BGH-Urteile:Veraltet und verjährt

Bundesgerichtshof

In Sachen Mietrecht hat der Bundesgerichtshof in Karlruhe das letzte Wort.

(Foto: Uli Deck/dpa)

Eigenbedarf, Betriebskosten, Mieterhöhung oder Berechnung der Wohnfläche: Auch im vergangenen Jahr hat der Bundesgerichtshof wichtige Urteile für Mieter und Eigentümer gesprochen - eine Auswahl.

Die Mieten sind hoch, das Wohnungsangebot ist knapp, der Unmut bei Mietern wie Vermietern oft groß, wie die vielen Gerichtsprozesse zum Immobilienrecht zeigen. Bei einigen Themen hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Eigenbedarf

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat zum Thema Eigenbedarf grundlegende Urteile gesprochen. So hat er festgestellt, wann ein Härtefall vorliegt - allein die Tatsache, dass der Wohnungsmarkt angespannt ist, ist für die obersten Richter noch kein Härtefall. Auch ein hohes Alter des Mieters oder eine lange Mietdauer begründen nicht automatisch eine Härte, mit der ein Mieter eine Wohnungskündigung abwenden könne. Entscheidend ist die individuelle Situation - die oft nur mit einem Sachverständigengutachten beurteilt werden kann (Urteil vom 22. Mai 2019, VIII ZR 167/17). Ein anderes Urteil betrifft Käufer einer vermieteten Wohnung; auch diese können wegen Eigenbedarfs kündigen. Der sogenannte angekaufte Eigenbedarf darf von den Gerichten nicht geringer gewichtet werden als der Eigenbedarf des ursprünglichen Vermieters (Urteil vom 22. Mai 2019, VIII ZR 180/18). Grundsätzlich geht aus der Rechtsprechung hervor: Die Entscheidung über eine Härte ist vom Einzelfall abhängig. Das lässt sich in vielen Fällen nur mit einem Gutachten klären.

Verbrauchsabhängig abrechnen

Nach der Heizkostenverordnung müssen mindestens 50 Prozent und höchstens 70 Prozent der Heiz- und Warmwasserkosten nach dem Verbrauch abgerechnet werden. Den jeweiligen Abrechnungsmaßstab kann der Gebäudeeigentümer frei bestimmen. Mit einer Ausnahme: In Gebäuden, die die Anforderungen der Wärmeschutzverordnung nicht erfüllen, mit Öl- oder Gasheizung und überwiegend gedämmten Leitungen, müssen zwingend 70 Prozent der Kosten nach dem Verbrauch verteilt werden. Allerdings können vertragliche Vereinbarungen auch einen höheren verbrauchsabhängigen Kostenanteil als 70 Prozent vorsehen. (Urteil vom 30.1. 2019, XII ZR 46/18).

Objektive Maßstäbe

Schadstoffe in der Wohnung können die Gesundheit gefährden. Will ein Mieter das Mietverhältnis deshalb kündigen, müssen objektive Maßstäbe angelegt werden. Der Mieter kann nicht fristlos kündigen, wenn die Beeinträchtigung seiner Gesundheit nur auf einer besonderen Empfindlichkeit oder Anfälligkeit, etwa einer Allergie, gegen bestimmte Stoffe beruht. Für die Feststellung, ob von einem Stoff Gesundheitsgefahren für alle Benutzer der Räumlichkeiten ausgehen, muss ein Sachverständigengutachten eingeholt werden (Beschluss vom 14.3.2019, VIII ZR 126/18).

Vergleichbare Gemeinden

Will der Vermieter die Miete erhöhen, muss er das begründen. Gibt es in der Gemeinde einen Mietspiegel, ist dieser laut Gesetz vorrangiges Begründungsmittel. Fraglich ist oft, ob auch der Mietspiegel der Nachbargemeinde zur Begründung der Mieterhöhung herangezogen werden kann, wenn die Gemeinde keinen eigenen Mietspiegel aufgestellt hat. Hierzu hat sich jetzt der BGH mit Urteil vom 21. August 2019 (VIII ZR 255/18) zu Wort gemeldet: Er hat Kriterien festgelegt, wann zwei Gemeinden vergleichbar sind, sich also eine Gemeinde auf den Mietspiegel der anderen Gemeinde berufen kann. In dem entschiedenen Fall ging es um die Vergleichbarkeit der Gemeinden Stein und Fürth. Der BGH lehnte diese ab. Seine Begründung: Beide Städte hätten eine stark abweichende Einwohnerzahl. In Fürth lebten circa 125 000 Einwohner, in Stein dagegen nur 15 000. Auch sei der Ort Stein kein zentraler Ort mit überörtlich relevanten Einrichtungen wie Theater, Kinos oder Krankenhäuser. Zudem gebe es dort auch keine S-Bahn- oder U-Bahnhaltestellen. Vergleichskriterien zweier Gemeinden sind Art und Umfang der Wohnstruktur, die Wohndichte und Einwohnerzahl, die Anbindung an Versorgungszentren und die Infrastruktur sowohl im kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Bereich.

Veralteter Mietspiegel

Vermieter dürfen eine Mieterhöhung nicht mit einem 20 Jahre alten Mietspiegel begründen. Ein solches Mieterhöhungsverlangen sei formell unwirksam, weil der Mieter daran nicht ablesen könne, ob die Erhöhung berechtigt sei oder nicht. Der Rückgriff auf einen älteren Mietspiegel sei nur ausnahmsweise zulässig (Urteil vom 16.10.2019, VIII ZR 340/18).

Berechnung der Wohnfläche

Von der Wohnfläche hängt vieles ab, so auch die Höhe der maximal erlaubten Miete. Streiten sich beide Seiten über die Größe der Wohnung, liegt die Beweislast für die tatsächliche Wohnungsgröße beim Vermieter der Wohnung, der eine Mieterhöhung verlangt (Urteil vom 27.2.2019, VIII ZR 255/17).

Verjährungsfrist

Wenn der Mieter ausgezogen ist, geht es häufig auch um die Regulierung von Schäden, die der Mieter während der Mietzeit in der Wohnung verursacht hat. Dafür hat der Vermieter jedoch nur begrenzt Zeit: Die Verjährungsfrist dauert nur sechs Monate lang. Sie beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Wohnung zurückerhalten hat. Dafür ist eine vollständige und unzweideutige Besitzaufgabe des Mieters erforderlich, etwa durch die Übergabe der Wohnung und/oder die Rückgabe aller Schlüssel (Urteil vom 27.2.2019, XII ZR 63/18).

Mängelbeseitigung

Weigert sich ein Mieter, die Beseitigung von Mängeln durch den Vermieter, dessen Mitarbeiter oder von ihm beauftragte Handwerker zu dulden, ist er ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zu einer Minderung berechtigt (Urteil vom 10.4.2019, VIII ZR 12/18).

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