Geldanlage: Flucht aus Fonds:Die Bären-Angst

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Sparer haben im vergangenen Jahr 27 Milliarden Euro aus ihren Fonds gezogen - so viel wie nie. Internationale Aktienfonds verzeichneten horrende Verluste.

Markus Zydra

Manchmal kommt das Wichtigste einer Rede am Ende. "Wir müssen um unsere Anleger kämpfen", begann Wolfgang Mansfeld den letzten Satz seiner zwölfseitigen Ansprache. Der Präsident des Bundesverbandes Investment und Asset Management (BVI) hatte zuvor die schwere Aufgabe, das schlimmste Jahr der deutschen Fondsindustrie einzuordnen.

Der Bär, das Zeichen für einen Abschwung, an der Börse: Im Herbst wollten viele Großinvestoren ihre Fonds-Anteile verkaufen. (Foto: Foto: AP)

2008 zogen Anleger 27,8 Milliarden Euro aus Publikumsfonds ab, soviel wie nie zuvor. Sie taten das unter anderem, weil sie mit den Ergebnissen der Fonds unzufrieden waren. Internationale Aktienfonds machten 2008 durchschnittlich einen Verlust von 40,4 Prozent.

Bezahlte Profis auch nicht besser

Schlechter entwickelten sich die weltweiten Aktienmärkte auch nicht. Dabei bezahlen Anleger eine Managementgebühr für die Fonds. Dafür könnten die Kunden eigentlich erwarten, dass die bezahlten Profis deutlich besser abschneiden als der Gesamtmarkt. Doch das taten sie nicht.

"Das ist eine alte Debatte", erklärte Mansfeld, "Aktienfonds sind so strukturiert, dass sie immer auch im Marktabschwung investiert sind, und sie müssen bei der Performance auch die Kosten aufholen." Zudem sei es aus logischen Gründen nicht möglich, dass alle Fonds sehr gut sind. Kunden müssten ihr Vermögen streuen, sagte Mansfeld. Gleichzeitig sind Aktienfonds im Vertrieb sehr beliebt. "Sie haben die höchsten Ertragsmargen", sagt Mansfeld.

Wertverluste aufholen

Die Qualität vieler in Deutschland zugelassener Fonds scheint angesichts der Ergebnisse mangelhaft. So reduzierte sich das Fondsvermögen 2008 um 200 Milliarden Euro auf 1506 Milliarden Euro. Das entspricht dem Stand von 2006. Nur fünf Prozent sind jedoch Geld, das Anleger abgezogen haben. "Der ganz große Anteil stammt aus Wertverlusten", sagt Mansfeld und verbindet das mit dem Hinweis, dass diese Wertverluste mittelfristig wieder aufgeholt werden sollten.

Der BVI und auch das Deutsche Aktieninstitut empfehlen Bürgern seit Jahren die langfristige Geldanlage in Aktien. "Wir haben nach dem zweiten Crash innerhalb von zehn Jahren gelernt, dass der Begriff "langfristig" wörtlich zu nehmen ist", sagte Mansfeld. Auf Sicht von zehn Jahren, so BVI-Daten, machten Anleger mit Aktiensparplänen rund drei Prozent Verlust pro Jahr. Auf Sicht von 30 Jahren ergibt sich ein Plus von sechs Prozent.

Auf der nächsten Seite lesen Sie, warum Privatsparer nicht mehr an ihre Zusatzrente kamen.

Die stärksten Mittelabflüsse, so der BVI, gab es bei Renten- und Geldmarktfonds. Euro-Rentenfonds machten 2008 im Schnitt eine Rendite von 3,7 Prozent. Fonds, die auf Unternehmensanleihen setzten, wiesen ein Durchschnittsminus von 13,3 Prozent aus, bei Mischfonds der Euro-Länder lag der Verlust bei 9,3 Prozent. Euro-Geldmarktfonds machten ein Plus von 1,1 Prozent, offene Immobilienfonds brachten es auf einen Gewinn von 4,7 Prozent.

Andere Sorgen

"Für 2009 rechnen wir mit einer niedrigeren Rendite bei den offenen Immobilienfonds, im Einzelfall hängt es davon ab, in welchen Regionen die Fonds schwerpunktmäßig investiert sind", sagte BVI-Vorstandsmitglied Barbara Knoflach. Doch diese Vermögensklasse hatte im letzten Jahr auch noch mit anderen Sorgen zu kämpfen.

Zum bisherigen Höhepunkt der Krise im Herbst wollten viele Großinvestoren ihre Anteile von Immobilienfonds verkaufen. Daraufhin wurde die Fonds-Rücknahme von den Kapitalanlagegesellschaften ausgesetzt. Es fehlte das Kapital zur Auszahlung, man wollte die Immobilien nicht zwangsweise liquidieren. Der BVI schlägt nun vor, für institutionelle Großinvestoren bei offenen Immobilienfonds eine gesetzliche Kündigungsfrist von zwölf Monaten einzuführen, um plötzliche Verkaufswellen besser zu kanalisieren.

Besonders Privatsparer waren von den befristeten Schließungen betroffen, sie kamen nicht mehr an ihre Zusatzrente. Auch Privatkunden könnten, so der BVI-Vorschlag, mit einer 90-tägigen Kündigungsfrist belegt werden. Beide Beschränkungen sollten aber nicht rückwirkend für bereits eingesammeltes Fondsvermögen gelten.

Fatale Folgen

BVI-Präsident Mansfeld sieht trotz des schlimmen Vorjahres keine "anhaltende Erosion von Anlegern". Die meisten Monate seien positiv verlaufen, doch die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers Mitte September habe die Branche hart getroffen. Allein im Oktober gingen Fonds unterm Strich 45,8 Milliarden Euro verloren.

Aufgabe der Branche sei es nun, das Vertrauen der Sparer in Fondsprodukte zurückzugewinnen. "Wir müssen um unsere Anleger kämpfen", begann Mansfelds letzter Satz, "aber wir haben eine solide Geschäftsbasis", schloss er seine Ansprache.

© SZ vom 11.02.2009/iko/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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