Ermittlungen gegen Steuersünder:Neue Daten aus Liechtenstein

Lesezeit: 2 min

Die Affäre um Schwarzgeldkonten in Liechtenstein bekommt neue Dimensionen: Daten von knapp 2000 deutschen Kunden sind aufgetaucht.

Hans Leyendecker und Uwe Ritzer

Die Affäre um Schwarzgeldkonten in Liechtenstein bekommt neue Dimensionen. Die Rostocker Staatsanwaltschaft verfügt seit kurzem über Unterlagen mit den Daten von etwa 1850 deutschen Kunden der Liechtensteinischen Landesbank (LLB). Seit Monaten laufen bereits in einem anderen Fall Ermittlungen gegen Hunderte deutscher Steuersünder.

Die Affäre um Schwarzgeldkonten in Liechtenstein bekommt neue Dimensionen. (Foto: Foto: dpa)

Die nun aufgetauchten Belege weisen einen Vermögenswert von gut drei Milliarden Euro aus. Die Unterlagen mit den Kontodaten der LLB wurden vergangenen Freitag in einem Prozess vor dem Rostocker Landgericht übergeben.

Seit April müssen sich vor einer Strafkammer in der Hansestadt drei Angeklagte wegen "gewerbs- und bandenmäßiger Erpressung" verantworten. Die Männer sollen die LLB um mindestens neun Millionen Euro erpresst haben. Das Vaduzer Geldhaus ging lange Zeit davon aus, im Besitz sämtlicher Kopien zu sein.

Die Qualität der jetzt übergebenen Unterlagen ist noch nicht verlässlich überprüft worden. Es soll sich um Kopien jener Kontodaten handeln, die ein früherer Mitarbeiter der LLB zwischen August 2000 und Februar 2003 gesammelt hatte und mit denen er die Bank erpressen wollte.

Als Gruppenleiter in der Wertschriftenverwaltung hatte er zu den heikelsten Daten ungehinderten Zugang. Er wurde wegen versuchter und vollendeter Erpressung verurteilt. Die Unterlagen vagabundierten danach in der kriminellen Szene.

In den Dokumenten, die im Prozess übergeben wurden, finden sich nach Informationen der Süddeutschen Zeitung die Namen der Kunden, Kontoabflüsse und Kontozuflüsse, sonstige Belege und auch die vertraulichen Passwörter, die den Zugang auch zu anonymen Konten ermöglichen.

Viele Kunden aus Süddeutschland und dem Rheinland

Die Staatsanwaltschaft hat bislang noch nicht gezählt, wie viele Kunden es genau waren. Nach Angaben einer Anwältin des Hauptbeschuldigten, die alle Dokumente übergab, sollen es etwa 1850 Kunden sein. Auf geschätzten 600 Seiten finden sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft pro Blatt zwei bis vier Namen von Kontoinhabern.

Wie die SZ erfuhr, wohnen viele der Kunden in Süddeutschland und im Rheinland. Zu den Kunden sollen zahlreiche Mediziner gehören, das ist nach Angaben von Insidern daran erkennbar, dass bei den Namen oft "Dr. med." stehe. Auf den Konten sollen sich überwiegend Millionenbeträge befinden, in einigen Fällen sogar in zweistelliger Höhe.

Die Unterlagen sollen zunächst von Spezialisten auf Echtheit untersucht werden. Parallel dazu soll die Polizei die Kopien kriminaltechnisch auf Spuren untersuchen. Die Steuerfahndung wird dann sogenannte Verprobungen vornehmen und das Material an die jeweils zuständigen Kollegen im Bundesgebiet weiterreichen.

Die Finanzämter werden vorab prüfen, ob Zinsen aus diesen Vermögen in Deutschland versteuert wurden. Das ist in der Regel nicht der Fall. Anders als bei den Schwarzgeld-Ermittlungen der Bochumer Staatsanwaltschaft soll es kein zentrales Verfahren geben.

Mit dem Fall um illegale Stiftungen bei der liechtensteinischen LGT-Bank, in dem die Bochumer Strafverfolgungsbehörde auch gegen den früheren Post-Chef Klaus Zumwinkel ermittelt, steht der Rostocker Fall nicht in Verbindung. Im LGT-Fall wird derzeit gegen 350 Verdächtige ermittelt, weitere 420 Fälle werden geprüft. Ein Großaufgebot an Steuerfahndern, deren Zentrale in Wuppertal ist, brauchte etwa fünf Monate, um die Ermittlungen in Gang zu bringen. Seit Februar trieb die Bochumer Staatsanwaltschaft rund 110 Millionen Euro Steuernachzahlungen ein.

© SZ vom 4.8.2008/vw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: