Fachmarktzentren:"Lieblos aneinander geklatscht"

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Viele Geschäfte unter einem Dach: Einkaufszeile in Bayern. (Foto: Bauersachs)

Deutschland könnte vom Ausland lernen, meinen Experten. Zum Beispiel von Skandinavien und Österreich.

Von Janis Beenen

Sie tragen Namen wie "Flora Park" oder "Bodensee-Center": riesige Hallen, riesiger Parkplatz, riesiges Gedränge am Samstag. Innen reihen sich Schuh-Discounter, Elektronikläden und Feinkoststände aneinander. In Expertenkreisen heißt dieses Potpourri Fachmarktzentrum. In Deutschland gibt es - meist draußen vor den Städten - mehrere hundert solcher Konsum-Paläste. Tatsächlich sind die Bauten nicht nur aus Sicht des Einzelhandels spannend, auch Investoren interessieren sich dafür. Fonds, Pensionskassen und Versicherungen legen dort Geld an und spekulieren auf üppige Renditen - fünf Prozent könnten drin sein. Natürlich gilt auch hier die Formel: hohe Rendite, hohes Risiko.

Ob ein Fachmarktzentrum funktioniert, hängt unter anderem von der Lage und der Mischung an Geschäften ab. Noch kommen viele Kunden in die deutschen Zentren, und Investoren kaufen gerne Anteile. Doch Risiken trüben die Perspektive. Der Wettbewerb zum Online-Handel und die sinkende Bevölkerungszahl bereiten Sorgen. Dennoch sind sich Experten einig: Das Konzept Fachmarktzentrum ist noch lange nicht am Ende. Aus den deutschen Standorten lasse sich mehr rausholen. Andere Länder sind, was die Architektur oder die Einbettung in Wohnraum angeht, progressiver als die Deutschen. Fachmarktzentren in den skandinavischen Staaten etwa gelten als äußerst beliebt bei Investoren und Anlegern. Die Shopping-Center dort profitieren von günstigen Bedingungen - wie zum Beispiel dem Klima. "Im Vergleich zu anderen europäischen Städten gibt es aufgrund der kühlen Witterung nur eine begrenzte Anzahl von Einkaufsstraßen", sagt Peter Broström, der bei Savills Investment Management den nordischen Markt betreut. Zudem gelten die skandinavischen Fachmarktzentren als besonders innovativ. "Um ein attraktives Einkaufserlebnis zu bieten, sind angegliederte Gastronomie-, Freizeit- und Unterhaltungsangebote von zentraler Bedeutung", sagt Broström: "Es kommt auf die Durchmischung an." Dieser Trend ist auch in Deutschland angekommen, aber nicht so weit fortgeschritten. Zudem seien die skandinavischen Fachmarktzentren nicht ausschließlich auf der grünen Wiese außerhalb der Städte zu finden. Eine Einbettung in Wohnkonzepte sorge für höheren Publikumsverkehr, sagt Broström. Allerdings wachsen auch hier die Bäume nicht in den Himmel. Obwohl sich der Einzelhandel in den nordischen Ländern noch recht erfolgreich gegen die Konkurrenz aus dem Netz wehrt, erwartet Broström in Zukunft weniger Anbieter. Nur die größten Einkaufs- und Fachmarktzentren, die ein Nischenerlebnis böten, könnten sich durchsetzen. Denn bei diesen Anbietern sei das Unterhaltungsangebot, zum Beispiel für Kinder, beim Einkaufen am stärksten ausgeprägt. Und darauf kommt es aus Broströms Sicht an.

Auch André Zücker glaubt an diesen Wandel der Fachmarktzentren. Der Geschäftsführer des Vermögensverwalters KGAL nennt Österreich als Beispiel für Innovationen. Dort setzten viele Fachmarktzentren auf Aufenthaltsqualität. "Die Architektur der Gebäude ist wesentlich hochwertiger, als es oft in Deutschland der Fall ist", sagt Zücker und schiebt hinterher: "Keine lieblos aneinandergeklatschten Blechhütten." Gerade die Millennial-Generation, also die knapp vor dem Jahr 2000 geborenen Jahrgänge, hätten die Häuser im Blick. "Für diese Zielgruppe steht Bequemlichkeit im Vordergrund", sagt Zücker. Deshalb würden die österreichischen Fachmarktzentren vermehrt an den Nahverkehr angebunden. An die Ladenzeilen grenzen immer öfter Fitnessstudios oder andere Freizeitangebote. "Die junge Generation möchte ihre Zeit optimal nutzen." Viele deutsche Fachmarktzentren müssen sich wohl bald auf ähnliche Modelle einstellen, um der Online-Konkurrenz Schritt zu halten. Gelingt die Modernisierung nicht, sind die Aussichten schlecht. Denn Studien zeigen: Haben sich Kunden an einen Laden oder eine Form des Einkaufens gewöhnt, lassen sich ihre Gewohnheiten kaum ändern.

© SZ vom 18.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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