Hypo Real Estate:Frankfurter in München

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Der Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate steht vor dem Neuanfang - und Manager von Deutscher Bank und Commerzbank spielen dabei eine wichtige Rolle.

Thomas Fromm und Martin Hesse

Jeder Tag zählt. Seit knapp zwei Wochen kämpft die Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) gegen die Zeit. In zwei dramatischen Verhandlungswochenenden hat ein Team von Rettern aus Regierung, Bundesbank und Kreditwirtschaft das Schiff vor dem Sinken bewahrt. Doch ohne eine neue Mannschaft ist der Untergang nur verschoben - so sehen es die Retter.

Die neue Führung der Hypo Real Estate besteht aus Frankfurter Bankern. (Foto: Foto: Reuters)

Deshalb haben sie nun den Kapitän ausgetauscht. HRE-Chef Georg Funke beugte sich am Ende dem Druck von Regierung und Banken. Ersetzt wird er von Axel Wieandt, der bisher die Konzernstrategie der Deutschen Bank leitete. Auch Wieandt weiß, dass aus seiner München-Mission leicht ein Himmelfahrtskommando werden kann. Aus Finanzkreisen heißt es daher: "Es ist kaum vorstellbar, dass Wieandt zur Hypo Real Estate reist, ohne eine Rückfahrkarte nach Frankfurt in der Tasche zu haben."

Weitere kommen nach

Wieandt wird sich bald mit weiteren neuen Vorständen umgeben, die aus der Deutschen Bank und der Commerzbank kommen sollen. Kai Wilhelm Franzmeyer, 44, der bisher für die Refinanzierung der Commerzbank zuständig war, wird von Mitte Oktober an als HRE-Vorstand den Bereich Treasury leiten, also die Versorgung mit Kapital und Liquidität managen.

Er hat damit eine Schlüsselfunktion, denn die Geldknappheit hatte HRE an den Rand des Zusammenbruchs gebracht. Doch bei Franzmeyer und Wieandt wird es nicht bleiben. Weitere Vorstände sollen gehen, kündigte Finanzminister Peer Steinbrück am Dienstag an. Das könnte bereits in den nächsten Tagen und Wochen geschehen. Nur Bettina von Oesterreich, die seit 2007 Risikovorstand bei der Hypo ist und früher wie Wieandt einmal bei der Deutschen Bank arbeitete, soll bleiben.

Darüber, was Deutsche Bank und Commerzbank bei der Hypo Real Estate vorhaben, sind bereits heftige Spekulationen entbrannt. In München befürchten nicht wenige, Wieandt und Franzmeyer, Deutsche Bank und Commerzbank, könnten ein Küchenkabinett installieren und es darauf abgesehen haben, den angeschlagenen Immobilienfinanzierer zu kontrollieren, um dessen Geschäfte dann unter sich aufzuteilen. "Insofern könnte tatsächlich irgendwann eine geordnete Abwicklung anstehen", heißt es. Aus dem Kontrollgremium der Münchner dagegen verlautet, man werde "im Aufsichtsrat darauf achten, dass aus all dem jetzt keine Deutsche-Bank-Veranstaltung wird".

Nur zur eigenen Sicherheit

In Frankfurt versucht man zu beschwichtigen. Zunächst gehe es um nichts anderes, als die schlingernde HRE unter Kontrolle zu bringen. "Für die Außenwirkung der Bank ist es wichtig, so schnell wie möglich ein Management hinzustellen, das nicht vorbelastet ist", sagt ein Bankenanalyst. Das alte Management sei desavouiert. Um die alten und neuen Geschäftspartner der HRE zu bewegen, sich wieder auf die Immobilienbank einzulassen, brauche es gut vernetzte Banker, die Vertrauen wieder herstellen können.

"Wenn die Hypo kein Neugeschäft machen kann, ist sie früher oder später wieder da, wo sie vor ein paar Tagen war, dann kann man sie nur noch abwickeln", kommentiert ein Frankfurter Banker. Für Deutsche und Commerzbank steht selbst viel auf dem Spiel. Sie haben sich erheblich an der Milliardenbürgschaft des Bundes beteiligt, von der die Kreditwirtschaft 8,5 Milliarden Euro trägt. Bricht die HRE doch zusammen, verlieren auch die beiden Großbanken viel Geld - direkt und indirekt. Gelingt die Rettung der HRE nicht, werden Investoren auch der Deutschen und der Commerzbank Vertrauen entziehen. Deshalb wollen sie die Zukunft der havarierten Bank bestimmen.

Was auch immer in der nächsten Zeit bei der Hypo Real Estate geschieht - Wieandt wäre der richtige Mann für alle eventuellen Fälle. Als langjährigem Chefstrategen von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann traut man ihm zu, den schlingernden Münchner Konzern strategisch neu aufzustellen. Sollte das nicht funktionieren, könnte er notfalls auch den Abwickler des Dax-Unternehmens machen. Dass er komplexe Beteiligungsgeflechte entzerren kann, hat er bei der Deutschen Bank bewiesen, als er in den vergangenen Jahren industrielle Beteiligungen des Instituts veräußerte.

© SZ vom 09.10.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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