China: Immobiliensteuer:Die Boom-Bremser

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Wohnkosten in chinesischen Metropolen steigen massiv an. Jetzt greift die Regierung ein und verlangt erstmals eine Immobiliensteuer. Experten bezweifeln die Wirksamkeit der Maßnahme.

Marcel Grzanna

Die chinesische Regierung will mit einer neuen Immobiliensteuer die steigenden Preise auf dem Häusermarkt attackieren. Nach monatelangen Spekulationen hat das Finanzministerium grünes Licht für ein Pilotprojekt in der südwestchinesischen Millionenstadt Chongqing erteilt. Demnach sollen dort ab März Abgaben in Höhe von vermutlich einem Prozent des Kaufpreises auf Luxusimmobilien erhoben werden. Auch in Shanghai ist die baldige Einführung einer Steuer geplant. Allerdings sollen in der Küstenmetropole zunächst nur Zweitimmobilien unter die Regelung fallen. Weitere Städte werden in der Zukunft vermutlich ebenfalls eingebunden.

Die Preise für Wohnungen in chinesischen Städten steigen an. (Foto: dpa)

Trotz einer Fülle an Maßnahmen steigen die Preise in China für Wohnungen in den Ballungsräumen weiter an. Von September bis November kletterte der Preisindex von 70 Großstädten kontinuierlich nach oben. Immerhin konnte der explosionsartige Trend des Jahres 2009 und des ersten Quartals 2010 gestoppt werden, nachdem Peking binnen kürzester Zeit massiv in den Markt eingegriffen hatte.

So erhöhte die Regierung unter anderem drastisch die gesetzlichen Anzahlungen und die Hypothekenzinsen. Zudem mussten die Banken ihre Mindestreserven aufstocken. Die Kreditvergabe wurde dadurch gedrosselt. Doch ein entscheidender Schlag gegen den überhitzten Markt gelang bis jetzt noch nicht.

Ob die Immobiliensteuer nun das Heilmittel ist, bezweifeln Fachleute. "Mit der Steuer den Markt zu bändigen, halte ich für eine unmögliche Mission. Kurzfristig mag es einen Effekt auf die Psychologie der Investoren geben. Aber langfristig wird es die Preise kaum beeinflussen", sagt Yang Hongxu, Chefanalyst vom Forschungsinstitut E-House in Shanghai. Auch andere Experten teilen Yangs Skepsis. Ren Zhiqiang ist Chef des Immobilienentwicklers Huayuan. "Eine Immobiliensteuer ist ein Tropfen auf den heißen Stein", schreibt er in seinem Blog.

Viele befürchten deshalb, dass die Besteuerung von Luxusimmobilien nur die erste Stufe ist auf dem Weg zu einer allgemeinen Steuer für Haus- und Wohnungsbesitzer ist. Noch aber sind in Chongqing wohl nur Apartments betroffen, die mehr als 200 Quadratmeter groß oder als die vierte Immobilie eines jeweiligen Besitzers registriert sind. Konkret haben sich die Behörden noch nicht geäußert.

Die Zentralregierung wird die Entwicklung des Marktes in Chongqing und später in Shanghai sehr genau beobachten, weil sie nicht nur eine Abkühlung der Preise erhofft, sondern gleichzeitig einen Schub für den sozialen Wohnungsbau. Peking klagt über einen erheblichen Mangel an günstigen Wohnungen im Land. Vor allem der Mittelschicht soll die Möglichkeit zu einem Leben in den Städten ermöglicht werden. Die Unzufriedenheit in der breiten Masse der Bevölkerung über die ausufernden Lebenshaltungskosten wächst, weil viele Menschen sich die Wohnungen nicht mehr leisten können. Stattdessen leben sie billiger außerhalb der Stadtzentren und pendeln teilweise stundenlang zu ihrem Arbeitsplatz.

Um den sozialen Wohnungsbau anzukurbeln, ist die Regierung zwingend auf die lokalen Behörden überall im Land angewiesen. Deren Haupteinnahmequelle sind jedoch die Gelder aus Grundstücksverkäufen an Immobilienentwickler. Je höher dabei die Preise sind, desto größer die finanziellen Spielräume der Lokalbehörden.

Die Entwickler bauen ihrerseits am liebsten Luxusapartments, um größtmögliche Gewinne einzufahren. So ist eine gefährliche Preisspirale entstanden, die mitverantwortlich ist für den überhitzten Markt. Bestenfalls wird also die Steuer die Lust der Entwickler auf den Kauf neuer Grundstücke dämpfen, weil die Nachfrage nach Luxusapartments wahrscheinlich sinken wird.

© SZ vom 12.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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