Der Euro in der Krise:Zurück auf Anfang

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Die Gefahren des Euro waren immer klar, doch seine Erfolge werden nicht anerkannt. Dabei ist die Währungsunion noch immer ein Garant für mehr Wohlstand.

Alexander Hagelüken

Sie haben ihn nie gewollt, diesen Euro. Von Anfang an misstrauten viele Deutsche der Währungsunion. Sie hatten das Gefühl, der Euro werde ihnen übergestülpt von Franzosen und Italienern, die Deutschland schwächen wollten und letztlich nur eines begehrten: der Deutschen hart verdientes Geld.

Der Euro im Regen: Die Zweifler der europäischen Währungsunion scheinen Recht zu behalten, doch wer die Währungsunion verkümmern lässt, verzichtet auf Wohlstand. (Foto: Foto: dpa)

Und behalten die Zweifler nicht recht? Bis zu 110 Milliarden Euro pumpen Europa und Weltwährungsfonds nach Griechenland, und nun sollen es dazu noch bis zu 750 Milliarden Euro sein für alle angeschlagenen Euro-Staaten. Mit ungewissem Ausgang, denn der Euro rutscht weiter.

Die Währungsunion wird zu einer Transferunion, was sie nie werden sollte. Und die Skeptiker wissen sofort Rat: Schmeißt die Griechen raus! Oder brecht die Union gleich ganz auseinander!

Das Problem ist, dass die möglichen Gefahren des Euro von Anfang an klar waren, während seine Erfolge bis heute nicht anerkannt werden. Ja, es ist schwierig, derart unterschiedliche Volkswirtschaften in das Korsett einer gemeinsamen Währung zu pressen. Was dabei schiefgehen kann, ist derzeit zu besichtigen.

Die Erfolge dagegen sind mit bloßem Auge viel schwerer zu erkennen. Dabei sind sie immens. Deutschen Unternehmen ist die jahrzehntelange Sorge genommen, dass Konkurrenten aus Frankreich, Spanien oder Italien auf einmal billiger sind, weil diese Staaten einfach ihren Franc, Peseta oder Lira abwerten.

Der Euro ließ zusammen mit den EU-Gesetzen einen richtigen Wirtschaftsraum entstehen, mit messbarem Erfolg. In den ersten zehn Jahren der Währungsunion schufen die Euroländer jedes Jahr im Durchschnitt eine Million Arbeitsplätze. Das waren fünf Mal so viel wie im Schnitt der Jahre zuvor. Eine Bilanz, die sich schwer ignorieren lässt.

Auf all das müsste verzichten, wer die Währungsunion abschaffen will - entweder bewusst oder durch einen Mangel an Hilfe für die Euro-Staaten, die jetzt an den internationalen Finanzmärkten angeschossen werden.

Wer die Währungsunion verkümmern lässt, verzichtet auf Wohlstand. Deshalb müssen die Euro-Regierungen alle Spekulanten, die auf eine Explosion der Währungsunion wetten, mit Milliardenpaketen abschrecken.

Es ist wie mit der EU als Ganzes: Ja, die Deutschen haben über Jahre viele Milliarden nach Brüssel überwiesen, um Portugal oder Polen Investitionen zu finanzieren - profitiert davon aber haben nicht nur Portugiesen oder Polen, sondern auch deutsche Exportfirmen und damit die Bundesbürger.

Eine Transferunion darf die Währungsunion trotzdem nicht werden. Es muss für alle Mitgliedsstaaten der Anreiz und die Verpflichtung bestehen, solide zu haushalten und die Volkswirtschaft zu modernisieren, statt auf Kredite zu hoffen.

Mit Griechen-Bashing alleine aber kommt niemand weiter. Was deutsche Steuerzahler nun womöglich teuer bezahlen, ist nicht nur griechische (oder portugiesische) Misswirtschaft - sondern Europas Unfähigkeit, gegen solches Verhalten Vorsorge zu treffen.

Die Väter des Euro verankerten scharfe Vorgaben über Defizit und Schuldenhöhe im Fundament der Währungsunion. Doch die Politiker kümmerten sich nicht darum, ob Regierungen diese wirklich einhielten. Als das griechische Versagen und Tricksen vor Jahren offenbar wurde, schauten die EU-Politiker weg. Nun bröckelt die Basis des Euro.

Der grundlegende Irrtum bestand darin zu ignorieren, dass eine Einheitswährung politische Einheit benötigt. Was Uneinigkeit kostet, zeigt sich spätestens jetzt: Das wochenlange Feilschen um Hilfe hat die Spekulanten ermutigt, immer höhere Summen gegen den Euro zu wetten und damit ein größeres Hilfspaket erfordert als dies vor Wochen nötig gewesen wäre.

Deutschland, Frankreich und andere müssen sich also einig sein. Und wo dies absehbar unwahrscheinlich ist - in den Details nationaler Wirtschaftspolitik -, muss ein Korsett fester Regeln sichern, dass die Euroländer auf Kurs bleiben. Dieses neue Fundament müssen die Regierungen dem Euro bauen: Das ist Europas große Aufgabe der nächsten Jahre. Andernfalls bricht die Währungsunion wirklich auseinander.

© SZ vom 12./13.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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