Erbschaftsteuer:Wahl ohne Qual

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Für Erbfälle aus den Jahren 2007 und 2008 entscheiden die Nachkommen selbst, ob altes oder neues Recht gilt - und das kann sich finanziell lohnen.

Marco Völklein

Die Zeit läuft: Wer in den vergangenen beiden Jahren mit einem Erbfall konfrontiert war, kann noch bis zum 30. Juni 2009 wählen, ob er nicht vielleicht doch lieber nach dem neuen Recht besteuert werden möchte, das seit 1. Januar 2009 in Kraft ist. "Dieses Wahlrecht gilt auch für abgeschlossene Fälle, für die das Finanzamt bereits einen bestandskräftigen Steuerbescheid verschickt hat", sagt Klaus Michael Groll, Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht. Allerdings: "Wer eine Schenkung zu versteuern hatte, kann das Wahlrecht nicht ausüben", sagt Claus-Henrik Horn von der Düsseldorfer Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek.

Altes Recht oder neues Recht - das ist häufig die Frage. In manchen Fällen kann Nachrechnen viel Geld sparen. (Foto: Foto: dpa)

Das Wahlrecht wurde vom Gesetzgeber vor allem eingebaut, um Unternehmenserben eine gewisse Rechtssicherheit zu gewähren. Es kann aber auch interessant sein für Menschen, denen eine teure, selbst genutzte Immobilie vermacht wurde. Dann sollten sie ihren Erbschaftsteuerbescheid hervorkramen und beim Finanzamt die Steuerfestsetzung nach neuem Recht beantragen.

Grundsätzlich ist es so: Für alle Erbfälle, die zwischen dem 1. Januar 2007 und dem 31. Dezember 2008 eingetreten sind, haben die Erben das Wahlrecht. Sie können also im Nachhinein auch das neue Recht nutzen - allerdings mit einer Ausnahme: Die neuen, höheren Freibeträge, die seit 1. Januar 2009 gelten, sind nicht auf die alten Fälle anwendbar. "Die neuen Regelungen für die selbstgenutzte Immobilie aber schon", so Groll.

Und genau diese Regelungen können von Interesse sein. Dazu ein Beispiel: Die Mutter von Matthias K. ist im vergangenen Frühjahr verstorben. Sein Vater starb bereits einige Jahre zuvor. Von seiner Mutter erbte Matthias K. ein Haus in einem Münchner Vorort, außerdem auch noch 100.000 Euro Vermögen in Form von Aktien und Sparanlagen. In das Haus mit 110 Quadratmetern Wohnfläche zog Matthias K. umgehend nach dem Tod seiner Mutter ein; er wohnt heute noch darin. Das Finanzamt bewertete die Immobilie 2008 nach den damaligen Regeln mit rund 250.000 Euro. Insgesamt betrug das Erbe also 350.000 Euro.

Nach altem Recht stand Matthias K. ein Freibetrag von lediglich 205.000 Euro zu. Auf die restlichen 145.000 Euro musste er Erbschaftsteuer zahlen. In seinem Fall betrug der Steuersatz elf Prozent. Er musste also knapp 16000 Euro Erbschaftsteuer entrichten.

Nun aber überlegt Matthias K.: Wenn er sich im Nachhinein dafür entscheidet, die neue Regelung zu nutzen, sieht die Rechnung anders aus. Das Geldvermögen von 100.000 Euro fließt zwar unverändert in die Berechnung ein; das Haus allerdings wird nach den neuen Bewertungsregeln für Immobilien bewertet - statt 250.000 Euro setzt das Finanzamt dann beispielsweise 320.000 Euro an. Insgesamt beträgt das Erbe so 420.000 Euro.

Nun aber greift die Regelung, wonach Kinder das Haus der Eltern steuerfrei erben, sofern sie zehn Jahre lang darin wohnen bleiben. Da Matthias K. unmittelbar nach dem Tod seiner Mutter in das Haus einzog, erfüllt er bislang diese Bedingung. Auf das nun mit 320.000 Euro bewertete Haus müsste er somit keine Erbschaftsteuer zahlen. Und auch beim Geldvermögen geht der Fiskus leer aus: Denn mit den 100.000 Euro aus Aktien und Sparanlagen liegt Matthias K. unter dem Freibetrag von 205.000 Euro, der Kindern nach altem Recht zustand. Er muss also keine Erbschaftsteuer abführen - die bereits gezahlten 16.000 Euro bekommt er vom Finanzamt zurück.

Immobilien anders bewertet

"Klar, das ist ein idealtypischer Fall", räumt Fachmann Groll ein. Unklar ist zum Beispiel, ob das Finanzamt die Steuerfreiheit für das Haus auch gewährt, wenn der Sohn erst im Frühjahr 2009 in das Haus einzieht - also ein Jahr nach dem Tod der Mutter. "Aber in Einzelfällen kann sich die Nutzung des neuen Rechts schon lohnen", sagt Anwalt Horn. So kann es zum Beispiel auch sein, dass gewerbliche Immobilien nach den neuen Bewertungsregeln günstiger bewertet werden als nach den alten. Auch die Bewertung von historischen Immobilien kann nach neuem Recht günstiger ausfallen als nach altem.

Aber Achtung: Wer dem Finanzamt einmal signalisiert hat, dass er das neue Recht nutzen möchte, für den gibt es kein Zurück mehr. Sollte der neu berechnete Steuerbescheid nicht das gewünschte Ergebnis bringen, besteht kein Rechtsanspruch darauf, doch wieder das alte Recht zu nutzen. Erbrechtsexperte Groll: "Bevor man also an das Finanzamt herantritt, sollte man die neue Variante gut durchrechnen."

© SZ vom 25.02.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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