Denkmalschutz:Mühsam, aber machbar

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Fachwerkhäuser in Herrenberg/Baden-Württemberg. Die Altstadt steht seit 1983 unter Denkmalschutz - eine Herausforderung für Hauseigentümer. (Foto: Klaus Nowottnick/dpa)

Auch historische Immobilien lassen sich in barrierefreie Wohnungen umbauen - vorausgesetzt, das Projekt wird gut vorbereitet.

Von Kelly Kelch

Das baukulturelle Erbe zu erhalten und zu pflegen, ist Ziel denkmalpflegerischen Handelns. Dabei geht es um nicht weniger als um das Gedächtnis der Städte und Siedlungsräume. Nach Angaben der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger gibt es in Deutschland etwa eine Million denkmalgeschützte Immobilien. Weil das Thema Ländersache ist, gibt es 16 unterschiedliche Denkmalschutzgesetze, die jedoch eines vereinen: den langfristigen Erhalt wichtiger historisch-kultureller Boden- und Baudenkmäler. Doch wer die Gebäude nutzen will, hat es oft mit ganz praktischen Problemen zu. Zum Beispiel beim Umbau in barrierefreien Wohnraum.

Grundsätzlich hat die Denkmalschutzbehörde das letzte Wort, ob und in welchem Umfang die gewünschten Sanierungsmaßnahmen vorgenommen werden dürfen. Umgekehrt ist der Eigentümer in einem gewissen Maß zur Instandhaltung verpflichtet. Und genau hier treffe man einen wunden Punkt, schildert Wolfgang Göhner, Justitiar des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, seine Erfahrungen. Für die Eigentümer ist es zunächst nicht verständlich, die Denkmalschutzbehörde um Erlaubnis zu bitten, wenn an der eigenen Immobilie Sanierungsmaßnahmen vorgenommen werden sollen. Es sei daher wichtig, dem Eigentümer die klare Trennung von barrierefreiem Bauen und Denkmalschutz deutlich zu machen, aber auch den Unterschied zwischen dem allgemeinen "barrierefrei" und dem individuellen "behindertengerecht" zu erklären, führt Göhner weiter aus.

Denkmalschutz oder Barrierefreiheit? Hubert Hüppe, Beauftragter der Bundesregierung mit der UN-Behindertenrechtskonvention, hat ein klare Priorität: "Teilhabe ist ein Menschenrecht. In der Abwägung zwischen Denkmalschutz und Barrierefreiheit muss die Barrierefreiheit Vorrang haben." Bei der wachsenden Zahl älterer Menschen dürfte dieser Konflikt immer häufiger auftreten.

Bei den Umbauten geht es um die Beseitigung von Barrieren wie enge Türen, Schwellen oder steile Treppen, und um bauliche Strukturen, die im Pflegefall erforderlich sind. Doch die für die Denkmalpflege Verantwortlichen wissen oft gar nicht, wie ältere oder behinderte Menschen wirklich leben. Gleichzeitig ist das Wissen um den Wert und die Bedeutung des Erhalts originaler Bausubstanz manchmal lückenhaft. Um hier eine gute Lösung zu finden, braucht es zunächst einen Dialog zwischen den Beteiligten. Der Prozess ist mühsam.

Viele Bauherren scheuen die Auflagen der Behörde und die damit verbundenen Kosten

Auf viele Bauherren wirkt der Denkmalschutz daher abschreckend. Sie scheuen die Auflagen der Denkmalschutzbehörde und vor allem die damit verbundenen Kosten. Die Institutionen agierten eher kontraproduktiv und zäh, wird immer wieder behauptet. Julia Ludwar vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege will hier eine Lanze brechen. Für sie ist es wichtig, mehr Verständnis bei beiden Parteien zu erreichen sowie Konfrontationen abzubauen. "Jedes Haus ist doch individuell zu betrachten. Was zählt, sind in erster Linie die Bedürfnisse, und wie diese mit den Auflagen einigermaßen vertretbar umgesetzt werden können." Ohne fundierte Voruntersuchung könne daher kein ausgefeiltes Maßnahmenpaket erstellt werden. Die Voruntersuchung bilde die Grundlage für Entscheidungen der verantwortlichen Behörden, so Ludwar.

Auch für Architekten sind solche Vorgaben kein alltägliches Geschäft. Drei Kriterien sind für Architekten ausschlaggebend: die Erschließung des Gebäudes, um mit möglichst wenig technischen Maßnahmen alle Ebenen zu erreichen - wo sind die Knotenpunkte für einen Aufzug oder eine Hebebühne, wo ist der Bau von Rampen angebracht? Zweitens stellt sich die Frage, wie die Wegeführung möglichst logisch und kurz gestaltet werden kann - sind Türbreiten von 90 cm vorhanden oder baulich zu realisieren, sind Bewegungsflächen entsprechend des Bedarfs vorhanden? Und schließlich muss geklärt werden, welche Hilfsmaßnahmen für Sehbehinderte oder Gehörlose zusätzlich zu planen sind und wie sich das "2-Sinne-Prinzip" - wonach mindestens zwei der drei Sinne "Hören, Sehen und Tasten" angesprochen werden müssen - anwenden lässt. Gleichzeitig geht es aber auch darum, im Denkmal die Barrierefreiheit möglichst behutsam zu realisieren.

Eine der Schlüsselfragen für Bauherrn ist die barrierefreie Erschließung von Geschossen. Bei manchen Altbauten kommt nur der Anbau eines Außenaufzugs in Frage. Dabei können oft nur die Zwischenpodeste der Treppen erschlossen werden - keine optimale Lösung, da immer noch ein halber Treppenlauf überwunden werden muss. Rollstuhlnutzern ist damit nicht geholfen. Hier hilft nur eine Kombination mit weiteren Sonderlösungen im Inneren des Hauses weiter. Für den Einbau eines Außenaufzugs ist grundsätzlich eine Baugenehmigung erforderlich, die zum Beispiel abgelehnt werden kann, wenn das äußere Erscheinungsbild zerstört werden würde. Eine andere Möglichkeit sind Aufzüge innerhalb des Hauses. Entscheidend sind hier allerdings ausreichende Bewegungsflächen am Anfang und am Ende der Treppe. "Es kommt uns nicht auf den Zentimeter an. Für mich muss eine Lösung gut funktionieren, deshalb können Vorschriften durchaus auch eingeschränkt umgelegt werden", sagt Ludwar.

Um keine bösen Überraschungen bei der Baukostengrenze zu erleben, sollten Bauherren mehrere Expertisen einholen. Besonders wichtig ist eine umfangreiche Voruntersuchung, die zudem förderfähig ist. Die Förderung gilt allerdings nicht bei Maßnahmen zur Barrierefreiheit in Kraft, weil sie rechtlich gesehen kein denkmalschützerisches Thema darstellen.

Dennoch kann man auf steuerliche Vergünstigungen zurückgreifen. Die meisten Bundesländer verfügen über eigene Förderprogramme wie zinslose oder zinsgünstige Darlehen, Baukostenzuschüsse und Aufwendungshilfen.

© SZ vom 17.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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