Eigenbedarf:Auf den Grund gegangen

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Der Bundesgerichtshof hat geurteilt: Täuscht der Vermieter den Eigenbedarf nur vor und die Wohnung steht nach dem Auszug noch Monate leer, kann der Mieter auf Schadenersatz klagen. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Wer die Immobilie für sich oder seine Verwandten braucht, kann den Mieter zum Auszug zwingen. Wer den Eigenbedarf aber nur vortäuscht, muss nach einem Beschluss des BGH Schadenersatz zahlen.

Kündigt der Vermieter wegen Eigenbedarfs, muss der Mieter ausziehen. Doch was können Mieter tun, wenn sie feststellen, dass die Wohnung nach ihrem Auszug monatelang leer steht?

Täuscht ein Vermieter Eigenbedarf vor, steht dem Mieter bei einer Kündigung unter Umständen Schadenersatz zu. Das gilt etwa, wenn der Mieter die Wohnung geräumt hat, die Wohnung dann aber monatelang leer steht. Das geht aus einem Beschluss des Bundesgerichtshof (BGH) hervor (Az. VIII ZR 300/15), berichtet die Zeitschrift Das Grundeigentum (Heft 2/2017).

Im verhandelten Fall gab der Vermieter in einem Schreiben an, dass er die Wohnung dringend für seine pflegebedürftige Mutter brauche. Nach der Kündigung wegen Eigenbedarfs musste die Mieterin die Wohnung räumen. Dann stand die Wohnung allerdings zwei Jahre lang leer - zeitweise wurde sie als Fahrradstellplatz genutzt. Die Mieterin forderte deshalb vom Vermieter Schadenersatz in Höhe von 23 000 Euro. Sie war davon überzeugt, dass die Mutter des Vermieters nie beabsichtigt habe, in die Wohnung einzuziehen. Der Gesundheitszustand der Mutter habe sich außerdem erst ein Jahr nach dem Auszug der Mieterin verschlechtert.

Mieter sollten zum Nachweis Rechnungen sammeln

Der Bundesgerichtshof legte fest, eine Vorratskündigung sei nicht ausreichend. Vielmehr muss beim Vermieter ein konkretes Interesse an einer baldigen Nutzung bestehen. Setze der Vermieter das Vorhaben nicht um, liege der Verdacht nahe, dass er den Eigenbedarf nur vorgeschoben habe. Dann muss er laut BGH unter strengen Vorschriften plausibel darlegen, warum der Eigenbedarf nachträglich entfallen ist. Im verhandelten Fall wurde dies von dem Berufungsgericht übergangen. Der BGH wies den Fall deshalb zur Neuverhandlung zurück.

Bestätigt sich der Verdacht, dass der Vermieter den Eigenbedarf nur vorgetäuscht hat, können Mieter Schadenersatz fordern. "Sie können dann etwa die Kosten für den Umzug, eine erhöhte Miete, Maklergebühren oder Einbauten in der Wohnung geltend machen", sagt Anja Franz vom Mieterverein München. Mieter sollten dafür entsprechende Rechnungen als Nachweis sammeln. Das sei aber nur ein schwacher Trost, schließlich musste der Mieter die Wohnung ja schon räumen.

In der Praxis ist die Beweisführung in solchen Fällen allerdings oft sehr schwierig. "Denn der Vermieter kann sich darauf berufen, dass sich die Umstände bei ihm geändert haben", sagt Franz. Deshalb rät sie: "Idealerweise sammeln Mieter stichhaltige Beweise, die belegen, dass das Vorhaben des Vermieters vorgetäuscht war."

© SZ vom 24.02.2017 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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