EU vor Einigung zum Zahlungsverkehr:Bankgeschäfte werden einfacher

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Europas Verbraucher und Firmen können auf niedrigere Bankgebühren hoffen. Eine EU-Richtline soll gewaltige Einsparungen erbringen.

Alexander Hagelüken und Claus Hulverscheidt

Finanzgeschäfte über die Grenze sind auch 50 Jahre nach Start der Europäischen Gemeinschaft häufig mühsam und teuer. Wenn beispielsweise im Urlaub die Kreditkarte gestohlen wird, drohen viele hundert Euro Schaden.

Der Zahlungsverkehr in Europa soll einfacher und billiger werden. (Foto: Foto: dpa)

Wenn Unternehmen Überweisungen aus dem Ausland erhalten, bekommen sie das Geld manchmal erst nach einer Woche auf dem Konto gutgeschrieben. Für die Strom- oder Telefonrechnung der Ferienwohnung in Italien oder Spanien muss man extra ein Konto im Urlaubsdomizil einrichten, was oft schwierig sein kann.

Von nächstem Jahr an soll ein einheitlicher europäischer Zahlungsraum alles verbessern. Finanzgeschäfte mit dem Ausland werden so einfach, billig und sicher wie zuhause, hofft der zuständige EU-Kommissar Charlie McCreevy. Nach langen Verhandlungen wollen Europas Finanzminister am Dienstag McCreevys Vorschlag mit einigen Änderungen zustimmen.

Chancen: "Neun zu eins"

"Ich bin zuversichtlich, dass es zu einer Lösung kommt", sagte der Binnenmarkt-Kommissar der Süddeutschen Zeitung. In Berliner Regierungskreisen wurde bestätigt, dass es eine Einigung gebe. "Neun zu eins" stehen die Chancen, sich schnell mit dem Europaparlament zu verständigen, schätzt der Abgeordnete Alexander Radwan (CSU).

McCreevys Richtlinie legt das rechtliche Fundament für einen einheitlichen Zahlungsraum für Überweisungen, Kartenbenutzung und andere Geschäfte. Europas Banken und Finanzdienstleister sind gerade dabei, diesen zu entwickeln.

McCreevy erwartet Kosteneinsparungen von 50 bis 100 Milliarden Euro im Jahr, weil heute zwei bis drei Prozent der Wirtschaftsleistung Europas für Zahlungen zwischen den verschiedenen Systemen aufgewandt werden. Privatkunden und Unternehmen können auf eine Reihe von Vorteilen hoffen.

Vorteile für Verbraucher

So müssen europaweite Überweisungen künftig im Regelfall einen Tag später auf dem Konto gutgeschrieben werden. Bisher lassen sich Kreditinstitute bis zu einer Woche Zeit und verdienen damit Millionen. Der Abgeordnete Radwan hebt hervor, dass gerade Mittelständler ohne eigene Filialen im Ausland von einer schnelleren Wertstellung profitieren würden.

Die Bundesregierung sieht auch Vorteile für Verbraucher: "Wenn ich einen Unfall habe und schnell Geld brauche, dann ist es künftig egal, ob der Unfall in Frankfurt oder in Sevilla passiert ist", heißt es.

Weniger Sorgen muss man sich auch machen, wenn die EC- oder Kreditkarte verloren geht oder gestohlen wird - ob im Inland oder Ausland. Der Kartenbesitzer haftet nach der Brüsseler Richtlinie nur noch mit höchstens 150 Euro. Es sei denn, er hat die Bank erst viele Wochen später informiert, nachdem ihm der Verlust aufgefallen ist. Manfred Westphal vom Bundesverband Verbraucherzentralen glaubt, dass die Richtlinie die "verbraucherfeindliche" Rechtsprechung in Deutschland ändern wird.

Wenn die gestohlene Karte mit Pin-Nummer eingesetzt wird, vermuteten Richter bisher meist, dass der Kunde seine Bank betrügt - deshalb muss er für den Schaden haften.

Detailfragen noch offen

Die Richtlinie wird außerdem Zahlungen ermöglichen, die innerdeutsch schon Standard sind, etwa die bequeme Abbuchung von Strom- oder Telefonrechnungen vom heimischen Konto durch den ausländischen Versorger. Eine europaweite Lastschrift würde das Extra-Konto für das italienische Ferienhaus überflüssig machen.

Die Bundesregierung sieht durch den einheitlichen Zahlungsraum gewährleistet, dass alle EU-Bürger und Unternehmen "jederzeit zu fairen Preisen und mit vernünftiger Geschwindigkeit" Finanztransaktionen ins Ausland oder aus dem Ausland tätigen könnten.

Sie hält sich eine mögliche Einigung am Dienstag als Erfolg zugute, weil es zuvor unter finnischem und österreichischem EU-Ratsvorsitz nicht gelang, das Projekt unter Dach und Fach zu bringen. Einige Detailfragen müssen aber offenbar noch gelöst werden.

Zum Beispiel wollen angelsächsische Finanzdienstleister Kunden europaweit anbieten, Zahlungen per Kreditkarte erst zwei Jahre später zu begleichen. In der Zwischenzeit können sie Kreditzinsen verlangen. Die Bundesregierung will die Frist auf zwölf Monate begrenzen, das EU-Parlament will nur drei Monate erlauben.

© SZ vom 26.03.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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