Gewährleistung nicht immer garantiert:Wo Kundenrechte missachtet werden

Wer ein mangelhaftes Produkt umtauschen oder reparieren lassen möchte, erhält häufig keine Gewährleistung - trotz Rechtsanspruch. Das ergab ein Praxistest im Auftrag des Verbraucherzentrale-Bundesverbands in 550 Läden von sechs Handelsketten. Wer schneidet am besten ab - und wer am schlechtesten? Ein Überblick.

Sabrina Keßler

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(Foto: dpa)

Wer ein mangelhaftes Produkt umtauschen oder reparieren lassen möchte, erhält häufig keine Gewährleistung - trotz Rechtsanspruch. Das ergab ein Praxistest im Auftrag des Verbraucherzentrale-Bundesverbands in 550 Läden von sechs Handelsketten. Wer schneidet am besten ab - und wer am schlechtesten? Ein Überblick.  Bei Real werden dem Test zufolge die meisten Gewährleistungsansprüche anerkannt: In rund 58 Prozent der Fälle garantierten die Verkäufer eine Gewährleistung, wenn das Produkt defekt war. Das ist gesetzlich auch so vorgeschrieben, denn im Gegensetz zur Garantie, die eine freiwillige Leistung ist, steht jedem Käufer das Recht auf Reperatur, Ersatz, Minderung oder Ersatz der Ware zu. Die Erstattung möglicher Wege- und Versandkosten sowie der entstandenen Ein- und Ausbaukosten wird bei Real hingegen selten angeboten: Nur acht Prozent der Tester wurden die Kosten dafür erstattet. Wem keine Gewährleistung eingeräumt wurde, der wurde meist auf die Herstellergarantie verwiesen. Zuständig sei der Hersteller und nicht Real, hieß es. Anreize für die Verbraucher, die Reklamation selbst über den Hersteller vorzunehmen, gab es anschließend kaum. Die Auskunft zur Gewährleistung in den Märkten sei dennoch sicher und sehr schnell, so die Tester: Mehr als 60 Prozent der Mitarbeiter des SB-Warenhaus seien in der Lage, eine sofortige Auskunft zur Gewährleistung zu geben. Allerdings komme es durchaus vor, dass Verkäufer erst eine Auskunft einholen müssen, oder auf andere Mitarbeiter verweisen, bevor dem Kunden seine Fragen beantwortet werden. Unter dem Stichwort "Auskunft" wurden unter anderem Schnelligkeit, Erreichbarkeit und Auskunftsfreudigkeit der jeweiligen Mitarbeiter bewertet.

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(Foto: ag.afp)

Der Discounter Aldi Süd erkennt knapp die Hälfte aller Gewährleistungsansprüche an, ergab der Test. Allerdings erstatte das Unternehmen nur jedem fünften Kunden die Kosten, die bei einer solchen Reklamation entstehen. Wird der Gewährleistungsanspruch nicht eingeräumt, verweist Aldi Süd in 96 Prozent aller Fälle auf den Hersteller. Jeder dritte Mitarbeiter begründet das mit dem Ablauf einer Reklamationsfrist - eine Frist, die es im deutschen Gewährleistungsrecht gar nicht gibt. Kein Wunder also, dass viele Mitarbeiter unterschiedliche Angaben zur Länge der Frist machen: Mal sollen es nur zwei Wochen sein, mal sind es bis zu zwölf Wochen. Die Auskunft der Mitarbeiter kam im Test allerdings schnell: 85 Prozent gaben eine sofortige Auskunft und verwiesen nur selten an Kollegen. Mit 91 Prozent wurden sie immerhin als freundlichste Mitarbeiter aller Handelsketten bewertet.

