EZB: Eigenwillige Pläne:Noten von der Notenbank

Sollte die EZB die Rolle einer Ratingagentur übernehmen und selbst Noten für die Kreditwürdigkeit der Euro-Mitglieder vergeben? Diese Vorstellung ist absurd.

Martin Hesse

Endlich versucht jemand, die Macht der Ratingagenturen zu brechen. Er heißt Ewald Nowotny, ist Präsident der Österreichischen Notenbank sowie Mitglied im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB).

Seine Idee: Die EZB bewertet selbst die Kreditwürdigkeit von Staaten und verringert so den Einfluss der drei weltweit dominierenden Agenturen S&P, Moody's und Fitch. Es sei unerträglich, dass, wie jetzt in Griechenland, das Schicksal ganz Europas in der Hand einer Ratingagentur liege.

Da möchte man spontan applaudieren, hatten doch die Ratingagenturen schon die Risiken amerikanischer Ramschhypotheken unterschätzt und so zu der Finanzkrise beigetragen.

Doch eine solche Analyse greift zu kurz. Schließlich hat die EZB selbst Europas Schicksal in die Hand der Bonitätswächter gelegt. Aus freien Stücken entschied die Notenbank, nur solchen Ländern Geld zu geben, die als Sicherheit Staatsanleihen mit dem Gütesiegel mindestens einer Ratingagentur bieten.

Man kann argumentieren, die EZB habe keine Wahl, weil es derzeit kein anderes Maß für die Bonität eines Landes gibt. Doch zu folgern, die EZB sollte besser selbst die Noten verteilen, ist falsch.

Die Notenbank ist in dieser Frage alles andere als unabhängig. Wie glaubwürdig wäre eine gute EZB-Note für Griechenland vor dem Hintergrund, dass ein Kollaps des Landes den Euro zerrütten würde, den zu schützen der Auftrag der Zentralbank ist? Der große Einfluss der Ratingagenturen ist problematisch, weil Noten den Herdentrieb der Anleger verstärken können.

Mehr Wettbewerb wäre wünschenswert. Ihnen ausgerechnet die EZB als Konkurrenten zur Seite zu stellen, wäre ein Irrweg.

© SZ vom 04.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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