Energie:Stromvertrag am Telefon

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Mit dubiosen Methoden gehen viele Energieanbieter auf Kundenfang. Ein Anruf genügt, und schon haben Verbraucher einen neuen Vertrag abgeschlossen - gegen ihren Willen.

Marco Völklein

Die Strompreise klettern und klettern. Nach einer Erhebung des Vergleichsportals Check24.de heben zum 1. März oder 1. April erneut bundesweit 51 Versorger ihre Preise im Schnitt um 7,4 Prozent an (bei 4000 Kilowattstunden Jahresverbrauch).

Über Drückerkolonnen oder unerwünschte Telefonanrufe treten Stromkonzerne an Verbraucher heran. (Foto: Foto: AP)

Einige Stromanbieter nutzen offenbar die Diskussion um die hohen Stromkosten und gehen nun mit dubiosen Mitteln auf Kundenfang: Bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sind Fälle aufgetaucht, in denen Kunden Verträge zum Anbieterwechsel untergeschoben wurden. Die Stromanbieter traten dabei über Drückerkolonnen oder unerwünschte Telefonanrufe an die Verbraucher heran und gaben sich teils als deren derzeitiger Versorger aus. In anderen Fällen sei auch bewusst verschleiert worden, dass es um einen Wechsel des Anbieters ging.

Im Gespräch mit dem Verbraucher geht es zunächst meist nur darum, ob der Kunde eventuell Interesse an einem Wechsel zu einem günstigeren Anbieter habe. "Unmittelbar danach erhält der Verbraucher dann einen neuen Stromliefervertrag zugeschickt", sagt Energiereferent Christian Michaelis von der Verbraucherzentrale in Stuttgart. Der Brief ist oft auch noch als Werbung aufgemacht und daher gar nicht als Vertrag erkennbar.

Dennoch ist er wirksam - denn ein Vertrag kann auch mündlich am Telefon geschlossen werden. Das aber wissen viele Verbraucher nicht. "Wer den Vertrag nicht will, muss dann selbst aktiv werden", sagt Michaelis. Der Verbraucher hat zwei Wochen Zeit, um den Vertrag zu widerrufen. Bisher setzten vor allem Telefonfirmen und Anbieter von Gewinnspielen auf diesen dubiosen Weg der Neukundenwerbung. "Nun nutzen auch einige Stromanbieter aus dem Billigsegment diese Tricks", sagt Michaelis.

Gas wird erst jetzt billiger

Bei den hohen Strompreisen steigt auch das Interesse der Kunden an einem Wechsel. Unter den 51 Stromversorgern, die für Anfang März oder April Preiserhöhungen angekündigt haben, ist Check24 zufolge auch der zweitgrößte deutsche Stromkonzern RWE, der zum 1. April um 6,9 Prozent teurer wird. Im Gegenzug haben bundesweit 209 Versorger angekündigt, in den nächsten zwei Monaten ihre Preise für Gas um im Schnitt 12,8 Prozent zu senken (bei 20.000 Kilowattstunden Jahresverbrauch). "Mit der aktuellen Preisrunde haben im ersten Quartal 2009 rund zwei Drittel der Gasversorger ihre Preise für die Grundversorgung gesenkt", heißt es bei Check24.

Hintergrund ist der sinkende Ölpreis, an den wiederum der Preis für Gas gekoppelt ist, sagt Roland Pause, Energieexperte bei der Verbraucherzentrale Sachsen. Die Gasversorgungstöchter des Eon-Konzerns gehen bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr mit ihren Preisen herunter - allerdings war die erste Senkung im Februar weit geringer als jene, die jetzt für den April angekündigt wurde: Im Februar betrug die Senkung laut Check24 nur rund fünf Prozent, nun fällt sie mit bis zu 19 Prozent deutlich höher aus. "Viele Versorger haben extra abgewartet mit ihren Preissenkungen bis zum Ende der Heizperiode", kritisiert Pause. "Das ist lukrativer für sie."

© SZ vom 18.02.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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