Hilfe für Griechenland:Zeit der Pragmatiker

Lesezeit: 2 min

Rettungspakt zwischen Merkel und Sarkozy: Deutschland und Frankreich bewahren mit ihrer Finanzidee für Athen die EU vor einem währungspolitischen Sündenfall - dem Verstand sei Dank.

Cerstin Gammelin, Brüssel

Der nächste EU-Gipfel wird wohl doch nicht als Psychodrama enden. Das liegt vor allem daran, dass sowohl in der deutschen als auch in der französischen Regierung einmal mehr der Verstand über emotionale Verstimmungen gesiegt hat. Berlin und Paris arbeiten trotz öffentlicher Attacken hinter den Kulissen zielstrebig an einem gemeinsamen Vorschlag für mögliche Griechenland-Hilfen. Es ist praktisch so wie immer: Egal, ob sich Deutsche und Franzosen mögen oder nicht - wenn es brenzlig wird in der Europäischen Union, stehen sie pragmatisch zueinander.

Das griechische Hilfspaket, das sie nun wenige Stunden vor Beginn des Gipfels packen, enthält vernünftige Instrumente. Frankreich und Deutschland wollen den anderen Ländern der Gemeinschaft vorschlagen, dass sich die Griechen bei Bedarf Geld vom Internationalen Währungsfonds (IWF) holen und darüber hinaus auf freiwillige bilaterale Hilfen aus einigen Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, zählen dürfen.

Dieser Vorschlag ist auch deshalb sinnvoll, weil er die Europäische Kommission außen vor lässt. Deren Präsident José Manuel Barroso hatte sich bemüht, künftig stärker in die Haushaltspolitik der Mitglieder eingreifen und darüber hinaus Hilfen für notleidende Länder koordinieren zu dürfen. Der Wunsch ist zwar verständlich. Er widerspricht allerdings dem Geist und den Paragraphen der Verträge. Das europäische Recht verbietet es ausdrücklich, dass die Mitgliedstaaten einem oder mehreren Ländern finanziell zu Seite springen. Damit sind Hilfen der Gemeinschaft insgesamt ausgeschlossen - und die Kommission kann auch keine zusätzlichen Kompetenzen für sich beanspruchen.

Allerdings ist in den Verträgen auch keine Vorsorge für den Fall getroffen, dass ein Land der Europäischen Währungsunion seine Schulden nicht mehr bezahlen kann. Eine Staatspleite wurde schlicht nicht bedacht. Das ist ein Konstruktionsfehler, der nun zügig behoben werden muss.

Doch das ist in der Zukunft zu klären. Im Augenblick ist es wichtiger, die griechische Finanzkrise zu lösen, ohne Fehler zu machen. Ein Fehler wäre es etwa gewesen, den Gipfel im Streit zu verlassen, auf Hilfen des Weltwährungsfonds zu verzichten oder Gemeinschaftshilfen zu beschließen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wären bereits am Tag nach einem solchen Beschluss Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht eingegangen, was weder Merkel noch den Griechen noch der Gemeinschaft geholfen hätte.

Dass sich Deutsche und Franzosen zusammenraufen, garantiert freilich noch keinen Gipfel-Beschluss. Auch die anderen 25 Länder müssen den IWF-Hilfen zustimmen, was nicht selbstverständlich ist - einige Staaten stecken in ähnlichen Schwierigkeiten wie die Griechen. Und am Ende werden die Märkte entscheiden, wie viel die Beschlüsse wert sind - sie entscheiden über den Spekulationszuschlag auf griechische Papiere.

© SZ vom 24.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: