Hotelimmobilien:Zimmer frei

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Großes Angebot, kleine Nachfrage: Investoren und Betreiber blicken mit Spannung auf den Sommer.

Von Katharina Wetzel

Der Markt der Hotelimmobilien wuchs im vergangenen Jahr stark. Durch die Corona-Krise stehen jedoch neue Bauprojekte verstärkt auf dem Prüfstand. Experten rechnen damit, dass es teils zu einer Marktbereinigung kommen wird. Gleichzeitig könnten Ferienhotels in diesem Sommer einen unerwarteten Boom erleben.

Leere Hotelzimmer, geschlossene Grenzen, stornierte Firmenevents - Hotels und Restaurants sind von der Corona-Krise besonders stark betroffen. Viele Hotels haben zwar während des Lockdowns neue Konzepte erprobt, einzelne verzeichneten jedoch massive Umsatzeinbußen. "Viele Unternehmen befinden sich in einer echten existenziellen Krise", sagt Thomas Beyerle, Chef des Immobiliendienstleisters Catella Research .

Städtereisen stehen derzeit nicht auf der Prioritätenliste von Reisenden, viele Geschäftsreisen gelten in den kommenden Wochen noch als unwahrscheinlich. Vor allem das Geschäft mit Firmenevents und Tagungen ist derzeit gleich null. Falls sich die Wirtschaft im Lauf des Sommers erholt, könnten der Tourismus und nachgeholte Veranstaltungen für einen starken Anstieg in der zweiten Jahreshälfte sorgen, schätzt Beyerle. "Wir werden einen sehr spannenden Sommer erleben. Gebucht wird alles, was in diesem Land zu buchen ist. Motto: Hauptsache irgendwas zwischen Alpen und Küste." Im vergangenen Jahr lag die Anzahl der Übernachtungen laut Statistischem Bundesamt bei mehr als 495,6 Millionen. Zwar war die Hotelnachfrage im Vergleich zum Angebot in den vergangenen zehn Jahren deutschlandweit stark gestiegen, doch durch den Bau neuer Hotels habe sich die Schere geschlossen, sagt Alexander Trobitz vom Immobiliendienstleister BNP Paribas Real Estate. "Den Hoteliers ging es bereits Anfang des Jahres nicht mehr so gut wie noch vor ein oder zwei Jahren." Aktuell seien bundesweit 733 neue Hotels geplant (bis einschließlich 2024). Davon seien genau 200 derzeit im Bau. Hotelprojekte in einer frühen Planungsphase könnten nun vermehrt auf den Prüfstand kommen.

In manchen Städten wuchs das Angebot stärker als die Nachfrage

Ein Großteil der Hotelentwicklung ist kapitalgetrieben, beobachtet Andreas Martin, Geschäftsführer von Hotelforum, einem europäischen Branchentreff für Entscheidungsträger aus der Hotel- und Immobilienbranche. "Kapital floss vor der Covid-19-Thematik eher in Immobilien als auf ein Bankkonto mit möglichen Negativzinsen. In manchen Städten fragte man sich daher, warum hier neue Hotels gebaut werden. Denn das Angebot wuchs stärker als die Nachfrage."

In Düsseldorf, wo mittelfristig bei der Bettenkapazität ein Zuwachs von 30 bis 40 Prozent erwartet werde, dürfte das negative Auswirkungen auf Preis und Belegung haben, schätzt Martin. Aufgrund der Corona-Krise könnten neue Projekte an kritischen Standorten auch zum Erliegen kommen. Da Zulieferketten unterbrochen, bestimmte Wertstoffe nicht lieferbar seien, Bauarbeiter wegen Quarantäneauflagen fehlten und sich auch Investoren zurückzögen, verzögerten sich bereits Bauprojekte. Anders sei die Lage in Städten wie Passau oder Bamberg, wo das Hotelangebot häufig nicht mehr zeitgemäß sei: "Hier gibt es durchaus Bedarf, auch weiterhin", sagt Martin.

Eine Ausnahme ist ebenfalls München, wo deutschlandweit neben Hamburg die höchsten Zimmerpreise durchgesetzt werden können. Mit dem Hotel Rosewood in der Kardinal-Faulhaber-Straße wird eine teure Adresse hinzukommen. Die Bayerische Hausbau arbeite derzeit mit großem Engagement daran, die vereinzelten Engpässe bei Materiallieferungen oder Ausfälle von Bauarbeitern aufgrund der Grenzschließungen auszugleichen. Derzeit könne sie jedoch aufgrund der aktuellen Umstände keine Prognose zur Fertigstellung geben, teilt eine Sprecherin mit. "Eine neue internationale Luxusmarke, richtig positioniert, zieht auch neue Nachfrage für München nach sich, aber jetzt muss sich die Branche erst mal aus dieser existenzbedrohenden Lage befreien, dies wird vermutlich mehrere Jahre dauern", sagt Martin, der auch eine Insolvenzwelle nicht ausschließt, da vor allem viele kleine Privathoteliers eine nur dünne Kapitaldecke hätten.

Das Angebot an Kinderhotels wächst. Hier sind Gäste auch bereit, mehr zu bezahlen

Verbraucher finden heute für jeden Geschmack und Geldbeutel ein Hotel. "Vom Automatenhotel bis hin zum Kinder- oder Hundehotel - die Spreizung war noch nie so groß. Mittlerweile gibt es Hotels für jede Zielgruppe", sagt Beyerle. Ob zum Schweigen oder Fasten, zum Wandern in der Natur, Bungee-Springen oder zum Unter-Wasser-Wohnen - Reisen ist hierzulande ein beliebtes Hobby und dient oft auch als kleine Flucht aus dem Alltag.

Insbesondere das Angebot an Kinderhotels wachse stark, sagt Beyerle. Hier ließen sich auch höhere Zimmerpreise erzielen, was auf dem deutschen Markt als Besonderheit gilt. Auch Resorts für Wellness, Sport, Kochkurse oder Honeymoon sprechen den Zeitgeist an. Der Vor-Corona-Boom auf dem Hotelmarkt könnte also weitergehen. Entscheidend wird auch der erzielbare Zimmerpreis sein - eine 50-prozentige Belegung bei hohen Zimmerpreisen kann lukrativer sein als ein volles Haus zu niedrigen Raten. Buchungsplattformen haben hier immer mehr das Sagen. "Die Buchungsmaschinen weisen uns den Weg. Sie geben vor, wo Sie am nächsten Tag aufwachen", meint Beyerle. Nur wenige Hotels schaffen es, sich von den Plattformen unabhängig zu machen. So habe etwa die Gruppe Motel One eine sehr hohe Direktbuchungsquote, sagt Martin.

© SZ vom 30.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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