Immobilienexperte:Blick auf den Boden

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Die Grundsteuer sei überholt und ungerecht, sagt Ralph Henger vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Der Immobilienexperte plädiert dafür, nur den Boden zu besteuern, um Investitionen in die Immobilie nicht zu bestrafen. (Foto: IW Koeln)

Eine Reform der Grundsteuer könnte Investitionen anschieben, sagt Ralph Henger vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln.

Interview von Simone Gröneweg

SZ: Warum finden Sie die derzeitige Grundsteuer so ungerecht?

Ralph Henger: Die Bemessungsgrundlage ist völlig veraltet. Die Finanzbeamten arbeiten zum Teil mit 50 Jahre alten Daten, sodass die ermittelten Einheitswerte nicht mehr der Realität entsprechen. Abhängig von Art und Alter eines Gebäudes oder der Lage des Grundstücks fällt die Grundsteuer dadurch in einigen Fällen unverhältnismäßig hoch oder niedrig aus.

Wie beurteilen Sie die vielen Reformvorschläge?

Bei den meisten der aktuell diskutierten Reformmodellen orientiert sich die Steuer vor allem am Wert des Gebäudes. Das ist ein großer Nachteil, denn der Wert des Gebäudes hängt von den Investitionen des Eigentümers ab. Darum sollte der Staat es nicht besteuern. Wer Geld in sein Haus steckt und es saniert, wird am Ende dafür bestraft.

Sie plädieren also für eine reine Bodensteuer?

Ja, denn meiner Meinung nach reicht es vollkommen aus, den Bodenwert eines Grundstücks als Maßstab für die Höhe der Grundsteuer heranzuziehen. Zumal sich mit dieser Variante auch die Verwaltungskosten für die Behörden enorm senken lassen. Schließlich müssen die Beamten die Gebäude weder erfassen noch bewerten. Gleichzeitig könnte man mit einer solchen Steuer bei einigen wohnungspolitischen Problemen gegensteuern - wie zum Beispiel dem Wohnungsmangel in Ballungsregionen.

Wie soll das funktionieren?

Die bisherige Grundsteuer liefert kaum Anreize, Brachflächen zu bebauen oder Baulücken zu schließen. Gerade in den Ballungszentren ist Bauland aber sehr knapp. Vielerorts beobachtet man eine regelrechte Hortung von unbebauten Grundstücken, da das nahezu steuerfrei möglich ist. Gebe es eine reine Bodensteuer, würde mancher Eigner sein Land sicher effizienter nutzen. So käme also mehr Bauland auf den Markt. Gleichzeitig würden Mehrfamilienhäuser entlastet, da sie weniger Fläche als Einfamilienhäuser verbrauchen. Und auch in ländlichen Regionen würde eine reine Bodensteuer helfen - da dann Eigner unbebauter Grundstücke eher verkaufen und Eigner von großen Grundstücken eher bereit sind, ihr Grundstück zusätzlich zu bebauen.

Warum fällt es den Bundesländern so schwer, sich auf ein Konzept zu einigen?

Keiner möchte freiwillig Geld hergeben und einem Modell zustimmen, bei dem er verliert. Vermutlich wird man daher nicht die Grundsteuer allein reformieren können, sondern auch bei anderen Steuern oder dem Länderfinanzausgleich ansetzen müssen. Der politische Druck steigt aber zusehends, denn der Bundesfinanzhof hat die aktuelle Grundsteuer dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt.

© SZ vom 05.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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