Bundesimmobilien:Preis lass nach

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Konversion mit schwerem Gerät: Auf dem ehemaligen Militärflughafen in Fürstenfeldbruck wird Beton aufgebrochen und das Gelände so für eine neue Nutzung vorbereitet. (Foto: Johannes Simon)

Der Bund verkauft viele interessante Immobilien an Investoren und Kommunen - immer öfter mit Rabatt. Kommunen und Mieter profitieren davon.

Von Ingrid Weidner

Aufgegebene Kasernen, ehemalige Offiziershäuser, stillgelegte Flughäfen - der Bund hat einige interessante Grundstücke. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) bietet sie zum Kauf an, wenn sie nicht mehr für staatliche Aufgaben benötigt werden. Wer über die notwendigen Mittel verfügt, kann beispielsweise eine ehemalige Abhör- und Peilanlage mit Wohnhäusern in Husum erwerben oder ein 1938 erbautes ehemaliges Doppelhaus für Offiziere auf Sylt, für 3,5 Millionen Euro.

Mit dem Abzug von amerikanischen und britischen Streitkräften und der Bundeswehr aus vielen Städten sind viele Flächen frei geworden. "Ein Schwerpunkt für den Verkauf von Konversionsliegenschaften liegt in der Region Ostwestfalen-Lippe in Nordrhein-Westfalen", berichtet ein Sprecher der Bima. Die britischen Streitkräfte haben angekündigt, sich bis 2020 aus Deutschland zurückzuziehen. In Nordrhein-Westfalen stehen dann 20 000 Hektar mit etwa 6200 Wohneinheiten zur Verfügung, für die noch Konzepte entwickelt werden müssen. Große Entwicklungschancen gibt es auch in der Metropolregion Rhein-Neckar. Die US- Streitkräfte haben von 2007 bis 2014 mehr als zwanzig Liegenschaften in der Metropolregion an den Bund zurückgegeben. Eigentlich sollte Mannheim 500 Hektar ehemalige Kasernenflächen bekommen, doch kurzfristig entschied das US-Militär, die 220 Hektar große Coleman-Kaserne am nördlichen Stadtrand nicht zurückzugeben. Für die übrigen 280 Hektar plant die Stadt neue Wohn- und Gewerbequartiere. "Bis zum Jahr 2025 benötigen wir rund 10 000 neue Wohnungen. Auf den Konversionsflächen entstehen rund 7500 Wohnungen, damit können wir einen großen Teil des Bedarfs decken", sagt Klaus-Jürgen Ammer, Beauftragter für Konversion und Leiter Projektgruppe Konversion in Mannheim.

Weil Bundesbedienstete oft nur schwer eine Wohnung finden, will die Bima auch selbst bauen

Gerade bereitet die Bima das Gelände der ehemaligen Hammonds Barracks zum Verkauf vor. Seit dem Sommer räumen dort Bagger das Areal frei, Mitte 2020 soll der Rückbau abgeschlossen sein. Auf zwölf Baufeldern sollen dann 400 Wohnungen entstehen. Einige der Kasernengebäude bleiben erhalten, um an die Geschichte des ehemaligen Militärstandorts zu erinnern.

Mannheim will aber nicht alle Flächen dem freien Markt überlassen. Vor eineinhalb Jahren legte der Stadtrat eine Quote fest: Im Geschosswohnungsbau ab zehn Wohneinheiten müssen 30 Prozent der Wohnungen preisgebunden angeboten werden. "Als bezahlbare Miete haben wir einen Quadratmeterpreis von 7,50 Euro festgelegt. Auch Investoren, die Flächen in Mannheim kaufen, müssen sich daran halten", sagt Ammer.

