Entscheidung in Berlin:Bankenabgabe - am Ende blutet der Steuerzahler

Lesezeit: 2 min

Die Einführung einer Bankenabgabe ist richtig. Ein Allheilmittel für Krisen ist sie allerdings nicht.

Claus Hulverscheidt

Seit fast sechs Monaten ist die Koalition nun auf der Suche - nach sich selbst, nach einem sinnstiftenden Projekt, vor allem aber nach einem Thema, mit dem sich rasch beim Bürger punkten lässt, am besten noch vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen. Viele Ideen wurden diskutiert und jetzt, endlich, scheint eine gefunden, die allen Anforderungen genügt: die Bankenabgabe.

Vereinfacht gesagt wollen Union und FDP von den Instituten eine jährliche Gebühr verlangen, um sie an den Kosten der Finanzkrise zu beteiligen und einen Vorsorgefonds für künftige Turbulenzen aufzubauen. Derlei "Banker-Bashing" kommt beim Volk an, und die Wortwahl der Koalitionäre verrät, dass man sich dessen absolut bewusst ist: "Zocken", so heißt es in der Regierung, dürfe sich nicht länger lohnen.

Nun ist eine Idee nicht automatisch schlecht, nur weil sie populär ist. Das gilt auch für die Bankenabgabe - wenn sie denn richtig konstruiert wird.

Wichtig ist zunächst, dass man sich von der Vorstellung verabschiedet, die Gebühr sei so etwas wie eine Geldstrafe für das Verhalten der Banken vor und während der Finanzkrise. Wäre dem so, dürften nur diejenigen Institute belastet werden, die durch eigenes Fehlverhalten auch tatsächlich zum Ausbruch der Krise beigetragen haben. Es dürfte schwierig sein, eine solche Auswahl zu treffen. Sinnvoller wäre es deshalb, den Blick nach vorne statt nach hinten zu richten und sich durch den Aufbau eines Fonds, in den alle Banken einzahlen, für die nächste Krise - und die wird kommen - zu rüsten. Gerät ein Institut dann in eine Schieflage, müsste nicht der Staat, sondern der Fonds als Ersthelfer einspringen.

Klingt einfach, ist es aber nicht, denn es bleiben viele Fragen offen. So muss die Abgabe zunächst mit all den anderen neuen Regeln verzahnt werden, die der Bund als Lehre aus der Finanzkrise plant. So sollen die Banken etwa dazu verpflichtet werden, in guten Zeiten mehr Reserven zu bilden und riskante Geschäfte mit mehr Eigenkapital abzusichern.

Alle diese Vorgaben sind für sich genommen sinnvoll, sie dürfen aber in der Summe nicht dazu führen, dass die Institute ihre wichtigste Aufgabe, die Kreditvergabe, nicht mehr in vollem Umfang erfüllen können. Darüber hinaus muss gewährleistet sein, dass die Gebühr mit zunehmender Risikoneigung einer Bank steigt. Nur so lässt sich eine Lenkungswirkung erzielen und sicherstellen, dass am Ende nicht die kleinen Institute für die Fehler weniger großer zahlen müssen.

Drittens stellt sich die Frage, wie die eingesammelten Milliarden angelegt werden sollen, ohne dass neue Risiken entstehen. Und schließlich müsste ein Teil der Fondsmittel an den Bundeshaushalt überwiesen werden, etwa indem man die Zinserträge regelmäßig abschöpft. Der Grund: Kein Bankenfonds der Welt wird je groß genug sein, um alle Systemrisiken abzudecken. Am Ende wird es deshalb immer der Steuerzahler sein, der in die Bresche springen muss - allen populären Vorhaben zum Trotz.

© SZ vom 23.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: