Immobilienerwerb:Endlich meins

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Makler bringen Immobilienanbieter und Käufer oder Mieter zusammen. Dafür verlangen sie eine Courtage – bis zu 7,14 Prozent der Kaufsumme. (Foto: imago)

Viele Mieter hätten lieber eine eigene Immobilie. Oft scheitert der Traum aber am erforderlichen Eigenkapital, vor allem in den teuren Städten. Experten haben Ideen, wie man das Problem lösen könnte.

Von Norbert Hofmann

Im neuen Jahr können Bundesbürger, die ein Eigenheim kaufen wollen, wieder mit ein paar Euro mehr Hilfe vom Staat rechnen. Die Riester-Grundzulage ist zum Jahreswechsel von 154 auf 175 Euro pro Person gestiegen. Zusammen mit den Kinderzulagen von jeweils 300 Euro können Käufer bei einer 20-jährigen Baufinanzierung mit einem Zuschuss von etwa 20 000 Euro oder sogar mehr rechnen. Immer mehr potenzielle Käufer allerdings fragen sich heute, ob Immobilien nicht schon zu teuer sind. Laut dem vdp Preisindex für selbst genutztes Wohneigentum sind die Preise für Eigenheime in den vergangenen acht Jahren im bundesweiten Durchschnitt etwa um ein Drittel gestiegen. Für eine Wohnung, die 2009 noch 300 000 Euro gekostet hatte, müssen Käufer heute also 400 000 Euro berappen. In vielen Ballungsgebieten ist es sogar noch viel teurer geworden. Andererseits sind die Zinsen für den Immobilienkredit seit 2009 deutlich von 4,5 auf rund 1,6 Prozent gefallen. Saldiert man die beiden Entwicklungen, so kann sich der Schritt vom Mieter zum Eigentümer auch heute noch lohnen. "Die Zinsen stehen für einen erheblichen Teil der monatlichen Kosten. Für Käufer, die ihre Immobilie etwa mit zwei Drittel Fremdkapital finanzieren, ist der Eigenheimerwerb nicht teurer und je nach Lage vielleicht sogar billiger geworden", sagt Steffen Sebastian, Professor für Immobilienfinanzierung an der Universität Regensburg.

Experten raten zu 30 Prozent Eigenkapital und einer Tilgungsrate von drei Prozent

Dennoch will der Kauf oder Bau der eigenen vier Wände gut überlegt sein. Experten raten zu einem Eigenkapital von mindestens 20 bis 30 Prozent der Gesamtfinanzierung und einer Tilgungsrate von nicht unter drei Prozent. Dann ist der Kredit nach rund 25 Jahren abbezahlt, und die Finanzierungskosten wachsen nicht ins Uferlose. "Ist ein größeres Vermögen vorhanden, aber aktuell nur gerade nicht flüssig, kann man als Gutverdiener auch einen Fremdkapitalanteil von 90 oder sogar 95 Prozent in Betracht ziehen", sagt Michael Neumann, Vorstandsmitglied des Finanzdienstleisters Dr. Klein.

Mieten oder kaufen? Planen lässt sich beides. Der Erwerb der eigenen vier Wände ist aber mit mehr Unsicherheitsfaktoren verbunden. Wer schlaflose Nächte vermeiden will, prüft vor einem Erwerb genau die persönliche Finanzlage. Für Risiken wie Tod, Krankheit oder Berufsunfähigkeit des Hauptverdieners in einer Familie etwa sollte durch eine Versicherung oder finanzielle Reserven vorgesorgt sein. Schöner Nebeneffekt: Banken honorieren das oft mit günstigeren Kreditkonditionen. Nicht minder wichtig ist es, einen finanziellen Puffer für die alltäglichen Kosten ebenso wie für größere Ausgaben wie etwa eine Autoreparatur vorzuhalten.

Zur Orientierung hilft eine bewährte Grundregel: Ist kein größeres Vermögen vorhanden, sollte höchstens ein Drittel des Haushalts-Nettoeinkommens in Zins und Tilgung fließen. Darüber hinaus stellt sich stets die Frage, ob die Lebenssituation stabil ist. Habe ich den Partner fürs Leben schon gefunden und relativ klare Vorstellungen von der Familienplanung? Gehe ich davon aus, beruflich noch zehn Jahre oder länger am derzeitigen Wohnort zu bleiben? "Der richtige Zeitpunkt für den Erwerb eines Eigenheims ist immer dann, wenn das private und berufliche Umfeld stimmt", sagt Sebastian.

Wer dagegen in absehbarer Zeit mit einer berufsbedingten Verlagerung des Lebensmittelpunkts oder aus privaten Gründen mit anderen Ansprüchen etwa an die Größe einer Wohnung rechnet, sollte vielleicht vorerst lieber Mieter bleiben. Denn beim schnellen Verkauf einer Immobilie werden die beim Erwerb angefallenen Nebenkosten zu verlorenem Geld. Grunderwerbsteuer, Notarkosten, Grundbucheintragung und Maklergebühren summieren sich zu einem Kostenpaket von zehn bis 15 Prozent des Kaufpreises. Bei einer Immobilie im Wert von 500 000 Euro sind also im Falle einer schnellen Veräußerung 50 000 Euro oder mehr einfach verpufft.

