Gesundheitsreform:Röslers großer Aderlass

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Gesundheitsminister Rösler lässt die Ärzte bluten: Ihre Honorarzuwächse sollen im kommenden Jahr um einen "dreistelligen Millionenbetrag" geringer ausfallen. Doch auch Patienten und Krankenhäuser müssen Opfer bringen.

Charlotte Frank

3,5 Milliarden Euro im Jahr 2011 und vier Milliarden Euro im Jahr 2012: Mit diesen Sparvorhaben will Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) das erwartete Milliardendefizit im Gesundheitsbereich in den Griff bekommen. Am Montag stellte er den Fachleuten aus CDU und CSU seinen Entwurf für ein neues Finanzierungsgesetz der gesetzlichen Krankenversicherung vor. Für die CSU, die Röslers Plänen zuletzt oft kritisch gegenüber stand, waren allerdings nicht die zuständigen Abgeordneten vertreten, sondern nur deren Mitarbeiter.

Lässt nicht locker: Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler, hier lässt er sich gerade gegen die sogenannte Schweinegrippe impfen, will allein im kommenden Jahr mehr als drei Milliarden Euro sparen. (Foto: dpa)

"Es leisten alle ihren Beitrag", fasste ein Sprecher des Gesundheitsministeriums den Inhalt des Papiers zusammen und trat damit Behauptungen entgegen, Rösler sei Krankenhäusern und Ärzten zu weit entgegengekommen. Die Mediziner müssen laut Entwurf hinnehmen, dass ihre Honorarzuwächse im kommenden Jahr um einen "dreistelligen Millionenbetrag" geringer ausfallen; die genaue Höhe stand am Montag noch nicht fest. Die Forderung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, mit der diese Einschnitte verrechnet werden müssten, ist aber bekannt: Der Verband verlangt für 2011 ein Honorarplus von 2,6 Milliarden Euro. In Zukunft will Rösler diese Zuwächse wieder ungleich verteilen: Einkommensschwächere Ärzte in Ostdeutschland sollen nicht mehr prinzipiell stärker profitieren als ihre Kollegen im Westen.

Bei den Hausarztverträgen will der Minister trotz heftigen Widerstands die Kosten um 500 Millionen Euro senken. Als dieser Plan bekannt wurde, warfen die Hausärzte Rösler vor, er "gefährde Menschenleben". Dennoch hält er in seinem Entwurf an dem Einsparvolumen fest. Hausärztliche Leistungen sollen demnach nicht mehr höher honoriert werden als Leistungen anderer Kassenärzte. Doch Rösler kommt dem Hausärzteverband auch entgegen: Weder tastet er dessen Verhandlungsmacht an, noch rüttelt er an bestehenden Hausarztverträgen. Zudem lässt er Ausnahmen zu: Honorare dürfen weiter höher ausfallen, wenn die Verträge nachweislich Einsparungen bringen.

Beiträge werden steigen

Auch die Kassen müssen sich auf Kürzungen einstellen: Ihre Verwaltungskosten dürfen laut Entwurf in Zukunft den Stand des Jahres 2010 nicht übersteigen. Wenn Röslers Plan aufgeht, dürfen auch die Kliniken im kommenden Jahr 500 Millionen Euro weniger ausgeben, im Jahr 2012 sogar 570 Millionen weniger. Allerdings hält der Gesundheitsminister offenbar nicht an dem Plan fest, bundeseinheitliche Preise für Operationen einzuführen. Noch kosten diese zum Beispiel in Schleswig-Holstein oft deutlich weniger als etwa in Rheinland-Pfalz. Die Kliniken wollen diese Unterschiede beibehalten, weil die teureren unter ihnen offenbar befürchten, sich sonst an das niedrigste Preisniveau anpassen zu müssen.

Auch für die Versicherten bringt der Entwurf des Gesundheitsministers neue Belastungen mit sich: Der Krankenkassenbeitrag, der aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2009 auf 14,9 Prozent gesenkt wurde, soll im kommenden Jahr wieder um 0,3 Punkte angehoben werden. Das würde für gesetzlich versicherte Arbeitnehmer und Rentner Mehrkosten in Höhe von 2,6 Milliarden Euro bedeuten. Arbeitgeber müssen sich aufgrund dieser Anhebung auf Mehrausgaben von jährlich etwa zwei Milliarden Euro einstellen. Sollten die Kassen mit diesem höheren Beitrag nicht auskommen, dürfen sie laut Röslers Entwurf weiter Zusatzbeiträge erheben, die einseitig von den Arbeitnehmern getragen werden. (Seite 4)

© SZ vom 17.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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