EU-Stabilitätspakt:Sehnsucht nach mehr Deutschland

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Längst ist der Stabilitätspakt zu Makulatur geworden. Das sollte sich ändern - manche forderten gar deutsche Haushaltsdiziplin in Europa. Das wird es nun kaum mehr geben. Wegen Deutschland.

Ausgerechnet Deutschland ist nun eingeknickt. Nach der Beinahe-Pleite von Griechenland hatte sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) noch energisch für eine Revision des Stabilitätspakts eingesetzt. Die Idee: Ein Sanktionsautomatismus sollte dem Pakt mehr Autorität geben.

Die EU-Staaten wollen mehr Disziplin in der Währungsunion - doch die Sanktionsmechanismen bleiben schwach. (Foto: dpa)

Frankreich konnte sich damit allerdings nicht anfreunden und intervenierte. Darum wird künftig - wie bisher - über Sanktionen für Defizitänder von den Mitgliedsländern entschieden und die betroffenen Staaten bekommen ein halbes Jahr Zeit, die Empfehlungen Brüssels zum Abbau der Schulden umzusetzen. Der Stabilitätspakt sorgt also höchstens für wohlige Schauer - bedrohlich ist er nicht.

Künftig gilt allerdings der Grundsatz der "umgekehrten Mehrheit": Eine Empfehlung der EU-Kommission zu Strafen kann nur mit einer Zweidrittel-Mehrheit der Mitgliedsstaaten abgewehrt werden. Damit soll das Vetrorecht der Mitgliedsländer ausgehebelt werden.

Zudem soll es ein Frühwarnsystem ermöglichen, wirtschaftliche Schieflagen von Ländern rechtzeitig zu erkennen. Dazu gehört auch, dass der Gesamtschuldenstand der Mitgliedsstaaten stärker beachtet wird. Bislang war vor allem das Defizitkriterium von Bedeutung - erst wenn ein Land die Drei-Prozent-Marke beim Haushaltsdefizit riss, bekam es ernsthafte Problem mit der EU.

"Hätten ein bisschen weiter kommen können"

Bis die neuen Vorschläge der Mitgliedsländer in Gesetzesform gegossen sind, wird allerdings noch einige Zeit vergehen. Eine Arbeitsgruppe der EU soll bis zum März kommenden Jahres Vorschläge für konkrete Änderungen machen, in rund zwei Jahren - die Rede ist von 2012 - könnte der geänderte Stabilitätspakt ratifiziert werden.

Die Reaktionen auf die geplanten Änderungen sind verhalten: "Ich bin überrascht, dass wir nicht die 100-prozentige Haushaltsdisziplin von Deutschland bekommen haben", wundert sich der schwedische Finanzminister Anders Borg. "Wir hätten ein bisschen weiter kommen können." Insgesamt nannte er es aber eine gute Vereinbarung. "Wir haben das Rahmenwerk für die Budgetüberwachung gestärkt."

Der luxemburgische Ressortchef Luc Frieden begrüßte den Kompromiss, betonte aber, es handele sich um eine politische Erklärung, die noch in Gesetze gegossen werde müsse. "Wir haben in großen Zügen eine Verbesserung des Stabilitätspakts fertiggebracht." Einige Sanktionsmechanismen für Defizitsünder seien aber nicht automatisch. Er fügte hinzu: "Die Idealwelt besteht nicht."

Der belgische Ressortchef Didier Reynders sagte: "Wir sollen nicht darauf schauen, wer gewonnen und wer verloren hat. Was zählt ist die Verbesserung der Haushalts- und Wirtschaftspolitik."

Die Minister hatten sich darauf verständigt, Defizitsünder künftig früher und schneller zu bestrafen. Die Gesetzgebung dazu soll Plänen der EU-Kommission zufolge bis Mitte kommenden Jahres stehen. In die anstehenden Verhandlungen ist auch das Europaparlament eingebunden.

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