Immobilien-Angebot:Das verlassene Klassenzimmer

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Wegen der zurück gehenden Schülerzahlen werden vermehrt Schulen geschlossen und deshalb zum Verkauf angeboten.

Angelika Hoch

"Ehemalige Dorfschule in traditioneller Bauweise der Region zu verkaufen" - "Die Ortsgemeinde X bietet das ehemalige Schulhaus in exponierter Lage zum Kauf an" - "Früheres Schulhaus als interessantes Renditeobjekt" - "Alte Schule in neuem Gewand". Immer häufiger könnten Immobilienkäufer demnächst auf solche und ähnliche Verkaufsofferten stoßen.

Denn wegen der zurück gehenden Schülerzahlen werden vermehrt Schulen geschlossen, die Gebäude folglich nicht mehr für ihren ursprünglichen Zweck benötigt. Besonders in kleinen Gemeinden leben inzwischen oft zu wenig Kinder, um den Grundschulbetrieb aufrecht zu erhalten, sodass stattdessen in größeren Orten Grundschulzentren entstehen.

Am stärksten betroffen vom Geburtenrückgang und dessen Folgen sind die neuen Bundesländer. So sollen beispielsweise in Sachsen etwa 100 Realschulen und bis zu 25 Gymnasien geschlossen werden. In Sachsen-Anhalt wurden nach Angaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) allein im vergangenen Jahr 119 Schulen aufgelöst, weitere 151 sollen folgen.

In Bayern kam es bislang nur ganz vereinzelt zu kompletten Schulschließungen. Weil aber bis 2007 alle bayerischen Teilhauptschulen zu Grundschulen werden sollen, gibt es auch im Freistaat immer mehr Schulgebäude mit leer stehenden Klassenräumen.

Die Städte und Kommunen als Eigner müssen sich folglich Gedanken machen, was sie mit ihrer halb oder ganz leeren Schulimmobilie anfangen. "Vor allem auf dem Land wird es Probleme geben, alte Schulgebäude zu verkaufen, da wird der Run eher gering sein", erwartet Wilfried Schober, Sprecher des bayerischen Gemeindetags.

Der Verband rät, zunächst eine andere kommunale Nutzung anzustreben, zum Beispiel als Bibliothek, Seniorentreff oder Kindergarten. Andernfalls müsse man rasch reagieren und vermieten oder verkaufen. Denn ein leer stehendes Gebäude wird schnell zur Bauruine und kostet die Kommune viel Geld.

Zum Beispiel, die ehemalige Hauptschule St. Martin in Landshut, die seit ihrer Schließung leer steht. Das große alte Stadthaus liegt im Zentrum von Landshut, hat etwa zehn Klassenräume sowie eine Turnhalle, eine Mensa und diverse weitere Räume. Es müsse schon seit langem saniert werden, sagt Judith Wenzel, Bezirksvorsitzende Niederbayern des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV). Doch wie in allen Kommunen fehlt dazu das Geld.

Was mit dem Schulgebäude geschieht, bleibt der Gemeinde überlassen. "Die Kommunen sind Eigentümer und können im Prinzip mit den Gebäuden machen, was sie wollen", sagt Ludwig Unger, Sprecher des bayerischen Kultusministeriums.

Es gibt allerdings eine gravierende Einschränkung: Wenn der Schulbau, spätere Anbauten und Renovierungen mit Staatszuschüssen gefördert wurden, müssen diese Subventionen bei einem Verkauf anteilig ans bayerische Finanzministerium zurückgezahlt werden. Das gelte nicht, wenn das Gebäude für andere kommunale Aufgaben genutzt wird, sagt ein Ministeriumssprecher. Außerdem könne eine Gemeinde von der Rückzahlung befreit werden, wenn sich für die leer stehende Schule oder Klassenzimmer "eine Nachfolgenutzung nicht finden lässt".

Das könnte auch in Bayern des Öfteren der Fall sein, da es sich bei den ehemaligen Schulen nicht immer um Topobjekte handelt. Die Gebäude eignen sich oft nicht als Wohnräume. Und ob sich gewerbliche Käufer für abgelegene Dorfschulen finden, ist fraglich. Bereits der Leerstand von Klassenräumen nach Schließung einer Teilhauptschule macht gerade kleineren Gemeinden zu schaffen, denn die Fixkosten laufen ja weiter.

Am härtesten trifft es Kommunen in ländlichen Gebieten. In München hingegen dürfte in naher Zukunft wohl keine Schule in den Immobilienannoncen auftauchen. Die Landeshauptstadt leide nicht unter rückläufigen Schülerzahlen, sagt Eva-Maria Volland vom städtischen Schulreferat - folglich "sind auch keine Schulschließungen vorgesehen".

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