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(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Lidl räumte jedem dritten Tester einen Anspruch auf Gewährleistung ein. Allerdings wurden die Kosten auch hier nur in sechs Prozent der Fälle erstattet. Wer keine Gewährleistung bekommt, wird in neun von zehn Fällen auf die Herstellergarantie verwiesen. Viele Mitarbeiter begründen den Verweis mit der abgelaufenen Reklamationsfrist. Die Verkäufer sind sich aber auch hier, wie beim Discounter Aldi, nicht einig über die Länge dieser angeblichen Frist. Ebenso auffällig ist, dass Lidl bei teuren Geräten wie Camcordern oder Navigationsgeräten selten einen Gewährleistungsanspruch einräumt. In Sachen Verlässlichkeit und Freundlichkeit der Auskunft schneiden die Lidl- Mitarbeiter zudem weniger gut ab als ihre Konkurrenten. Zwar können rund 80 Prozent der Verkäufer dem Verbraucher sofort Auskunft zur Gewährleistung geben, aber die Auskunft, so die Tester, war in zehn Prozent der Fälle relativ unsicher.

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(Foto: dpa)

Der Elektrofachmarkt Media Markt gesteht jedem zweiten Kunden sein Gewährleistungsrecht zu. Allerdings werden auch hier nur jedem fünften Kunden die Kosten erstattet, die im Rahmen einer Reklamation entstehen. Alle anderen werden an den Hersteller verwiesen, der für defekte Geräte zuständig sein soll. Eine Frist, wie sie bei Aldi oder Lidl genannt wird, nennt Media Markt aber kaum. Doch einen Anreiz für den Verbraucher, die Reklamation selbst über den Hersteller vorzunehmen, gibt es nicht. Laut Test wird der Gewährleistungsanspruch bei Bodenstaubsaugern häufiger anerkannt als bei anderen reklamierten Produkten, etwa Kameras oder Kaffee-Pad-Automaten. Die Mitarbeiter waren bei ihrer Auskunft freundlich und sicher. Allerdings wird nur jedem zweiten Kunden sofort geholfen. Media Markt verweist am häufigsten aller sechs Handelsketten an konkrete Mitarbeiter im eigenen Laden. (Bearbeitetes Symbolbild)

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(Foto: dpa)

Aldi Nord schnitt im Test am schlechtesten ab. Nur bei jeder zehnten Reklamation erkennt der Discounter den Gewährleistungsanspruch des Kunden an. Allerdings erstatte Aldi Nord im Praxistest mehr als der Hälfte der Käufer seine Kosten, falls es zu einer Reklamation kam. Wer seinen Anspruch aberkannt bekommt, wird in 94 Prozent der Fälle auf die Herstellergarantie verwiesen. Aldi Nord gibt dabei die meisten Anreize für Verbraucher, die Reklamation selbst über den Hersteller zu führen: So wird darauf hingewiesen, dass bei eigenständiger Reklamation der Hersteller den Versand übernimmt oder der Weg über den Hersteller kostenlos und schneller erfolge. Mit 85 Prozent erteilen die Mitarbeiter des Discounters allerdings die schnellsten Auskünfte. Nur selten wird an einen Kollegen verweisen. Auch in puncto Freundlichkeit und Sicherheit der Auskünfte kann Aldi Nord die oberen Plätze belegen.

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(Foto: Toni Heigl)

Obi erkennt mehr als die Hälfte der Gewährleistungsansprüche seiner Kunden an. Jedem fünften Kunden wurden im Anschluss auch Kosten für Versand- oder Transportwege erstattet. Wem sein Recht verwehrt wird, der wird auch hier auf die Herstellergarantie verwiesen. Allerdings führen die Mitarbeiter des Baumarkts sehr unterschiedliche Argumente an, weshalb Obi die Gewährleistung ablehne: Entweder sei der Defekt zu geringfügig, um ihn zu reparieren, oder eine Rücknahme unmöglich, weil das defekte Teil fest eingebaut sei. Manchmal sei ein Umtausch auch nur machbar, wenn ein Gutschein statt Bargeld ausgezahlt wird. Bei einzubauenden Produkten, wie etwa Induktionsfeldern, wird das Gewährleistungsrecht auffallend selten eingeräumt. In Sachen Freundlichkeit, Sicherheit bei der Auskunft und Schnelligkeit schneidet die Baumarktkette am schlechtesten ab.

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