Finanzkrise:Selbsthilfeaktion der Banken

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Mehr als 350 internationale Banken ziehen Konsequenzen aus der Finanzmarktkrise: Sie planen eine globale Selbsthilfe-Aktion. Neue Qualitätsstandards sollen künftig Exzesse im Kreditgeschäft vermeiden.

Claus Hulverscheidt und Nikolaus Piper

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Josef Ackermann, sagte am Rande der Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank in Washington, den Banken gehe es darum, "das Vertrauen untereinander und gegenüber ihren Kunden wiederherzustellen". Ackermann ist Vorsitzender des Institute of International Finance (IIF), unter dessen Dach die Aktion stattfinden soll. Mitglied des Instituts sind praktisch alle global tätigen Banken der Welt.

Die Krise habe gezeigt, dass die Institute "fundamental stark" und das Weltfinanzsystem "fundamental gesund'' seien, sagte Ackermann weiter. Die Selbstkontrolle der Finanzinstitute müsse jedoch verbessert werden. Es komme darauf an, Risiken in einem früheren Stadium als bisher zu erkennen. Außerdem warnte Ackermann vor einer "Überreaktion" der Regulierungsbehörden auf die Finanzmarktkrise.

Risikomanagement soll verbessert werden

Der Ausschuss des IIF, der vom früheren Vizepräsidenten der niederländischen Großbank ING, Cees Maas, geleitet wird, soll neue Standards in mehreren kritischen Bereichen des Bankgeschäfts setzen. So soll vor allem das Risikomanagement der Banken besser werden. Die Institute müssen dafür sorgen, dass die verantwortlichen Risikomanager auch die Geschäftseinheiten kontrollieren, die nicht in der Bilanz auftauchen. Außerdem geht es um die Rolle der Ratingagenturen, die Transparenz der Firmen und die korrekte Bewertung von Finanzprodukten, für die sich kein Marktpreis bildet.

Die Erklärung Ackermanns verdeckt allerdings, dass es unter den Banken erhebliche Differenzen über den richtigen Weg aus der Krise gibt. So drängen europäische Institute die USA seit langem, international vereinbarte neue Eigenkapitalregeln ("Basel II") schnell umzusetzen. Umstritten ist auch der Plan der amerikanischen Großbanken Citigroup, Bank of America und J.P. Morgan Chase für einen Super-Fonds, der den Banken hochkomplexe Wertpapiere abkauft und Notverkäufe verhindern soll. Der Fonds mit Namen "Master Liquidity Enhancement Conduit" (MLEC) wird vom amerikanischen Finanzminister Hank Paulson unterstützt und soll ein Volumen von 80 bis 100 Milliarden Dollar haben. Wie es in Bankenkreisen in Washington hieß, sehen viele Konkurrenten den Fonds als bloßes Stützungsinstrument für Citigroup an und lehnen ihn daher ab.

Ende der Krise noch nicht absehbar

Die Bank hatte wegen der Finanzmarktkrise für das dritte Quartal einen Gewinneinbruch um 60 Prozent angekündigt. Ackermann war am Freitag in Washington mit Finanzminister Paulson zusammengekommen. Der frühere Präsident der US-Notenbank Fed, Alan Greenspan, hat den geplanten Fonds ebenfalls kritisiert. "Es ist für mich nicht klar, ob dessen Vorzüge größer sind als die Risiken", sagte er in einem Interview des Fachmagazins Emerging Markets. "Wenn man in das System interveniert, vertreibt man die Geier. Die Geier sind aber manchmal sehr nützlich."

Während der IWF-Tagung in Washington äußerten sich Banker und Finanzpolitiker besorgt, dass die Finanzmarktkrise zwar eingedämmt, aber noch nicht vorüber sein könnte. So meinte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD), die Krise werde die Welt noch bis weit ins kommende Jahr hinein beschäftigen. "Wir sind keinesfalls durch, von Normalisierung kann keine Rede sein", sagte er. Steinbrück schloss nicht aus, dass nach der IKB und der SachsenLB eine weitere große Bank, "eventuell gar nicht mal in Deutschland", in Schwierigkeiten geraten könnte. Er bestritt jedoch auf Nachfrage, dass er konkrete Hinweise auf eine solche Schieflage habe. "Ich weise nur darauf hin, dass sich die Politik darauf einstellen muss, dass so etwas passieren könnte", sagte er.

Der Minister hatte sich vor seiner Reise nach Washington in New York mit Vorstandschefs mehrerer großer US-Finanzhäuser, darunter Citigroup, JP Morgan Chase und Blackstone, getroffen. Wegen schlechter Quartalszahlen und der Sorge um die Finanzmarktkrise waren Aktienkurse an der Wall Street am Freitag erneut eingebrochen.

© SZ vom 22.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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