Kritik.

"Aus unserer Sicht ist die neue Fortbildungspflicht ein fauler Kompromiss zulasten der Wohnungseigentümer, deren Interessen als Verbraucher vollkommen ignoriert wurden", sagt etwa Gabriele Heinrich, geschäftsführendes Vorstandsmitglied vom Verbraucherschutzverein Wohnen im Eigentum e.V.. Sie hält die neuen Regeln insgesamt für völlig unzureichend. "Den Wohnungseigentümern bringen das neue Gesetz und die Verordnung keinen Nutzen für ihren Bedarf an qualifizierten Verwaltern", urteilt Heinrich. Sie demonstrierten vielmehr, dass der Verwalterberuf immer noch keine angemessene Anerkennung finde.

Dabei besteht ein großer Bedarf an qualifizierten Verwaltern. Die statistischen Ämter kamen 2011 auf 1,8 Millionen Eigentümergemeinschaften mit mehr als neun Millionen Wohnungen. Deren Zahl nimmt allerdings stetig zu. "Mittlerweile dürften es etwa zehn Millionen Wohnungen sein", schätzt Heinrich. Manchmal besteht eine WEG nur aus vier Eigentümern, mitunter gehören aber einige Hundert Eigner dazu. Bei den Gemeinschaften handle es sich nach dem Eigenbesitz von Wohnhäusern um die zweitwichtigste Eigentumsform, schreibt der Dachverband Deutscher Immobilienverwalter (DDIV). Das entsprechende Immobilienvermögen beläuft sich konservativen Schätzungen zufolge auf etwa 630 Milliarden Euro.

Insbesondere kleine Gemeinschaften haben aber oft Schwierigkeiten, qualifizierte Verwalter zu finden. In die Lücke springen häufig Anbieter, die das Ganze nur nebenberuflich betreiben. Mangelnder Service, schlechte Erreichbarkeit und nicht umgesetzte Beschlüsse - das sind klare Anzeichen dafür, dass etwas bei der Verwaltung schiefläuft. Die Gemeinschaften sind aber auf fähige Verwalter angewiesen, denn die kümmern sich um Mietkonten der Eigentümer, Hausgelder für kurzfristige Instandhaltungen und Sonderumlagen für Sanierungsprojekte sowie Instandhaltungsrücklagen.

Eigentümergemeinschaften häufen viel Vermögen an. Die Gemeinschaft benötigt Konten, über die der Verwalter verfügungsberechtigt ist. Oft trage ein Verwalter die Verantwortung für mehrere Millionen Euro, betont Lenzenhuber vom BVI Bundesfachverband der Immobilienverwalter e.V.. Ist ein Verwalter nicht entsprechend qualifiziert, kann es zu falschen Abrechnungen kommen, notwendige Sanierungen werden herausgeschoben. "Das Schadensrisiko für die Wohnungseigentümer ist also relativ hoch", sagt Lenzenhuber. Die Digitalisierung und der demografische Wandel verändern die Arbeit zusätzlich. Auch der Gesetzgeber schraubte die Anforderungen mit neuen Abrechnungsvorschriften oder Datenschutzregeln nach oben.

Aber nicht nur die Verwalter, auch die Immobilienmakler müssen sich künftig über einen Zeitraum von drei Jahren 20 Stunden fortbilden. Etwa 30 000 Immobilienmakler sollen auf dem deutschen Markt aktiv sein, ungefähr 12 000 davon im Vollerwerb. Ihre Berufszulassung ist aber - anders als bei den Verwaltern - bereits seit Jahren in der Gewerbeordnung geregelt. Die Branchenverbände hätten den Zugang aber gern stärker reglementiert - mit einem Sachkundenachweis. In anderen Ländern liegen die Hürden für den Beruf nämlich deutlich höher. So muss in Frankreich ein Makler ein Wirtschafts- und ein Jurastudium absolviert haben. In Dänemark gibt es eine Eignungsprüfung, alternativ zur kaufmännischen Ausbildung. Die Niederlande schreiben ein Examen vor.

"In Deutschland finden jedes Jahr weit mehr als 600 000 Transaktionen von Wohnimmobilien mit einem Geldvermögen von mehr als 130 Milliarden Euro statt", sagt Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbandes IVD. Der Kauf einer Eigentumswohnung oder eines Hauses stelle für viele die größte Investition ihres Lebens dar. Dementsprechend sollte diese Transaktion von einem qualifizierten und umfassend ausgebildeten Dienstleister beraten und begleitet werden, sagt der IVD-Präsident.

© SZ vom 27.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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