Passt die Lebensplanung, so sprechen auch die wohl in absehbarer Zukunft weiter steigenden Mieten für den Erwerb. Allerdings müssen Käufer auch die künftige Zinsentwicklung im Auge behalten. "Eigenheimbesitzer sollten sich die bei einer Anschlussfinanzierung vielleicht deutlich höheren Zinsen leisten können und zudem in der Lage sein, Rücklagen für Renovierungen und Modernisierungen aufzubauen", sagt Sebastian. Häuslebauer und Eigenheimkäufer tragen dem Zinsänderungsrisiko bereits verstärkt Rechnung. Nach Erhebungen von Dr. Klein sind die durchschnittlichen Zinsfestschreibungen auf etwa 14 Jahre gestiegen, während sie zu Beginn des Jahrzehnts noch bei zehn Jahren lagen. Auch für längere Bindungen finden sich gegen einen entsprechenden Zinsaufschlag Angebote im Markt. Ein 20 Jahre laufender Kredit etwa ist etwa 0,4 bis 0,6 Prozentpunkte teurer als die zehnjährige Zinsfestschreibung.

"Die aktuell niedrigen Zinsen allein sollten nicht ausschlaggebend für die Kaufentscheidung sein", sagt Experte Neumann. Er rät dazu, die am Markt aufgerufenen Preise kritisch zu hinterfragen. Billiger allerdings dürfte es in vielen Lagen so schnell auch nicht werden. "In den Städten, wo schon in der Vergangenheit Preissteigerungen zu beobachten waren, wird es kurzfristig weiter nach oben gehen - in den großen Metropolen allerdings mit nachlassender Dynamik", prognostiziert Neumann.

Also jetzt lieber noch schnell kaufen und eigenes Betonvermögen aufbauen anstatt Miete ohne bleibende Werte zahlen? Professor Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat nachgerechnet. In die Beispielrechnungen für 402 Kreise in Deutschland sind gezahlte Kreditzinsen und entgangene Anlage-Renditen ebenso eingegangen wie die Kosten für Instandsetzung und erwartete Wertveränderungen eines Eigenheims. Ergebnis: Im bundesweiten Durchschnitt sind die Kosten einer selbst genutzten Immobilie rund ein Drittel niedriger als die Mietkosten. Selbst wenn man die Tilgung einbezieht, sind Käufer und Häuslebauer meistens im Vorteil. "In vielen Städten Deutschlands zahlen Eigenheimbesitzer Monat für Monat nicht mehr als Mieter, bekommen durch die Tilgung aber oben drauf auch noch den Vermögensaufbau und die Altersvorsorge praktisch geschenkt", sagt Voigtländer.

Wenn die Wohneigentumsquote in Deutschland seit 2010 dennoch nahezu unverändert bei den im internationalen Vergleich niedrigen 45 Prozent liegt, so hat das vor allem mit den hohen Einstiegshürden, sprich dem Eigenkapitalanteil der Finanzierung, zu tun. Dafür nämlich müssen Eigenheimerwerber angesichts gestiegener Immobilienpreise und Erwerbsnebenkosten heute deutlich mehr bereithalten als noch vor einigen Jahren. Bei nur zehn Prozent Eigenkapitalanteil und rund elf Prozent Erwerbsnebenkosten muss ein Käufer für den Erwerb einer Immobilie im Wert von 250 000 schon mehr als 50 000 Euro mitbringen. "Nur elf Prozent der Mieter in Deutschland aber verfügen über Ersparnisse in mindestens dieser Höhe", sagt Voigtländer.

In den teuren Metropolen brauchen Käufer oft sogar das Vielfache - leisten können sich das meist nur Haushalte, die zum Beispiel mit einem hohen Erbe Eigenkapital in die Finanzierung einbringen können.

Nun sei der Staat gefordert, um das sich langsam schließende Zeitfenster der niedrigen Zinsen zu nutzen und mehr Menschen in Deutschland zu mehr Wohneigentum zu verhelfen, fordert Voigtländer. "Helfen kann wie etwa in den Niederlanden eine Entlastung bei der Grunderwerbsteuer und die Verlagerung der Maklergebühren von der Käufer- auf die Verkäuferseite", sagt der Wissenschaftler. Auch andere Ansatzpunkte gibt es. Bausparkassen schlagen höhere Fördersätze und Einkommensgrenzen bei Wohnungsbauprämie und Arbeitnehmersparzulage sowie direkte Zuschüsse beim Eigentumserwerb vor. Was davon welche Regierung wann umsetzt, ist derzeit noch offen.

Bis dahin hilft nur: Gut planen und auch an vielleicht einmal wieder fallende Immobilienpreise denken. Aber: "Wenn der Wert des Eigenheims sinkt, verlangen die Kreditinstitute möglicherweise die Bereitstellung zusätzlicher Sicherheiten", sagt Wissenschaftler Sebastian. Er rät: Lieber schon jetzt bei der Bank fragen, was von ihr im Falle eines solchen Szenarios zu erwarten ist.

© SZ vom 05.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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