Heidelberg stehen mit der Konversion von ehemaligen Militärstandorten 180 Hektar Entwicklungsfläche zur Verfügung. Mit knapp 100 Hektar ist das Patrick-Henry-Village das größte Areal. Zwar ist das Gelände durch eine Autobahn vom übrigen Heidelberger Stadtgebiet getrennt, doch die Stadt plant dort für eine Internationale Bauausstellung (IBA) - Motto "Wissensstadt von morgen" - ein neues Viertel. Bürgerdialog und Architekturwettbewerb lieferten Idee für das Quartier, in dem künftig 10 000 Menschen leben und 5000 arbeiten könnten. Noch stehen die Planungen am Anfang, die Stadt möchte Teile des Areals direkt von der Bima erwerben, verkauft wurde bisher noch nichts.

Im westfälischen Münster sind die Planer schon einen Schritt weiter. Auf dem Gelände der ehemaligen Oxford- und York-Kaserne entstehen neue Wohnquartiere, die Verträge sind unterzeichnet. Auf den 75 Hektar sollen Wohnungen für 10 000 Personen entstehen.

Immer wieder gab es von Kommunen Kritik an der Bima. Sie verkaufe Flächen zu Marktpreisen und drehe damit die Preisspirale immer weiter nach oben. Genossenschaften, die günstigen Wohnraum für ihre Mitglieder schaffen wollten, oder städtische Wohnungsbaugesellschaften kämen deshalb häufig nicht zum Zug.

Seit 2012 kann die Bima Konversionsliegenschaften an Kommunen günstiger abgeben, im Rahmen des sogenannten Erstzugriffs. "Die Grundlage für die Kaufpreise ist in diesen Fällen nicht ein Marktangebot, etwa durch eine Ausschreibung. Stattdessen erfolgt die Preisfindung regelmäßig über einen gutachterlich ermittelten Verkehrswert - ausdrücklich nicht über Höchstpreise", heißt es bei der Bima.

Und seit 2015 gewährt die Bima zusätzlich Preisnachlässe, etwa wenn die Grundstücke für einen sozial verträglichen Wohnungsbau verwendet werden. Kommunen können so Immobilien verbilligt erwerben und an Dritte mit dieser Bindung weiterverkaufen. Nach unten gebe es keine Begrenzung für Rabatte, so der Bima-Sprecher. Es komme vor, dass Flächen für den sozialen Wohnungsbau kostenlos abgegeben werden. Weil in vielen Städten Wohnungen fehlen, wolle die Bundesregierung vor allem Liegenschaften mit Wohnbaupotenzial schneller verkaufen. "Die Bima nimmt den politischen Auftrag ernst", sagt der Mannheimer Konversionsbeauftragte Ammer. Er wünscht sich "ein deutliches Entgegenkommen" in den aktuellen Verhandlungen mit der Bima. Die bürokratischen Hürden, einen Rabatt zu erhalten, seien allerdings groß, räumt er ein.

Seit 2015 gewährte die Bima eigenen Angaben zufolge Kaufpreisnachlässe von 66 Millionen Euro. Dadurch habe die Bima zur Errichtung von 3000 Wohneinheiten im sozialen Wohnungsbau beigetragen. Von der neuen Vergabepolitik hätten zahlreiche Kommunen und Wohnungsbauprojekte profitiert. In Darmstadt seien etwa 630 Sozialwohnungen entstanden, in Münster um die 450, in Mannheim 260 und in Paderborn 240. Zwar summiert sich das nur auf rund 1600 Sozialwohnungen deutschlandweit, doch mancherorts werde noch geplant und gebaut, heißt es.

Weil in Großstädten wie Berlin, Frankfurt, Hamburg, Köln/Bonn, München oder Stuttgart Bundesbedienstete nur schwer eine bezahlbare Wohnung finden, prüft die Bima in diesen Städten auch, selbst neue Wohnungen zu errichten. Erste Projekte sollen im kommenden Jahr umgesetzt werden, so in Aschaffenburg. Auch in Berlin gibt es konkrete Pläne. Dort sollen in der Cité Foch, der ehemaligen Wohnsiedlung der französischen Streitkräfte, 400 Wohnungen entstehen.

© SZ vom 05.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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