Bürovermietung:An die Arbeit

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In europäischen Metropolen werden mehr Gewerbeobjekte vermietet, die Mieten steigen kräftig. Vor allem Berlin erlebt einen Boom.

Von Simone Gröneweg

Unternehmen in Europa ziehen wieder rege um und ein. In vielen Städten sinkt die Zahl leer stehender Büros, die Mieten steigen. Sie könnten sich 2016 und im kommenden Jahr um zwei bis drei Prozent verteuern, prognostizieren die Analysten des Immobilienberaters CBRE.

Die Ansprüche der Nutzer steigen allerdings auch. So sind vor allem moderne, zentral gelegene Gebäude gefragt. Wer Eigentümer einer solchen Immobilie ist, kann sich freuen, denn diese Flächen sind rar. "Nach der Finanzkrise ist die Projektentwicklung an vielen Standorten zusammengebrochen. Darum wurde in den vergangenen Jahren wenig gebaut, und diese Flächen fehlen heute", erklärt Axel Drwenski, Leiter Immobilienresearch bei der Commerz Real. Die Folgen dieses Einbruchs machen sich nun bemerkbar. Die Mieten für erstklassige Büroflächen in Europa ziehen deutlich an. "So liegt beispielsweise der durchschnittliche Mietpreis in Dublin doppelt so hoch wie im Jahr 2012", berichtet Jan Linsin, Chefanalyst bei CBRE. Auch in anderen Märkten, darunter Stockholm und Barcelona, hätten die Mieten zehn Prozent pro Jahr angezogen. In Madrid gebe es Anzeichen dafür, dass sich das Wachstum auch auf weniger zentrale Bezirke ausweite, berichtet der Immobilienberater Colliers International. In den Beneluxländern beschränkt sich das Mietwachstum vor allem auf das Geschäftsviertel von Amsterdam. In Paris - nach London zweitgrößter Stadtimmobilienmarkt in Europa - ging es bei den Mieten nur moderat aufwärts.

Die europäische Leerstandsquote ist bis Ende 2015 auf 8,9 Prozent gesunken, heißt es in einem Bericht des Immobiliendienstleisters JLL. Das sei der niedrigste Wert seit Anfang 2009.

In München herrschen ideale Zustände für Eigentümer von hochwertigen Immobilien

In den wichtigsten Bürozentren in Deutschland stehen ebenfalls weniger Büros leer. Die gute Konjunktur und eine steigende Zahl bei den Bürobeschäftigten stützten die Märkte, sodass nach Angaben von CBRE im vergangenen Jahr an den fünf Standorten Berlin, Hamburg, Düsseldorf, München und Frankfurt drei Millionen Quadratmeter Bürofläche angemietet wurden, knapp 23 Prozent mehr als 2014. Die Leerstandsquote für die fünf Standorte reduzierte sich bis Ende 2015 auf 7,2 Prozent und lag damit 1,2 Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert. In München herrschen ideale Zustände für Eigentümer von qualitativ hochwertigen Immobilien. "Die Angebotsmieten steigen rasant, die Flächen gehen im Top-Segment zu Höchstmieten weg", sagt Petra Bolthausen, die den Bereich Bürovermietung von JLL in München leitet. Nach Angaben von CBRE erhöhte sich die Spitzenmiete auf 34 Euro pro Quadratmeter.

In Frankfurt lief das Vermietungsgeschäft nicht ganz so prächtig. "Ausschlaggebend für den vergleichsweise moderaten Umsatz ist wie bereits im vergangenen Jahr der erneut sehr niedrige Anteil von Großverträgen über 5000 Quadratmeter", urteilt Oliver Barth, Frankfurter Niederlassungsleiter der BNP Paribas Real Estate GmbH. Insgesamt sei nur ein Großabschluss über 10 000 Quadratmeter registriert worden. Mit einer Spitzenmiete von 38 Euro rangiert Frankfurt aber noch vor den anderen Top-Standorten hierzulande.

Schon fast euphorisch werden Makler und Berater, wenn sie sich zum Markt in Berlin äußern. Die deutsche Hauptstadt gewinnt als Technologiestandort an Bedeutung, und dort leben auch viele junge Leute. Das Besondere an Berlin: Der Vermietungsmarkt für Büros holt gerade kräftig nach, verfügt aber gleichzeitig noch über Potenzial. Im bundesweiten Vergleich hat sich Berlin 2015 mit 814 000 vermieteten Quadratmetern sogar vor München geschoben - da waren es 741 000 Quadratmeter. Ob das 2016 so bleibt, ist ungewiss: "Da eine erneute Häufung von Megaabschlüssen, wie sie das Jahr 2015 gesehen hat, nicht wahrscheinlich ist, wird der Flächenumsatz aller Voraussicht nach deutlich unter dem Wert von 2015 bleiben", meint Jan Dohrwardt, Berliner Niederlassungsleiter der BNP Paribas Real Estate GmbH. Dennoch sollte eines der besten Ergebnisse erzielbar sein, ergänzt er. Die Spitzenmiete zog laut CBRE um mehr als vier Prozent auf 23,50 Euro an. In Hamburg lag sie Ende des Jahres bei 25 Euro, in Düsseldorf stagnierte sie bei 26 Euro. Der Düsseldorfer Markt bewegte sich aber trotzdem auf Rekordniveau, denn dort wurde der höchste Flächenumsatz seit dem letzten Boomjahr 2007 erzielt.

Mit wenigen Ausnahmen wird für die Top-Bürolagen in Europa ein ansehnliches Wachstum im Jahr 2016 erwartet. Die Stimmung ist gut, doch auf Europa warten viele Herausforderungen. Die Länder müssen gemeinsam die Flüchtlingskrise bewältigen. Das anstehende Referendum der Briten zur Zukunft in der EU macht die Sache nicht leichter. "Solche Unsicherheiten hinterlassen irgendwann Spuren an den Märkten. Investoren und Firmen, die Gebäude kaufen und anmieten, wünschen sich Verlässlichkeit", betont Drwenski. So befand sich der Londoner Markt 2015 im Höhenflug - mit sinkenden Leerständen, einem starken Vermietungsgeschäft und steigenden Spitzenmieten. Derzeit bemerke man jedoch eine Zurückhaltung bei Investoren und Mietern, wenn es um große Deals gehe, sagt Drwenski, "viele möchten doch lieber den Ausgang des Referendums abwarten."

© SZ vom 11.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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