Hypo Real Estate:Anfang einer Abwicklung

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Der Staat als Retter: Beim Einstieg des Bundes bei der Hypo Real Estate geht es nur noch um die Höhe der Beteiligung.

Th. Fromm und C. Hulverscheidt

Der schwer angeschlagene Münchner Konzern Hypo Real Estate (HRE) wird aller Voraussicht nach als erstes deutsches Finanzinstitut im Zuge der Weltwirtschaftskrise verstaatlicht. Wie aus Verhandlungskreisen verlautete, ist der Einstieg des Bundes praktisch beschlossene Sache. Offen sei nur noch die künftige strategische Ausrichtung der HRE und die Höhe des Staatsanteils. Alles spreche aber für eine Mehrheitsbeteiligung. Am Ende eines möglicherweise jahrelangen Prozesses könne die "geordnete Abwicklung" des Instituts stehen.

Der Staat springt der Hypo Real Estate zur Seite - offen ist nur die Höhe der Beteiligung. (Foto: Foto: dpa)

Die Hypo Real Estate hatte bereits im letzten Jahr zweimal mit Hilfe staatlicher Bürgschaften vor dem Zusammenbruch gerettet werden müssen. Am späten Dienstagabend hatte das Institut mitgeteilt, dass der Garantierahmen um weitere zwölf Milliarden auf 42 Milliarden Euro aufgestockt worden sei. Damit erhält die HRE inzwischen Hilfen von insgesamt 92 Milliarden Euro.

In Schieflage geraten war die HRE unter anderem durch ihre irische Tochter Depfa, die langfristige Kredite vergibt und sich dies durch die Aufnahme kurzfristiger Darlehen finanziert. Das Konzept scheiterte, weil sich Banken im Zuge der Finanzkrise kaum noch Geld leihen. "Dreh- und Angelpunkt aller Erwägungen ist die Depfa", hieß es in Finanzkreisen. Sie sei der "Mühlstein am Hals der HRE".

Damit der Bund die Mehrheit an dem Konzern übernehmen kann, müssten dessen Grundkapital verdoppelt und das Finanzmarkt-Stabilisierungsgesetz geändert werden. Es beschränkt Kapitalbeteiligungen des staatlichen Bankenrettungsfonds Soffin bislang auf maximal 33 Prozent. Es ist deshalb denkbar, dass der Bund zunächst nur 25 Prozent plus eine Aktie und erst in einem zweiten Schritt die Mehrheit erwirbt.

Flowers: Zukunft offen

Für einen solchen Schritt spricht nach Angaben aus den Kreisen, dass die HRE als Staatsunternehmen eine deutlich höhere Bonität genießen würde und damit zu erheblich günstigeren Konditionen Kredite aufnehmen könnte. Zudem wäre sichergestellt, dass ein ausländischer Konkurrent die Bank nicht einfach übernehmen könnte und damit womöglich Zugriff auf deutsche Steuergelder erhielte. Aus dem gleichen Grund hatte sich der Soffin eine gut 25-prozentige Sperrminorität bei der Commerzbank gesichert.

Offen ist noch, ob der bisherige HRE-Großaktionär, der Finanzinvestor Christopher Flowers, bei einer Kapitalerhöhung mitspielen würde. Sein Anteil von rund 25 Prozent würde bei einer Verdopplung des Grundkapitals auf die Hälfte zusammenschrumpfen. Aus Finanzkreisen verlautete, Flowers sei vor allem daran gelegen, einen Teil seines Einsatzes zu retten. Er hatte im Frühjahr 2008 mehr als eine Milliarde Euro für seinen Anteil ausgegeben und sich dabei kräftig verspekuliert: Heute ist der ganze Konzern an der Börse nur noch 400 Millionen Euro wert. "Sollte es zu einem Übernahmeangebot kommen, wäre alles eine Preisfrage", hieß es in den Kreisen.

Um Druck auf den Finanzinvestor auszuüben, wurde in den Verhandlungen zwischen dem Soffin, der Regierung und Flowers auch die Möglichkeit einer Gesetzesänderung erörtert. Danach wären Kapitalerhöhungen künftig auch ohne Zustimmung der Altaktionäre möglich, wenn ein Unternehmen plötzlich in eine existenzbedrohende Schieflage gerät. Angst vor einer Enteignungsdebatte hat man nach eigenem Bekunden in der Regierung nicht, da andere Länder wie etwa Großbritannien den gleichen Weg gegangen seien. Die Verhandlungen mit der HRE und Flowers werden sich dem Vernehmen nach allerdings womöglich noch Wochen hinziehen.

"Wie Zwillingsbrüder"

Vom bisherigen Bürgschaftsrahmen in Höhe von 80 Milliarden Euro hat die HRE noch keinen Cent gebraucht. Das gelte auch für alle anderen Banken, für die der Soffin Bürgschaften übernommen habe. "Es gibt bislang keinen einzigen Schadensfall", hieß es in Regierungskreisen. Die Gründung einer sogenannten Bad Bank, an die die deutschen Kreditinstitute faule Wertpapiere abtreten könnten, lehnt die Regierung weiter ab.

Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sagte, mit einer solchen Bank würden die Probleme nur vordergründig gelöst. Der Anreiz für die Kreditwirtschaft, ihre Schwierigkeiten zu überwinden, sei größer, wenn sie die Wertpapiere in ihren Bilanzen behalten müsste. In dieser Frage seien er und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) "wie Zwillingsbrüder". Nach einem Bericht der Frankfurter Rundschau bereitet die Bundesbank allerdings die Gründung einer Bad Bank vor, um für den Fall eines Meinungswechsels gewappnet zu sein.

© SZ vom 22.01.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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