Finanzmärkte:Eine Landkarte voller Risiken

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Große Pläne: Die Bundesregierung will die Weltfinanzen neu ordnen und ein Frühwarnsystem einrichten. Erste Fortschritte sind bereits erkennbar.

C. Gammelin und C. Hulverscheidt

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy unterstützen die Initiative der tschechischen EU-Präsidentschaft, noch im Februar einen EU-Sondergipfel einzuberufen, um "gemeinsam die Lage zu bewerten". Das geht aus einem Schreiben von Merkel und Sarkozy an den tschechischen Premier Mirek Topolanek und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hervor. Das Krisentreffen findet drei Wochen vor dem regulär für Mitte März geplanten Gipfel statt. Diskutiert werden "die Wiederherstellung des Kreditangebotes", der Umgang mit toxischen Papieren und der Schuldenabbau. Zudem sollen die Mitgliedsstaaten nationale Konjunkturporgramme koordinieren, "um den Nutzen für die EU zu maximieren".

Die Bundesregierung will die Finanzmärkte besser kontrollieren - und sieht bei den Bemühungen erste echte Fortschritte. (Foto: Foto: dpa)

Bei den internationalen Bemühungen um eine Neuordnung der Weltfinanzarchitektur sieht die Bundesregierung erste echte Fortschritte. Merkel sagte am Montag, der neue US-Präsident Barack Obama habe ihr in einem Telefonat zugesichert, dass er zu durchgreifenden Reformen bereit sei. Das gelte etwa für die Beaufsichtigung von Ratingagenturen und hochspekulativen Hedgefonds. Neben der britischen Regierung hatte in den vergangenen Jahren vor allem Obamas Vorgänger George W. Bush schärfere Regeln für die Finanzbranche verhindert.

Wichtige Ursachenforschung

Merkel bekräftigte, dass die Ursachen der globalen Bankenkrise umfassend aufgearbeitet werden müssten, damit sich ein solches Ereignis nicht in der gleichen Form wiederholen könne. Diese Ursachenforschung dürfe im gleichzeitig laufenden Kampf gegen die Wirtschaftskrise nicht unter den Tisch fallen. Deshalb müsse die für Anfang April in London anberaumte Konferenz der Staats- und Regierungschefs aus den 20 größten Industrie- und Schwellenländern (G20) bereits konkrete Ergebnisse bringen. "Ich halte das Treffen am 2. April für essentiell", sagte die Kanzlerin.

Dass es Merkel mit ihren Bemühungen ernst ist, zeigt, dass sie am Montag gemeinsam mit Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) an der Sitzung der von ihr berufenen Expertengruppe zur Finanzmarktreform teilnahm. Zuvor hatte die Regierungschefin ihre Amtskollegen aus den europäischen G-20-Staaten bereits für den 22. Februar zu einem Vorbereitungstreffen nach Berlin eingeladen.

"Risikolandkarte" über Finanzsysteme

Generell einig ist man sich nach Angaben aus den Kreisen darin, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) finanziell besser ausgestattet werden soll, international tätige Banken auch von einem internationalen Gremium kontrolliert werden müssen, und das Forum für Finanzstabilität (FSF) um Schwellenländer erweitert wird. Bislang gehören dem Gremium ausschließlich Vertreter der Finanzministerien, Notenbanken und Aufsichtsämter aus Industrieländern an.

Die Bundesregierung will darüber hinaus ein internationales Kreditregister und eine Art "Risikolandkarte" schaffen. Mit Hilfe dieser Karte sollen Informationen über sämtliche regionale Finanzsysteme und die zugehörigen Banken zusammengetragen und analysiert werden. Kommt es zu Verwerfungen, die das System über die jeweilige Region hinaus ins Wanken bringen könnten, "blinkt ein rotes Lämpchen auf", wie der Vorsitzende der Regierungsarbeitsgruppe, Otmar Issing, erklärte. Merkel sagte, es mangele nicht an Daten, es herrsche aber "Wirrwarr" bei deren Zusammenführung und Analyse.

Der britische Premierminister und amtierende G-20-Vorsitzende Gordon Brown verlangte erneut ein internationales Frühwarnsystem für Finanzkrisen.

© SZ vom 10.02.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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